Editorial

Es geht ums Gleichgewicht

Gesundheit ist eine Leistung des Organismus, die ständig neu hervorgebracht werden muss – frei nach Dr. Wolfgang Schaumann. Gesunde Tiere sind Grundlage und eines der Ziele der Öko-Landwirtschaft. Gesunde Tiere, das beginnt bereits mit der Aufzucht. Doch dürfen wir nicht vergessen: unsere modernen Rassen und Produktionsziele befinden sich meist im Hochleistungsbereich, auch im Ökolandbau. Kühe haben es noch gut, leben relativ lange (Bio-Kühe übrigens länger als konventionelle) und werden relativ gut gepflegt. Aber bei Schweinen und erst recht bei Masthähnchen herrscht ein ganz anderer Zeitdruck und auch medikamentöse Vorsorgen.

 

Doch ist Vorbeugen das A & O, denn unsere Nutztiere zeigen in der Regel Faktorenkrankheiten, in denen sich die Umstände von Züchtung, Haltung und Fütterung spiegeln. Auf einseitigen Nutzen gezüchtete Tiere sind nun mal empfindlicher als Wildtiere. Hier ist der Mensch besonders in der Verantwortung. Langlebigkeit ist – bei Milchvieh – nicht nur ein Maßstab fürs Gelingen, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll.

 

Erkrankt doch einmal ein Tier, und das sind bei Ökobetrieben kaum weniger als bei konventionellen, schreibt die EU-Öko-Verordnung vor, pflanzlich oder homöopathisch zu behandeln, Heilwirkung vorausgesetzt:„Wenn ein Tier erkrankt oder sich verletzt, sollte es unverzüglich behandelt werden; dabei sind pflanzliche oder homöopathische Tierarzneimittel vorzuziehen und der Einsatz chemisch-synthetischer allopathischer Arzneimittel auf das unabdingbare Mindestmaß zu beschränken.“

 

Möglich sind hier viele Verfahren: Homöopathie ist das bekannteste, sie gibt es in vielen weiteren Varianten wie z.B. Isopathie, daneben gibt es Phytotherapie, Akupunktur oder mal die Kühe fressen lassen, was sie selbst aussuchen; ein Versuch zur sogenannten Selbstmedikation läuft gerade am biodynamischen Fachgebiet der Uni Kassel-Witzenhausen. Nur eines darf nicht sein: am Leiden des Tieres ohne Sachkunde herumexperimentieren.

 

All diese Heilverfahren erfordern den kundigen Tierhalter, seine Vorbildung und seine Beobachtungsgabe. Und so kommt es weniger auf das Vermeiden von unliebsamen Mitteln mit Risiken oder Wartezeiten an, sondern auf Methoden und Mittel, die zum ganzheitlichen System Ökolandbau passen: Denn hier lebt meist ein etwas weiteres Verständnis von Gesundheit und Krankheit als in der sogenannten Schulmedizin und in der konventionellen Landwirtschaft.

 

Seit Tierärzte und Apotheker im Kontakt mit dem Initiator der biodynamischen Landwirtschaft , Rudolf Steiner, in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts u.a. Weleda-Tierarzneien entwickelten, gibt es auch eine anthroposophische Tiermedizin, heute praktiziert von ein paar Dutzend Tierärzten. Seit 1988 arbeiten sie in der AG Tiermedizin zusammen, seit 1999 in der Internationalen Gesellschaft für anthroposophische Tiermedizin. Nebenbei, um die eigene Verlagsgeschichte nicht zu vergessen: Die „Biologische Stallapotheke“ von Dr. Spielberger und Dr. Schaette war eines der ersten Bücher, das seit Anfang der achtziger Jahre Rat für Praktiker darin bot, wie man Tiere auch anders kurieren kann. In den fünfziger Jahren leistete dies das Buch von Dr. Joseph Werr „Tierzucht und Tiermedizin“, aktuell gibt es das von Dr. Jörg Spranger herausgegebene „Lehrbuch der anthroposophischen Tiermedizin“.

 

Abschließend sei noch festgehalten, dass indirekt durch die Forschung zu Homöopathie bei Tieren auch ein wissenschaftlicher Wirkungsnachweise für die Homöopathie erbracht wird. Von einem Placeboeffekt kann man hier wohl nicht ausgehen.

 

Ihr