Zeit für biodynamische Präparate

Boden und Pflanze etwas Gutes tun

 

Wenn alles ergrünt und sprießt ist für Bauern die Zeit, in der die Pflege der Kulturen sie am meisten beansprucht, abgesehen von der Ernte. Ökobauern müssen Unkraut striegeln, hacken und jäten, vielleicht noch mal düngen, und sich um die Gesundheit ihrer Pflanzenbestände kümmern, das Vieh auf die Weide bringen. Auch Demeter-Bauern greifen in den Lauf der Natur ein, denn ohne das würden hierzulande nur Wald und verbuschende Wiesen wachsen. Doch macht die Haltung den Unterschied. Sie wissen, dass sie dem Lebenszusammenhang der Natur etwas zurückgeben müssen, nicht nur Nährstoffe. In seinem Kurs für Landwirte sprach Steiner vom unumgänglichen Raubbau an den Kräften der Erde. Speziell für diese Geste des Zurück-Gebens wurden die biologisch-dynamischen Präparate entwickelt.

 

Ob biologisch-dynamische Landwirte, Erwerbs- oder Hausgärtner: die Präparate werden nicht nur ausgebracht – gespritzt oder über den Kompost- damit es besser wächst, oder damit sich die Qualität der Feldfrüchte verbessert, sondern auch, um der Erde etwas Gutes zu tun, Wellness-Anwendungen für Boden und Pflanze sozusagen. Praktisch, dass es Substanzen sind, die prinzipiell auf jedem Bauernhof zu finden sind, wie Kuh-Hörner, Kamille oder Brennnessel.

 

Das Schöne zudem, hier gilt ausnahmsweise:„Viel hilft viel“. Am besten dreifach und gezielt. Wenn also der Boden generell humusarm ist – lieber etwas öfter Hornmist oder Fladenpräparat. Ist es eher regnerisch, die Böden kalt, die Pflanzen triebig, mehr Hornkiesel. Die besten Zeitpunkte kann man der Stimmung der Natur, der Witterung und dem Wachstumsstadium der Pflanzen ablauschen. Das biodynamische ABC von Wachstum und Reife erklärt auch, wie und warum die Spritz- und Kompostpräparate wirken. Wissenschaftler des Instituts für Biologisch-Dynamische Forschung in Darmstadt, von Universitäten sowie dem Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau haben da viel zur Klärung beigetragen, so dass man heute auch manches belegen und die Erklärung in der Ackerbauepoche der Waldorfschulen: „Die Erde segnen“ präzisieren kann.

 

Die Präparate wirken ausgleichend, verbessern Reife und typische Ausprägung der Pflanze. Dabei wirken sie offenbar über den Umweg der pflanzeneigenen Hormone als Anstoß in den Momenten, wo die Pflanze die Richtung bestimmen muss: Noch mehr wachsen oder schonmal Blüten anlegen? Lieber reifen oder wieder ein paar Zweige treiben?

 

Es gibt sechs biologisch-dynamische Präparate für den Kompost, dazu Hornmist und Hornkiesel zum Ausspritzen sowie Schachtelhalmauszug für die Pflanzengesundheit. Die Anwendung ist breit: für alle Nutzpflanzen, auf Wiesen und Weiden und sogar im Wald kommen sie zum Einsatz. Und nicht nur im Kompost, auch in der Gülle. Daneben gibt es Spezialanwendungen einzelner Präparate wie z. B. Schafgarbe, die über die Kaliumverwertung die Pflanzen stärkt. Oder es gibt unerwartete Nebeneffekte, wie gegen Kornkäfer im Getreidelager. Obstbauern setzen Baldrianpräparate zum Blütenschutz ein, und immer mehr Ökowinzer schwören auf „Biodynamik.“

 

Anders als viele meinen, sind die biologisch-dynamischen Präparate nach Steiner auch weiter entwickelt worden: So gibt es u.a. Sammelpräparate und ein Dreikönigspräparat, es wird zu geringeren Einsatzmengen geforscht oder zu Alternativen zur Eichenrinde in den Tropen und wie erwähnt, zu Einzelanwendungen. Auch das aktuelle Problem mit der EU-Gesetzgebung, die wegen BSE-Risiko die Verwendung mancher Kuhorgane, z. B. Darm, auch von Demeter Kühen nicht gestattet (wohl aber für Wursthüllen) macht Forschung nötig. Denn für die Herstellung der Präparate braucht man einige Organe der Kuh.

 

Wie auch immer: wer mit der grünenden Natur kommunizieren will, sollte es nicht beim Umarmen von Bäumen oder Grüßen ans Universum belassen. Wie schon Erich Kästner sagte: Es gibt nicht Gutes, außer man tut es.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Mai 09