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Arm aber Bio! Ein Selbstversuch

 

Bio essen mit dem Regelsatz von Hartz IV– ist Ihnen das gelungen?

Zu meinem Selbstversuch hat mich zweierlei getrieben: Zum einen ärgere ich mich darüber, wenn im Freundeskreis Leute, die von keinerlei Not geplagt sind, erklären, Bio sei ihnen zu teuer. Als ich vergangenes Jahr selbst meinen Hauptauftraggeber verlor, wollte ich es wissen: Kann man sich mit sehr wenig Geld ausschließlich von Naturkost ernähren? Als Maßeinheit für „wenig Geld“ habe ich es mit Hartz IV versucht: Circa 4,50 Euro pro Tag stehen da für Lebensmittel zur Verfügung. Ich habe es einen Monat durchgehalten.

 

Was war das Schwierigste dabei?

Ich hatte den Ehrgeiz, mich gesund und ausgewogen zu ernähren, mit ausreichend Gemüse und Obst. Das ist deshalb schwierig, weil Gemüse kaum Kalorien hat – also Geld kostet, ohne satt zu machen. Erschwerend kommt hinzu, dass ich ein Genussmensch bin und als Kulinarik-Journalistin in dieser Hinsicht verwöhnt. Dass ich kochen kann, hat das Ganze wiederum sehr erleichtert. Ohne Selberkochen geht's nicht.

 

Worauf sollte man besonders achten, wenn man knapp bei Kasse ist, aber sich biologisch ernähren will?

„Bio mit wenig Geld, bei ausreichend Obst und Gemüse“ funktioniert nur, wenn man alles selbst zubereitet und sich strikt an die Jahreszeiten hält. Blattsalat etwa ist im Mai unbezahlbar, im Sommer wird er erschwinglich. Wichtig ist auch, scheinbar paradox, kleine Mengen zu kaufen. Mag die Großpackung auch günstig erscheinen, es besteht immer die Gefahr, dass etwas davon verdirbt – schon war's zu teuer. Ein Drittel aller Lebensmittel landet auf dem Müll! Deshalb sind Discounter mit ihren Großpackungen keine Alternative zum Bioladen, in dem ich mir die Karotte einzeln aussuchen kann.

 

Was hat der Normalverdiener von Ihrem Buch?

Ach, sparen wollen doch alle. Das Buch soll denen, die wenig Geld haben, Hilfestellung geben. Es ist aber auch ein Appell an die Mehrheit, bei der das Geld nicht so knapp ist, die eigenen Prioritäten zu überprüfen. Wenn es sogar mit Hartz-IV-Satz geht, können sich Normalverdiener Bio problemlos leisten. Schwer verständlich, dass Menschen mit gutem Einkommen oft billige Nahrung zu sich nehmen. Was ich esse, kommt mir doch von allem, was ich konsumiere, am nächsten, da ich es mir buchstäblich einverleibe. Wie hält man das aus, Billiggeflügel zu essen, wenn man weiß, dass das Fleisch von erbärmlich schlecht behandelten Kreaturen stammt? Das soll Nahrung sein? Zu den Preisen: Kürzlich begleitete ich eine Familie bei ihrem ersten Besuch im Bioladen. Milch kaufen sie sonst beim Discounter, den Liter zu 46 Cent. Als die Frau sah, dass die Milch im Biomarkt einen Euro kostet, sagte sie: „Wahnsinn.“ Genau. Aber ist der Euro Wahnsinn, oder sind's die 46 Cent?

 

Fragen: mom

Rosa Wolff hat über ihren Versuch ein Buch geschrieben:

Arm aber Bio! Mit wenig Geld gesund, ökologisch und genussvoll speisen.

Erfahrungsbericht, Rezepte, Tipps und Infos, Edition Butterbrot 2010, 218 S., 11,95 Euro,

im Buchhandel oder unter http://www.armaberbio.de