Editorial

Abschied und Neuanfang zugleich

Wer es noch nie durchgelebt und gestaltet hat, kann es sich schwer vorstellen: eine Betriebsübergabe macht man schließlich in der Regel nur einmal im Leben. Und es geht dabei nicht nur um Übergabe von Schlüssel, Kontonummer und Aktenordnern bzw. Dateien, wie an den Nachfolger im Büro, und dann freut man sich auf neue Aufgaben oder die Zeit als Rentner. Ist man Unternehmer und gar Landwirt, fühlt sich das meist anders an. Landwirt-Sein ist nicht nur ein Beruf, ein Job, sondern auch eine Lebensform.

 

Ein Abschied ist eine Betriebsübergabe also auf jeden Fall.

 

Gerade im familiengeführten Betrieb spielen noch ganz andere Dinge eine Rolle, die innere, sprich seelisch-soziale Dynamik der ganzen Familie beispielsweise, einschließlich der Auseinandersetzung mit Tradition, dörflichem oder fachlichem Umfeld. Wer als Junior einsteigt, steht unter Beobachtung der Kollegen im Dorf, auch wer aus der Fremde kommend den Hof übernimmt. Auch diese soziale Eingebundenheit spricht dafür, sich frühzeitig Gedanken zu machen, wie es mit dem eigenen Betrieb weitergehen kann und soll.

 

Knackpunkt Investitionsstau: Wenn mit der Übergabe dann zwei Einkommen erwirtschaftet werden müssen, ist das eine unternehmerische Herausforderung – die vielen Betrieben gut gerät. Sie gelingt, wenn die Weichen bereits zuvor gestellt wurden, abgebende und nachfolgende Generation gut im Gespräch darüber sind, wohin es mit dem Betrieb gehen soll, so dass nicht gleichzeitig mehr Einkommen und mehr Mittel für Investitionen nötig sind. Im besten Fall sind Letztere bereits in die Wege geleitet.

 

Das heißt: alte und junge Generation müssen ein Bild der Zukunftsfähigkeit für den Betrieb entwickeln. Das ist im Übrigen weniger eine technische als eine soziale Frage, in einer größeren Dimension auch eine Frage an das System Ökolandbau und die Branche. Wie geben wir Wissen weiter? Wie federn wir Risiken der vielen Übergänge ab? Denn auch in handwerklichen Betrieben der Lebensmittelverarbeitung oder im Naturkosteinzelhandel steht der Generationenübergang ins Haus und vor den gleichen Fragen.

 

Für die Jungen ist diese Zeit auch eine Belastungsprobe: es schälen sich die persönlichen Qualitäten heraus – glücklich, wer eine gute Hand im Organisieren von Unterstützung hat – und auch die Lebens-Beziehungen müssen sich bewähren: viel Arbeit, wenig Zeit, ungeklärte Rollen in Arbeit und Haus, und dann wollte man ja auf dem Land leben, nicht nur arbeiten. Wie bringt man dieses Leben aufs Land, kulturell, diese Frage stellt sich in rein ländlichen Regionen zunehmend.

 

Für die Weichenden ist da noch die Frage zu klären: Was tun, wenn´s nichts mehr zu tun gibt? Klar, die helfende Hand ist nötig, aber das Abgeben der Verantwortung fällt umso einfacher, je früher und entschiedener die künftigen Altenteiler ihre Perspektive geklärt haben, mit oder ohne den Hof. Gerade wenn´s am besten läuft, heißt es dann also schon, an das „Ende“ denken, dieses Thema schiebt man gerne mal beiseite.

 

Fast ein Drittel der Landwirte ist über 55, fast zwei Drittel über 45 Jahre alt. Mit dem Generationswandel kommt auch der Technik- und Strukturwandel: Damals war es die Generation der Nachfolge, die den Schlepper gegen die Pferde durchsetzte. Was bedeutet das heute für die Milchbauern? Für Demeter heißt das auch: ökologische Tierhaltung muss attraktiver werden.

 

Ihr