Biolebensmittel geprüft:

Warum Tests nur die halbe Wahrheit sagen

 

Demeter -Milch ist die beste. Fand die Stiftung Warentest heraus, in ihrem Novemberheft. Wussten wir das nicht schon? Geschmacklich jedenfalls kamen Verbraucherverkostungen und auch eine Diplomarbeit schon vor Jahren zum gleichen Ergebnis.

Beruhigend, dass nun auch die Tester darauf kamen. Denn es ist nicht immer so, dass sie Ökoprodukte wirklich gut finden. Nehmen wir nur die letzten Tests:

Bei Sahne fanden die Tester die Öko-Sahne spitzenmäßig in Geschmack und beim Aufschlagen, aber die Demeter-Sahne hatte den Testern ein paar harmlose Keime zu viel: Das wirft die allgemeine Frage auf: Wie steril soll bei Ökoprodukten gearbeitet werden? Schonende Verarbeitung und Hyperdesinfektion passen nicht ganz zueinander. Beim Test von Kochschinken gar wurden die aus ökologischer Herkunft und Herstellung komplett abgewertet – der Farbe wegen. Denn sie waren grau, weil auf Nitritpökelsalz verzichtet wurde, was gesünder ist und dem Geschmack keinen Abbruch tut, aber eben nicht definitinionsgemäßer Kochschinken war. Merke: was die Verarbeiter der Öko-Verbände weglassen an Methoden und Mittelchen, um den Konsumenten Gesundheit und Produktehrlichkeit zu garantieren, fällt nur beim Kleingedruckten auf und wird bei konventioneller Sichtweise nicht honoriert. Die Tester haben natürlich auch recht: die meisten Verbraucher denken so.

Beispiel drei: Orangensaft: Reste von Zuckerzusatz im Orangensaft, ermittelt mit einer neuen, aufwändigen Messmethode, wiesen einen Demeter-Hersteller auf ein Leck beim Lieferanten hin. Gut so. Dass der andere Demeter-Saft wegen seines herberen Geschmacks (lecker!) nur gut beurteilt wurde, ist das eigentliche Ärgernis: „Hohes C“ darf die Messlatte legen – Abweichungen wurden abgewertet. Was droht dann erst den sortenreinen Demeter-Möhrensäften, wenn die mal bewertet werden? Hier liegt ein weiteres Problem: Supermarktkost als sensorische Referenz – das mag für viele Verbraucher zutreffen, ist aber kein Qualitätsmerkmal. Die Tester haben es noch nicht gemerkt, Profi-Köche schon: von Sarah Wiener bis Jamie Oliver kochen sie am liebsten mit Biolebensmitteln. Wahlversuche mit Tieren belegen schon länger, was der BioCaterer Harald Hoppe aus der Versorgung von Schulen weiß: Bio wird sogar bevorzugt. Warum wohl? Weil sich die Qualität von Bio und konventionellen Produkten kaum unterscheidet, wie die Stiftung Warentest in einem demonstrativen Fazit ihrer Vergleiche schreibt?

Darauf gibt es zwei Antworten. Die Deutsche Landwirtschaftgesellschaft hat sich darauf eingestellt, dass Ökoprodukte anders schmecken und ihr Bewertungsschema angepasst. Vielleicht schauen sich die Warentester mal um. Auch die auf Schadstoffsuche fixierten Journalisten von Ökotest haben sich im aktuellen Sonderheft zu einer positiveren Bewertung von Ökoprodukten durchgerungen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass in Bio mehr „drin“ ist. Die zweite Antwort lautet: Bio ist nicht gleich Bio. Es gibt schon große Unterschiede in Feld- und Viehwirtschaft, dafür stehen Marken und Verbände. Und ist der Geschmack bei dem, was frisch vom Bauern kommt vielleicht noch hervorragend, so liegt es in den Händen der Lebensmittelverarbeiter, was daraus wird. Hier ist Transparenz durch Tests eine berechtige Hilfe für den mündigen Verbraucher.

 

Was aber komplett fehlt, ist eine ganzheitliche Beurteilung: Folgekosten für Umwelt und Gesundheit, artgerechte Tierhaltung, Ansätze Fairen Wirtschaftens, Stärkung der Regionen – all das fällt mangels direkter Messbarkeit unter den Tisch. Demnächst kommt vielleicht die Klimarelevanz als Kriterium dazu. Aber CO2 ist nur ein Parameter unter vielen.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Dezember 2008