Feld & Stall

Landwirte können Bienen retten!

Tipps für eine insektenfreudliche Agrarlandschaft

von Holger Loritz

 

Landwirte haben viele Möglichkeiten, die Honigbiene – und natürlich auch andere Insekten – zu fördern. Sie können gezielt Trachtpflanzen in ihre Fruchtfolgen einbauen, also Pflanzen, die Nektar oder Pollen oder am besten beides, spenden. Mit Hecken, ungenutzten Böschungen und ähnlichen Strukturen bieten sie wertvolle „Trachtinseln“. Außerdem retten sie viele Bienen vor dem Mäh-Tod, wenn sie beim Mähen oder Mulchen von Grünland, Futterbau und Stilllegungs-Flächen den richtigen Zeitpunkt und die geeignete Technik wählen.

Beim Ackerbau: Die Vielfalt macht’s

Die wichtigste Devise auf den Feldern heißt: Viele blühende Pflanzen so lange wie möglich! Eine „Massentracht“ wie Raps, der zwei bis drei Wochen blüht, füllt zwar kurzfristig die Honigräume im Bienenvolk und die Gläser des Imkers, sichert den Bienen aber nicht das Überleben. Bienen brauchen während der gesamten Vegetationszeit Nektar und Pollen – besonders im Spätsommer, damit die Völker gut genährt in den Winter gehen.

 

Zwischenfrüchte so früh wie möglich anbauen: Was können Landwirte tun? An jedem Tag im August wachsen Zwischenfrüchte so viel wie in einer Woche im September oder Oktober. Müssen keine Wurzelunkräuter mehr bearbeitet werden, sollte bereits nach der Ernte im Juli/August die Zwischenfrucht gesät sein. Das ermöglicht eine frühe Blütentracht für die Bienen und viel Biomasse zum Bodenaufbau; wenn Leguminosen in der Mischung sind, auch zusätzlichen Stickstoff für die Folgekultur.

 

Zwischenfrüchte richtig auswählen: Interessante Nahrungsquellen für Bienen und als Zwischenfrucht geeignet sind: Phacelia, Buchweizen, Ölrettich, Sommerraps, Rübsen, Senf und Sommerwicke. Die Becker-Schöll AG oder die Bayerische Futtersaat (BSV) bieten mit dem Landsberger Gemenge oder MS 100 (BW) sowie SZF 3 und SZF 4 abfrierende und teilabfrierende Mischungen an. Bei früher Saat, etwa nach Wintergerste oder Ganzpflanzensilage (GPS) , können auch Perser- oder Alexandrinerklee noch rechtzeitig blühen.

 

Untersaaten nicht vergessen: Untersaaten z. B. unter Getreide, Mais, Ackerbohnen, Sonnenblumen bieten nicht nur Regenwürmern und anderen Bodentieren Futter im Boden, sondern sind auch hervorragende Bienenweiden. Denn sie blühen dann, wenn Obst, Raps, Löwenzahn und andere Frühtrachten verblüht sind und die Zwischenfrüchte noch auf sich warten lassen. Weißklee und Inkarnatklee vereinen als Untersaat viele Vorteile. Bewährt hat sich eine Mischung von 3 kg Weißklee plus 10 kg Inkarnatklee pro Hektar, die im Frühjahr mit der Drillmaschine so früh wie möglich (evtl. nach dem Striegeln, 4-Blatt-Stadium) unter Sommer- und Wintergetreide gesät wird. Auf eine Unkrautbekämpfung komplett verzichten kann, wer zusätzlich Leindotter aussät. In diesem Fall können Weißklee, Inkarnatklee und Leindotter gleichzeitig mit dem Sommergetreide ausgesät werden. Wer für die Bienen – und für andere Insekten – noch mehr tun will, kann die Untersaat mit einem Kräuter-Mix (etwa NK von der BSV) bereichern.

 

Gezielt stilllegen, artenreich füttern: Betriebe, die Stilllegungs-Flächen nur mulchen oder ihr Kleegras selten mähen, können durch eine geschickte Auswahl der Arten wahre Bienenparadiese schaffen. Entscheidend ist, dass die Pflanzen auch blühen, was bei einem üppigen Aufwuchs beispielsweise mit „normalem“, tetraploidem Ackerrotklee (z. B. „Lucrum“) kaum der Fall ist. Denn hier führt spätes Mulchen nach der Blüte zu einem sehr dichten Mulch-Teppich, den der neue Aufwuchs nur mühsam durchdringt. In diesem Fall muss die Mulchschicht nach dem Anwelken mit einem Kreiselheuer gelockert werden. Bei Arten, die ihren Ertrag als Wurzelertrag bilden, wie dem Wiesenrotklee „Wiro“, reicht es dagegen aus, den Bestand zweimal pro Jahr zu mulchen. Somit bietet er lange und ergiebige Blühzeiten im Jahr. Auch Esparsette und Bibernelle bilden ein umfangreiches Wurzelwerk und werden von den Bienen sehr gerne besucht. Weitere Pflanzen, die in Stilllegungs-Gemengen von Bienen gerne beflogen werden, sind alle anderen Kleearten (Perser-, Inkarnat-, Alexandriner-, Weiß-, Horn-, Schweden- und Steinklee), weiterhin Phacelia, Buchweizen, Senf, Ölrettich und Kräuter wie Spitzwegerich, Kümmel oder Wiesenknopf. Fertige Mischungen sind z. B. die „Tübinger Mischung“, die „Evangelische Mischung“, die Becker-Schöll MEKAMischung , die BSV Sommerbrache oder die BSV Bienenbrache.

