Editorial

Darf`s ein bisschen weniger sein?

In unserer Zeit des veganen Sturm und Drangs fühlt es sich fast unappetitlich an, einen Titel mit Fleisch zu machen. Andrerseits: Wir schreiben hier für Landwirte und auch Dung ist für manche eklig und für uns wertvoll. So wie für Viele Fleisch lecker ist. Zwar sind die Fleischgenießer medial in der Minderheit, schaut man sich z. B. im Zeitschriftenregal um. Doch eigentlich sollte es eine natürliche Passung von Tiere haltenden Demeter-Betrieben und Menschen, die gerne und bewusst auch mal Fleisch essen, geben.

 

Haut aber nicht so ganz hin, sieht man mal von der Direktvermarktung, vom gemischten Fleischpaket am Schlachttag ab. Weder bekommt der Markt die Demeter-Schweine bzw. Würste, die er nachfragt, noch bekommen die Landwirte alle ihre Altkühe und Kälber zu vernünftigen Preisen als Demeter los. Und die meisten Bio-Kunden im Einzelhandel stehen doch mehr auf Gemüse und Pflanzliches als auf Fleisch, höchstens noch auf Milchprodukte.

 

Doch gilt auch: Wer Milch trinkt und Eier isst, gibt letztlich damit eine Fleischbestellung auf – ja eigentlich alle, die nur pflanzliche Biolebensmittel kaufen. Denn der notwendige Dung kommt vom Vieh. Dauerhumus geht bislang nur so.

Demeter-Landwirte halten Tiere, um die Bodenfruchtbarkeit zu gewährleisten, was im Ökolandbau bisher nur so gelingt, und um ihren Betrieb hinsichtlich der inneren Kräftebeziehungen zu einem Organismus abzurunden. Also fällt irgendwann Fleisch an, denn alle Nachkommen kann ein Betrieb nicht aufziehen. Auch wenn er nur kastrierte Tiere halten wollte: Die Vermehrung gehört zu einer fruchtbaren Landwirtschaft. Die vollständige Verwertung der tierischen Erzeugnisse aber ist heutzutage ein Problem. Noch nie waren die Preise für Fleisch – jedenfalls im LEH – so niedrig im Verhältnis zu Einkommen und Lebensstandard. Dennoch ist der Fleischkonsum rückläufig, und wenn, dann werden bevorzugt Edelteile nachgefragt. Das Wissen um die Ganztierverwertung und entsprechende Alltagsgerichte sind stark zurückgegangen. Nur hier und da entsteht wieder Bewusstsein dafür – das Kochbuch „Fleisch“ von Simon Treß und Georg Schweißfurth ist da ein Beispiel (mehr dazu S. 21)

 

Andererseits passt es auch auf Erzeugerseite nicht so hundertprozentig zum Markt. Schweine sind Resteverwerter im biodynamischen Zusammenhang, daher gibt es nicht viele Demeter-Betriebe mit dem Schwerpunkt Schweinemast, Demeter-Lendchen und -Würste sind daher rar. Demeter-Milch und -Milchprodukte gehen gut, daher halten viele Landwirte auf Milchleistung getrimmte Zuchtlinien, die aber im Fleischansatz schwächeln. Zweinutzung ist also angesagt, und könnte sich auch rechnen, wenn man beides zusammen kalkuliert. Hinzu kommt, dass mangels geeigneter Strukturen im Öko-Bereich – es fehlen die Mäster – Kälber oft konventionell vermarktet werden müssen: Zum Teil werden sie da nur noch enthornt abgenommen, ein Graus für Demeter-Bauern.

 

Wer Tiere hält, braucht also zur Verwertung und Vermarktung Partner. Die müssen Demeter-Landwirte auftun, und sich am besten dazu zusammentun: Erfolgreiche Beispiele wie die Metzgerkooperation am Bodensee, das gemeinsame Schlachten und Verwerten bei den Bauckhöfen oder drei südhessischen Demeter-Höfen (s. LE 4-2015). Der Vorteil: Sowohl auf eine anständige Behandlung der Tiere als auch auf eine gute Qualität haben die Tierhalter dann Einfluss.

 

85 kg Fleisch pro Kopf essen wir Bundesdeutschen. Das kann weniger werden, wenn wir uns verantwortlich und nachhaltig mit Demeter-Lebensmitteln ernähren: Da stehen uns dann aus einem idealen Gemischtbetrieb nur noch zehn Kilo Rind im Jahr zu und ein bisschen Schwein und Geflügel. Denn die sind im Gegensatz zum Rind meist Nahrungskonkurrenten des Menschen. Viel Raum für vegetarische Küche!

 

Ihr