Heiße Luft um Klima und Kühe

Rindvieh frisst Gras. Und produziert Gas.

 

 

Natürlich wieder die Bauern! Erst vergiften sie das Trinkwasser, rotten Arten aus, produzieren minderwertige Nahrungsmittel und jetzt gefährden deren Kühe sogar das Klima. Selbst Bio- Kühe! Schlimmer als unsere spritschluckenden Autos! Was soll man da noch essen?

 

Gut platzierte Schreckensmeldungen geistern durch die Presse, z. B. sei Bio-Käse nicht besser für´s Klima als konventioneller. Auch der Auslauf für die Tiere im Winter wurde als klimaschädlich erklärt. Doch nur, wenn die Kühe auf einer zu kleinen, unbefestigten Fläche stehen – was mit Bio nichts zu tun hat. Soll man den Visionen der Technikfreunde, Biospritunternehmen oder Atomkonzerne glauben, die immer noch versprechen, die Natur in den Griff zu kriegen? Und allen Bauern in Bali und anderswo den Nassreis und die Büffel verbieten? Den afrikanischen Nomadenvölkern ihre Herden? Ein Schlachtprogramm für die heiligen Kühe in Indien auflegen?

 

Hier wird der Reflex offenbar - das St.- Florians- Prinzip: Heilige Kühe sollen bitte andere schlachten, wir fahren weiter PS –Protze und fliegen billig. Realistische Vorschläge aber wären: jedes Auto über fünf Litern Verbrauch stilllegen. Flugbenzin besonders hoch besteuern, statt gar nicht. Häuser isolieren. Nur ein bis zweimal die Woche Fleisch essen. Bio-Lebensmittel kaufen. Schließlich geht es beim Klimaschutz um den Faktor fünf – wir hier müssen von 10 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr runter auf zwei! Da sind rülpsende Kühe Peanuts. Gezielt Verwirrung streuen – das hilft Auto- und Agrarkonzernen vielleicht, aber weder uns noch dem Klima: Essen müssen wir, Autofahren dagegen nicht. Aber Tiere und Sümpfe produzieren nun mal Methan – das gehört dazu. Sogar Pflanzen dünsten das Gas aus.

 

Der Beitrag des Viehs zum weltweiten Methanausstoß liegt bei ca. 18%. Selbst wenn es mit spezieller Fütterung und Pille für die Kuh um 20% effizienter ginge - maximal 2% Minderung insgesamt wären drin, wenn die letzten Ziegenhirten in der afghanischen Halbwüste solche Techniken anwenden. Das rettet das Klima nicht. Eher lohnt es z. B. in die Müllwirtschaft zu investieren: Vor sich hin rottende Halden dünsten 18% des weltweiten Methans aus. Und die Gewinnung von Erdöl- bzw. Erdgas für unseren Energiehunger trägt allein fast ein Drittel zur Methanemission des Planeten bei.

 

Zurück zum Käse: Da stehen auf einmal Biobauern am Umweltpranger. Besonders die von Demeter, denn da gehören Kühe zum Konzept. Aus gutem Grunde – nur mit Kühen, die Kleegras vom Hof fressen, lässt sich der Humusgehalt der Böden steigern. Der Vorwurf ist nicht zu Ende gerechnet. Denn: Ökolandbau ist doppelt so energieeffizient wie konventioneller, außerdem bindet er durch den Humusaufbau CO2. Er braucht kein Importkraftfutter: mehr als 30 % dessen, was hierzulande in den Trog kommt, stammt aus Übersee – meist Südamerika. Konventioneller Anbau setzt dort wie hier durch den Humusverlust CO2 frei und emittiert durch synthetische Stickstoffdüngung erheblich mehr Lachgas – das ist 290 mal schädlicher als CO2. Selbst unter Anrechnung der niedrigeren Erträge ist der Ökolandbau je Kilo Milch letztlich nicht schlechter und bietet zusätzlich zahlreiche andere Vorteile.

Dass diese Berechnung knapp ausgeht, sollte Ansporn für die Ökobauern sein, Verbesserungen zu prüfen: Zum Beispiel kann man mit biodynamischen Methoden den Humusaufbau noch verbessern. Wenn Landwirtschaft, dann so. Oder Kühe effizienter füttern. Den Rest muss die Industrie-, Dienstleistungs- und „Wissens“gesellschaft selbst erledigen: Da gilt nach wie vor: Energiesparen um den Faktor fünf. Und: mehr pflanzliche Nahrung tut dem Planeten gut, da wirkt der Faktor sechs bis sieben.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Februar 08