Lebendige Erde 3/2003:

Demeter-aktuell

Qualität fängt beim Saatgut an

"Saatgut wächst ebenso wenig in Tüten wie Milch in Flaschen." Mit diesem Statement lenkte Dr. Peter Schaumberger die Aufmerksamkeit auf ein bisher in der Öffentlichkeit vernachlässigtes Thema. Unter dem Motto "Qualität von Anfang an" engagiert sich der Demeter-Verband für eine pflanzen- und menschengemäße Saatgut-Züchtung. "Die einseitige Förderung bio- und gentechnologischer Verfahren in der Saatgut-Züchtung muss beendet werden," unterstrich der Geschäftsführer des Demeter-Saatgut-Anbieters Bingenheimer Saatgut AG, Gebhard Rossmanith. Im Rahmen der weltgrößten Bio-Messe präsentierte der Demeter-Verband den Stand der biodynamischen Züchtung und Vermehrung von Gemüse- und Getreide-Saatgut. Saatgut dürfe nicht Spielball wirtschaftlicher Interessen sein, sondern müsse als Kulturgut allen Menschen zur Verfügung stehen und der Ernährung dienen. Während es der konventionellen Züchtung vor allem um die Masse geht, richten die Demeter-Züchter ihr Augenmerk auf eine ganzheitliche Qualität. Eine harmonische Pflanzentwicklung, optimale Ausreifung der Früchte und hervorragender Geschmack seien dafür der Lohn.

Ziel weniger Hybridsorten: Biodynamische Saatgutvermehrer und -züchter wie Maria Bienert, Christina Henatsch und Amadeus Zschunke, die ihre Arbeit vorstellten, entwickeln die Pflanzen mit geschulten Sinnen unter naturgemäßen Anbaubedingungen. "Da findet die nötige Interaktion mit der Umgebung statt. Nur so kann das Lebendige sich entfalten, im Labor ist das nicht möglich. Hybrid-Sorten, die durch erzwungene Inzucht unter Laborbedingungen entstehen, erfüllten zwar die Forderung des Handels nach normiertem Gemüse, führten aber zu unharmonischen Verhältnissen und Mängeln in der inneren Qualität.

Sorte kennzeichnen!: Die Bio-Branche könne hier bewusst entgegensteuern. Demeter als Qualitätsführer bietet deshalb Lebensmittel an, die aus biologisch-dynamisch gezüchtetem Saatgut sprießen. Langfristiges Ziel sei es, die Hybriden durch die samenfesten und natürlich fruchtbaren, beständigen Sorten zu ersetzen. Handel und Verbraucher könnten durch bewussten Einkauf diese Entwicklung fördern. "Bei Kartoffeln ist es bereits üblich, nach Sorten zu fragen. Im Bioladen können wir auch Karotten oder Kohl, Kürbis oder Zucchini der biodynamisch gezüchteten Sorten anbieten. In Kooperation mit dem qualitätsorientierten Handel sollen bewusste Genießer durch eine bessere Kennzeichnung an diese wertvollen Produkte herangeführt werden," benannte Peter Schaumberger die Demeter-Strategie.
Erfolgreiche Vorbilder gibt es bereits. So werden knusprige Brezeln aus einer neu gezüchteten Demeter-Dinkel-Sorte gebacken und ein Teil des Verkaufserlöses partnerschaftlich der Saatgutzüchtung zur Verfügung gestellt. Das dürfte auch nötig sein, denn bis eine neu gezüchtete Getreidesorte zugelassen werden kann, vergehen zehn Jahre und die Ausgaben dafür summieren sich auf 500 000 Euro. Kein Wunder, dass die Demeter-Experten auch von der Politik Unterstützung für ihre Pionier-Arbeit fordern.