Hintergrund

Warum interessieren sich Winzer für Biodynamik?

Fragen an Georg Meißner, Fachgebiet Weinbau der Forschungsanstalt Geisenheim

 

Mittlerweile hat sich biologisch-dynamischer Weinbau weltweit herumgesprochen. Das fing etwa Mitte der 80er, Anfang der 90er Jahre an, als einige der berühmten Betriebe in Frankreich umstellten, meist aus dem Grund, Weine von noch besserer Qualität und Finesse zu produzieren. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise im Weinbau tatsächlich die Qualität fördert. Mittlerweile wird es schwierig, die Betriebe, die umgestellt haben oder sich in Umstellung befinden, noch zu zählen.

Die Bewegung erstreckt sich auf die ganze Welt des Weinbaus. Wir finden bekannte Weingüter, die biologisch-dynamisch arbeiten in den USA, Südamerika (mit anderen Dimensionen, teils Betriebe mit bis zu 1000 ha Rebfläche), Australien, Neuseeland, Südafrika und natürlich in die europäischen Ländern. Hier ist zu beobachten, dass es, um wirklich einen Impuls zur Umstellung vieler Betriebe zu erzeugen, immer einen großen Namen braucht, der erfolgreich umstellt: Dann dauert es nicht mehr lange, bis andere bekannte Weingüter folgen. Oftmals fangen diese Betriebe an umzustellen, ohne sich vorher wirklich mit den Grundlagen des biologisch-dynamischen Anbaus, geschweige denn mit der Anthroposophie beschäftigt zu haben. Jedoch findet durch das Arbeiten mit den Präparaten und durch die Erweiterung des Blickwinkels auf die Landwirtschaft bei vielen ein Umdenken statt: Nach einiger Zeit entsteht auch ein Interesse an dem Hintergrund. Oft habe ich beobachtet, wie plötzlich eine Art innere Zufriedenheit bei den Winzern entsteht. Zudem arbeiten viele daran, die Monokultur Weinbau aufzubrechen und sich auch im Weinbau in Richtung Organismus oder landwirtschaftliche Individualität zu bewegen. Gerade der Individualitätsgedanke leuchtet vielen Winzern ein, da wir ja im Weinbau auch Weine von ganz bestimmten Weinbergslagen abfüllen. Es ist für den Winzer also nichts Neues, dass sich einzelne Orte, Plätze, ja landwirtschaftliche Betriebe von einander unterscheiden. Auch spielt der Mensch, der Winzer, dann später im Keller ja auch eine wichtige und vermittelnde und auch durch den Verbraucher anerkannte Rolle.

Welche der biodynamischen Maßnahmen ist besonders qualitätswirksam?

Bei guter Arbeit mit den Präparaten scheint die Rebe als Pflanze sehr schnell darauf zu reagieren. Die Rebe darf ja im Weinbau nicht wirklich ihr Wesen ausleben. Wir pfropfen sie auf fremde Unterlagen bzw. vermehren nur über Stecklinge und das schon seit Jahrtausenden. Da ist schon ein Ungleichgewicht. Ich denke, dass die Präparate hier sehr positiv wirken. Steiner bemerkt dies ja auch im landwirtschaftlichen Kurs auf die Frage nach der Reblausplage, dass mit der biologisch-dynamischen Methode diese hätte anders gelöst werden können.

Was konnten Sie und andere Forscher bisher feststellen bezüglich der Wirkung auf Rebe und Wein?

Viele Berichte und Beobachtungen gibt es aus der Praxis. Wir konnten in den ersten Jahren schon einiges im Versuch bestätigen. In Geisenheim stehen wir dieses Jahr im dritten Jahr unseres Langzeitversuches, wo wir auf einem Versuchsweinberg in Geisenheim konventionellen, biologisch-organischen und biologisch-dynamischen Weinbau vergleichen. Außerdem haben wir Varianten mit verschieden Applikations-terminen des Hornkieselpräparates. Wir haben sehr interessante Ergebnisse schon in den ersten Jahren der Umstellung. Doch diese jetzt schon zu verallgemeinern, das halte ich für verfrüht. Es bestätigen sich jedoch die Trends, die ich immer wieder aus der Praxis höre. Die Trauben sind weniger kompakt in den beiden biologischen Varianten, die biologisch-dynamische Variante war 2007 sogar am lockersten. Auch haben wir einen geregelteren Wuchs, weniger Geiztriebbildung, was sich natürlich auf die Traubengesundheit auswirkt. Hierzu haben wir dieses Jahr einige Blattreihen nach Jochen Bockemühl gemacht. Die sehen wirklich sehr spannend aus. Interessante Ergebnisse haben wir auch mit den bildschaffenden Methoden: Dr. Jürgen Fritz, Uni Bonn, der Trauben, Most und Wein untersucht, konnte 2006 die Varianten klar zuordnen und auch ein qualitatives Ranking durchführen. Interessant war, dass hier die konventionelle Variante am schlechtesten abschnitt, jedoch gefolgt von der biologisch-dynamischen Variante, bei der kein 501 gespritzt wurde, also nur 500 und die Kompostpräparate. Wir konnten im Biologisch-Dynamischen also auch ein Ungleichgewicht herstellen.

Wo sehen Sie noch Forschungsbedarf?

In der qualitativen Forschung, wie z .B. den Ansätzen nach Bockemühl, um dem Wesen Rebe etwas näher zu kommen. Außerdem ist es an der Zeit, auch im Weinbau Erfahrungswissenschaft zu betreiben. Ich bin darüber mit Ton Baars von der biodynamischen Professur in Kassel-Witzenhausen schon länger in Kontakt.

Georg Meißner untersucht biologisch-dynamischen Weinbau an der Forschungsanstalt Geisenheim,
Fachgebiet Weinbau, von-Lade-Str. 1, 65366 Geisenheim, georgmeissner@yahoo.de