Beim Grünland: Auf den rich­tigen (Mäh-)Zeitpunkt achten

Besonders Betriebe, die seltener mähen, haben für Bienen auf ihren Grünlandflächen einiges zu bieten. Neben Löwenzahn im Frühjahr bieten Weiß-, Gelb-, Wiesen- und Hornklee, aber auch Kräuter aller Art das ganze Jahr über eine gute Tracht. Die Voraussetzung: Mindestens acht Wochen zwischen zwei Nutzungen, damit einzelne Arten zum Blühen kommen, sowie eine angepasste bzw. zurückhaltende organische Düngung, die einen vielseitigen Pflanzenbestand ermöglicht. Damit auch sicher den ganzen Sommer über etwas blüht, dürfen nicht alle Flächen gleichzeitig gemäht werden. Optimal für Bienen ist also die traditionelle „Staffelmahd“, die zudem Arbeitsspitzen entschärft und für verschiedene Tierarten und -gruppen angepasste Futterqualitäten ermöglicht. Auch auf Standweiden blühen Klee- und Kräuterarten. Feste Zäune sind für Bienen wertvoll, da sie immer mit einem kaum genutzten Grünstreifen verbunden sind. Eine hervorragende Biotop-Vernetzung kann man dadurch schaffen, dass die Ränder der Wiesen nur bei jeder zweiten Ernte gemäht werden.

 

Bienentod durch Mahd: Große Verantwortung übernimmt der Landwirt bei der Mahd von Grünland und Futtergemengen oder beim Mulchen von Stilllegungs-Flächen. Mäht er, wenn mehr als eine Biene pro Quadratmeter zu sehen ist – was an warmen Tagen oft der Fall ist – müssen zahllose Bienen im Mähwerk ihr Leben lassen, bis zu drei ganze Bienenvölker je Hektar! Neben dem Zeitpunkt bestimmt die verwendete Technik erheblich das Ausmaß der Verluste: Wurden in einem Weißklee-Gras-Bestand Mäh-Aufbereiter verwendet, kamen 90 Prozent mehr Bienen um, als in der Variante ohne Aufbereiter. Deshalb: gemäht oder gemulcht werden sollte möglichst außerhalb der Zeit des Bienenfluges, also vor 8 Uhr oder nach 18 Uhr, oder an bedeckten Tagen bzw. bei kühlen Temperaturen!

Bei Hecken, Böschungen, Randstreifen: Je wilder desto besser

Landwirte gestalten auch die Landschaft, die ihre Flächen umgibt. Jeder Winkel einer Landschaft, der nicht gepflügt, gemäht, beschnitten oder regelmäßig gepflegt wird, ist für Insekten eine Oase. Eine selten gemähte Böschung oder ein Ackerrand versorgen mit ihrer Vielfalt von Blühpflanzen Bienen, Hummeln und Co. von April bis Oktober mit Pollen und Nektar. Also warum nicht mal „ein Auge zudrücken“, eine kleine Wildnis sein lassen oder auf die letzten 20 Zentimeter Pflug­einsatz verzichten? Müssen wir wirklich unser ganzes Land sauber halten? Und sind die fragenden Nachbarblicke nicht auszuhalten, wenn dafür viele Insekten überleben können? Und wenn es wieder summt in unseren Obstgärten?

Wir brauchen wieder: Mehr Mut zur Natur! Für eine blühende Land(wirt)schaft!

Agrar-Umweltprogramme bieten finanzielle Unterstützung: Um Landwirte, die Maßnahmen für eine Blühende Landschaft umsetzen, finanziell zu unterstützen, gibt es in den Bundesländern verschiedene Förderprogramme. Diese Agrar-Umweltprogramme honorieren den Mehraufwand für ökologische Leistungen zum Schutz und zur Entwicklung von Boden, Wasser, Luft, Landschaftsbild und Biodiversität. Gefördert werden beispielsweise Ackerrandstreifen, ein- und mehrjährige Blühstreifen, Zwischenfrüchte, extensive Bewirtschaftung von artenreichem Grünland. Informationen erteilen die zuständigen Landwirtschaftsämter. Eine aktuelle Übersicht der Agrar- Umweltprogramme in den Bundesländern finden Sie auf unserer Webseite http://www.bluehende-landschaft.de

Holger Loritz

ist Koordinator des Netzwerks Blühende Landschaft, http://www.bluehende-landschaft.de

 

Die Broschüre „Wege zu einer Blühenden Landschaft“, gibt weitere Hinweise zur Umsetzung:

Netzwerk Blühende Landschaft,. 160 S., A 4, 14,80 Euro zzgl. 4 Euro Versandkosten

Zu bestellen bei Mellifera e.V., mail(at)mellifera.de, Tel. 07428-9452490