Kennen Sie Demeter-Kunden?

Biologisch-dynamische Landwirtschaft will erklärt werden

 

Wer sind eigentlich die Käufer von Demeter-Lebensmitteln? Abgesehen von Ihnen und mir?

Wer etwas verkauft, sollte seine Kunden kennen. So sind es bei Demeter meist Kundinnen. Männer sind Bio-Muffel - abgesehen davon, dass sie ohnehin weniger häufig für den Haushalt einkaufen. Nur jeder sechste greift regelmäßig zu Bio-Produkten, ein Drittel der Männer prinzipiell nicht , wie eine repräsentative Umfrage ergab. Daher hat der Demeter-Verband im Rahmen seiner Marktforschung vor einigen Jahren nur Frauen befragt. Denn es gibt noch andere interessante Merkmale von Käufern: Bildungsgrad, Einkommen, soziale Schicht etc. Warum kaufen sie Bio-Waren? Wie viel? Und wo?

 

Um biologisch-dynamische Landwirtschaft zu betreiben, muss man davon leben können. Auf dem boomenden Biomarkt aber wird die Konkurrenz härter. Gab es vor dreißig Jahren fast nur Demeter, wenn jemand Bio kaufte, so ist das heute völlig anders: Es gibt keine Schätzung zum Marktanteil von Demeter am bereits fünf Mrd. Euro starken Bio- Markt, aber der Verband stellt inzwischen weniger als 10% der Öko-Landwirte: angesichts der üppigen Bio-Importe dürfte der Demeter-Marktanteil darunter liegen. Auch wächst der Demeter-Umsatz nicht so schnell wie in der Biobranche insgesamt. Die Organisation der biologisch-dynamischen Bewegung muss sich also Gedanken machen. Auch wenn Demeter kein Unternehmen ist, sondern eine Marke für die Idee, Heilung der Erde und gesunde Lebensmittel zu ermöglichen, kann es als Verband versuchen, etwas zu bewegen. Auch am Markt, trotz mickrigem Marketingbudget.

 

Man kann z. B. mit den vorhandenen und potenziellen Kunden reden. Marketing heißt das ganz allgemein. Demeter hat sich dazu entschlossen, damit gleich ein wenig Bildung zu verknüpfen. Und mit Plakaten, auf Etiketten, mit Handzetteln sowie im Internet „biologisch-dynamisch“ zu erklären. Denn das Biologisch-Dynamische ist komplex, mit einfachen Werbeformeln ist es da nicht getan. Neueste Postkarte: Warum Demeter-Bauern ihr Rindvieh möglichst selber züchten, einen Stier halten, statt nur Bullensperma zu kaufen. Zugegeben anspruchsvoll, aber auch dazu ist Marktforschung gut: erkennen, was die eigenen Kunden wissen wollen.

 

Denn Demeter-Kunden sind meist intensive Bio-Käufer, die gerne gute Gründe haben, zu Demeter zu greifen, zumal das etwas mehr kostet. Ordnet man sie nach sozialer Lage und Werteorientierung ein, nach Lebensmilieus, wie es die Soziologen vom Heidelberger Sinus-Institut mit der bundesdeutschen Gesellschaft tun, so haben wir es mit vier Gruppen zu tun: den sogenannten „Postmateriellen“, für die „sein“ mehr zählt als „haben“, obwohl sie überdurchschnittlich verdienen, den „modernen Performern“, die fortschrittlich und technisch orientiert sind, mit der bürgerlichen Mitte sowie den Konservativen. Erkennen Sie sich wieder?

Vor allem die nicht nur materiell orientierte erstgenannte Gruppe spricht auf Demeter an: Die Balance zwischen Seele und Geist aber auch Verantwortungsbewusstsein, Nachhaltigkeit, sind ihnen wichtig. Und: sie wollen Bescheid wissen, platte Werbung stößt sie eher ab. Genuss und Verantwortung gehören für sie zusammen. Das passt zu Demeter.

 

Allgemein genießen das größte Vertrauen als Einkaufsstätten die Naturkostfachgeschäfte und die Erzeuger, auch wenn inzwischen in Supermärkten und Discountern mehr Umsatz getätigt wird. Für Demeter war es also richtig, sich auf den Fachhandel zu konzentrieren und sich nur schrittweise, nach Schulung, dem konventionellen Handel, zu öffnen, denn biologisch-dynamisch muss man auch vermitteln können. Ob allerdings die Jugend angesprochen werden kann eine spannende Frage für die ganze Bio-Branche: „Öko“ gilt da als sanftes Schimpfwort, fast an der Hälfte der Jugendlichen geht der Bio-Trend bislang vorbei.

 

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, März 2008