Die mit dem Mond

Demeter zwischen Klischee und Überzeugungskraft

 

Im Februar wurde der Mondscheinkäse der Molkerei Andechs von Konsumenten und Lesern des Demeter-Journals zum Demeter-Produkt des Jahres gewählt. So lecker der sanft-würzige Schnittkäse schmeckt, das Marketing bedient sich eines gängigen Klischees: Demeter, das sind die mit dem Mond. Damit erreicht man zwar manche Verbraucher, nicht aber umstellungswillige Bauern oder Fachleute. Durch den Schuss demonstrativer Esoterik werden eher falsche Bilder und Vorurteile geweckt, auch: „Die hinter dem Mond!“

 

Doch Demeter ist Sonnenlandwirtschaft! Ohne Sonne geht hier auf unserem Planeten gar nichts. Und alles, was aus dem All auf uns wirkt, kommt als Modifikation ihrer mächtigen Wirkungen bei uns an. Auch der Mond reflektiert nur ihr Licht. Seine Massenwirkung auf die wässrigen Schichten unseres Planeten setzt alleine keinen Wachstumsimpuls, sondern wirkt nur als Modifikator von Licht und Wärme unseres Zentralgestirns. Aber sind nicht die Aussaattage von Maria Thun Kernstück des Biodynamischen? Die Demeter-Richtlinien sagen dazu nichts, aus guten Gründen. Neben Plausibilitätsproblemen steht der wissenschaftliche Nachweis aus; die umfassendste Forschungsarbeit dazu, die zwölf Jahre währende Versuchserie von Hartmut Spieß, der damit habilitierte, fand keinen Zusammenhang von Pflanzenwachstum und Thuns System der vierfältigen Mondenwirkung. Doch hat die rührige Botschafterin des Biodynamischen dessen Bild als „Mond-Anbau“ weltweit geprägt, obwohl es ihr mehr um Tierkreis und Planeten geht.

 

Auch „zurück zur Natur“ ist so ein falsches Bild für die Biodynamische Landwirtschaft, genauso wie Ur-Korn etc.. Ur-viecher im Stall - ein Dino-Steak vom Demeter-Hof? Demeter-Landwirte verstehen sich als moderne Bauern, der Gärtner und Autor Christian Hiss spricht gar von „Kulturkost“, anstelle von „Naturkost“. Und sie praktizieren Demeter nicht als Verzicht auf agrochemische Hilfsmittel, sondern als zukunftsfähiges Verfahren, das prinzipiell in der Landwirtschaft selbst sein Repertoire an Mitteln und Techniken findet. Also alles andere als ein Rezeptbuch. Manche finden sogar den Begriff „Methode“ falsch, denn es kommt aufs Lernen und Beobachten am jeweiligen Landwirtschaftsobjekt an, nicht nur auf pauschale Anwendungen. Demeter ist eben mehr als „Bio plus Präparate“. Auch „Kreislaufwirtschaft“ klingt schräg – nach Abfallrecycling, während das Zusammenspiel von Kleegrasfutter, Kuhmist und biodynamischen Präparaten eine offene Spirale der Entwicklung von Boden und Betrieb meint.

 

Diffizil wird es beim Beschreiben der Wirkungsweise der biodynamischen Präparate: Feinstofflich, energetisch, informierend? Die eingesetzten Mengen sind homöopathisch, nicht aber die Prinzipien des Biodynamischen. Versuche zeigen Katalysatoren-ähnliche Effekte über den Hormonhaushalt der Pflanzen, dennoch bleibt die Wirkweise bisher weitgehend ein Geheimnis.

 

Demeter-Landwirtschaft taugt darüber hinaus nur begrenzt zu idyllischen Projektionen: Auch Demeter-Ferkel müssen (noch) kastriert werden, auch ein Demeter-Hähnchen lebt nur ein Vierteljahr, auch Demeter-Kälbchen werden von der Mutter getrennt. Und auf dem Arbeitszettel stehen nicht Asyle für Wichtel und Elementarwesen, wohl aber Hecken und Blühstreifen.

 

Dagegen sind viele Demeter-Landwirte handfest innovativ, wie Manfred Schmid, der versucht, männliche Küken der einseitig auf Eierlegen spezialisierten Rassen zu mästen: Die werden sonst massenhaft getötet, weil sie schlecht zunehmen. Oder Bauern, die keine Hybridpflanzen mehr anbauen, oder in geräumige Ställe für Kühe mit Hörnern investieren. Alles ökonomische Risiken .Da und bei vielem anderen aber können wir als Konsumenten mithelfen. Mit richtigen Vorstellungen und angemessener Preisbereitschaft.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3 Nr.6 ,Juni 2010,http://www.info3.de