Berichte

Demeter macht Politik

Fragen an Antje Kölling, Leiterin der Abteilung Politik und Öffentlichkeitsarbeit des Demeter e.V.

 

Der Demeter e.V. hat in den letzten zwei Jahren seine Kapazitäten im Bereich politische Arbeit ausgebaut. Warum?

 

Das Wachstum des Ökolandbaus hat in den letzten Jahren an Fahrt abgenommen, obwohl die Nachfrage nach Ökoprodukten wächst. Das liegt auch an den politischen Bedingungen: Gemeinsam mit den anderen Bioverbänden setzen wir uns dafür ein, dass durch den politischen Rahmen wie Förderpolitik und EU-Ökoverordnung umstellungsinteressierte Betriebe nicht abgeschreckt, sondern ermutigt werden.

 

Wie ist Demeter aktuell aufgestellt, wenn es um Vertretung politischer Interessen geht?

 

Demeter hat mit dem Vorstand Alexander Gerber, der zuvor die Geschäfte des Bundes für ökologische Lebensmittelwirtschaft geführt hat, politische Kompetenz an der Verbandsspitze. Ich habe zuvor in Brüssel die Policy Abteilung der IFOAM EU geleitet und bringe europapolitische Erfahrung mit. Da politischer Erfolg nur mit Kooperationen gelingen kann, stehen wir im Austausch mit vielen Verbänden und sind Träger der Plattform Meine Landwirtschaft, die seit einigen Jahren die Demo „Wir haben es satt“ organisiert. Ökolandbauinteressen werden durch BÖLW und IFOAM EU professionell auf Bundes- und EU-Ebene vertreten; bei beiden arbeiten wir in Gremien mit und beteiligen uns an fachlichen Konsultationen.

 

Welche Schwerpunkte bestimmen aktuell deine Arbeit?

 

Zurzeit steht die Revision der EU Ökoverordnung an erster Stelle. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass neue Techniken in der Pflanzenzüchtung, die technisch in das Genom eingreifen, unter der EU Freisetzungsrichtlinie risikogeprüft und kennzeichnungspflichtig werden.

 

Die Demeter-Delegierten haben im April Grundlagen für die politische Arbeit des Verbandes formuliert. Was ist die Essenz – welche Kernaufgaben leiten sich da ab?

 

Auf der Delegiertenversammlung wurde ein Grundlagentext für die politische Arbeit der nächsten Jahre verabschiedet. Dieser umfasst die Arbeit an der Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen der ökologischen Landwirtschaft, den Einsatz für Nutzpflanzenvielfalt und die Würde der Nutztiere. Zudem werden Themen wie fairer Handel, Ernährungsbildung und Förderung sozialer Landwirtschaft gesetzt. Hieraus ergeben sich Schwerpunkte sowohl für Demeter-Initiativen als auch in der Zusammenarbeit mit anderen Verbänden.

 

Welches Ziel hast du dir für 2016 im Bereich Politik gesteckt?

 

Voraussichtlich wird die Revision der EU-Ökoverordnung 2016 noch einige Monate weiter laufen. Da werden wir den BÖLW dabei unterstützen, die richtigen Impulse an die politischen Entscheider zu geben. Sobald der Prozess zur Rahmenverordnung abgeschlossen ist, stehen die Durchführungsregeln für Teilbereiche an. Wenngleich zurzeit kein neuer Vorschlag für ein EU-Saatgutverkehrsrecht in Sicht ist, bleibt es wichtig, Politik und Öffentlichkeit über die Benachteiligung der biodynamischen bzw. ökologischen Pflanzenzucht im aktuellen Saatgutverkehrsrecht zu informieren sowie auf die Bedeutung von pflanzengenetischer Vielfalt für die Ernährung auch zukünftiger Generationen hinzuweisen. Beim Thema Erhaltung der hörnertragenden Rinder wird es besonders wichtig sein, Verbündete in zivilgesellschaftlichen Organisationen zu finden.

 

Eine nennenswerte Ökologisierung der Landwirtschaft – Stichworte Verursacherprinzip, Pestizidsteuer, Ernährungsunterricht oder 20% Ökolandbau – wie stehen da die Chancen?

 

Auf Bundesebene wird gerade eine Zukunftsstrategie Ökolandbau erarbeitet, in den Bundesländern gibt es viele gute Initiativen in Richtung Ökologisierung. Trotzdem gibt es auch Rückschläge: Das ehemalige Bundesprogramm Ökolandbau ist seit einiger Zeit für „andere Formen der nachhaltigen Landwirtschaft“ geöffnet, damit wurden die ohnehin spärlichen Mittel für Öko-Projekte reduziert. Die Revision der EU-Öko-Verordnung bindet zurzeit viele Kräfte und schafft Unsicherheiten, statt den Sektor voranzubringen. Auf Bundesebene ist kein klarer politischer Wille erkennbar, den Ausbau des Ökolandbaus zu beschleunigen, beispielsweise durch eine weitere Umverteilung der Direktzahlungsmittel hin zu den ländlichen Entwicklungsprogrammen oder durch Einführung einer Pestizidsteuer. Gerade deshalb bleibt es wichtig, politisch dran zu bleiben und Bündnisse zu schmieden: Für eine nachhaltige, zukunftsweisende Agrar-Kultur!

 

Fragen: Michael Olbrich-Majer