Kurz & aktuell

Bonner Forscher fordern Umstellungsinitiative für Ökolandbau

Studie sieht Ökolandbau in Deutschland an kritischer Schwelle

 

Herr Prof. Köpke, eine Schlussfolgerung in Ihrer Studie lässt aufhorchen: Der Ausbau des Ökolandbaus in Deutschland drohe zu kippen? Woher leiten Sie das ab?

 

Der Umsatz im Biomarkt in Deutschland hat in den letzten zehn Jahren um etwa 130 % zugenommen, der Flächenanteil des Ökologischen Landbaus dagegen nur um knapp 50 %. Die inländische Erzeugung bleibt zunehmend hinter der Entwicklung des Marktes zurück. Stattdessen nehmen die Importe von Produkten markant zu, die auch in Deutschland erzeugt werden könnten. Hiesige ökologische Leistungen bleiben aus, bzw. werden exportiert. Die Netto-Zunahme der Anzahl der Betriebe und der Fläche des Öko-Landbaus von 2011 auf 2012 mit +2,6 bzw. 2,7 % entsprechend 23.000 Betrieben bzw. 28.000 Hektar sichert kein ausreichendes Wachstum des Öko-Landbaus in Deutschland. Der Öko-Landbau ist in seiner Entwicklung hochgradig gefährdet.

 

Wie erklären Sie sich, dass so wenige Betriebe umstellen, obwohl die Nachfrage nach Ökolebensmitteln hierzulande weiter kräftig wächst?

 

Der Ökologische Landbau hat an Wettbewerbskraft verloren. Früher war beispielsweise für Öko-Backweizen ein etwa doppelt so hoher Erzeugerpreis als im konventionellen Landbau die Regel. Heute ist die Preisdifferenz deutlich geringer bzw. nimmt weiter ab, ein Umstand, der im Öko-Landbau nicht durch höhere Produktivität ausgeglichen werden konnte. Höhere und stabile Erzeugerpreise für die konventionell erzeugten Produkte halten die Betriebe von der Umstellung ab, ja führen sogar zu Rückumstellungen.

 

Sie schlagen eine konzertierte Umstellungsinitiative vor: Was und wen sollte die umfassen und was wäre noch zu verändern, um sich wenigstens wieder auf den Weg zum Nachhaltigkeitsziel von 20 % Ökofläche zu begeben?

 

Die konzertierte Umstellungsinitiative richtet sich auf die Einladung zur umfänglichen Umstellung ganzer Dörfer und Regionen – auch in Ungunstlagen. Dann werden Arbeitsteilung und Spezialisierung im Rahmen eines Betriebsgrenzen übergreifenden Betriebsorganismus möglich. Oberziel ist es, den Öko-Landbau vorrangig am Markt zu stärken. Ein neues und effizientes Zusammenwirken aller Teilnehmer in transparenten Wertschöpfungsketten mit Einschluss des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels ist unverzichtbar. Dann lässt sich die hohe Nachfrage von Produkten aus der Region mit hinreichend hohen Erzeugerpreisen sicherstellen. Die Transparenz bei der Verteilung der Margen und der Preisbildung darf kein Tabu sein. Die Verteilung der Margen in der Vermarktungskette verlangt dabei wohl eine Neuordnung zugunsten der Erzeuger. Anderenfalls wird das Produktaufkommen für den interessierten Handel immer knapper werden – zum Nachteil aller.

 

Fragen: Michael Olbrich-Majer

Marktanteile im Segment Bio-Lebensmittel, Folgen und Folgerungen,

U. Köpke / P. M. Küpper, Institut für Organischen Landbau,

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, zu finden auf: http://www.boelw.de