Kurz & aktuell

Umweltwirkungen der Landwirtschaft: nur wenig Fortschritte

Fragen an Dr. Dietrich Schulz, UBA, zur Bestandsaufnahme nach 30 Jahren

Herr Schulz, der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat in seinem Gutachten vor 30 Jahren der Landwirtschaft ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Nun hat das Umweltbundesamt eben diese Kriterien erneut überprüft. Was hat sich verbessert?

 

Die Bilanzüberschüsse beim Stickstoff sind erheblich zurückgegangen, von damals ca. 160 kg N/ha auf derzeit knapp 100 kg/ha, ausgedrückt als nationale Hoftorbilanz. Damit liegen sie aber immer noch über dem in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung propagierten Ziel von 80 kg N/ha. Bei den Pflanzenschutzmitteln wurden die größten Grundwasserverschmutzer vom Markt genommen. Dennoch führen Atrazin und vor allem sein Abbauprodukt Desethylatrazin immer noch die Hitliste der Grundwasserfunde oberhalb des Grenzwerts von 0,1 µg/l an. Die Schadstoffbelastung von Lebensmitteln wird übrigens relativ unproblematisch gesehen, mit weiter abnehmender Tendenz. An diesem Trend ändern auch gelegentliche Einzelfälle und Skandale nichts.

 

In fünf von sieben Kriterien hat die Belastung sogar zugenommen –wie erklären Sie sich das?

 

Das größte Problem sind nach wie vor die Verluste an Arten und Biotopen in der Agrarlandschaft. Hier zeigen alle Indikatoren nach unten, z. B. der Feldvogelindex. Es ist leider keine Trendwende abzusehen. Erosion und Humusabbau haben zugenommen, nicht zuletzt durch kontinuierlichen Grünlandverlust und zunehmenden Maisanbau. Die Emissionen klimawirksamer Gase sind eng mit den steigenden Tierzahlen verbunden, und das Landschaftsbild ist immer noch zu sehr durch Ausräumung und Monotonie, enge Fruchtfolgen gekennzeichnet. Beim Wasser gibt es regional Verbesserungen und Verschlechterungen, keinen einheitlichen Trend. Dennoch droht uns eine Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof, weil wir die Nitrat-Richtlinie nur unvollständig umgesetzt haben.

 

Gibt es neue Arten von Belastungen, die von der Landwirtschaft ausgehen?

 

Wir verstärken derzeit unsere Forschungsanstrengungen zur Rolle von Veterinär-Antibiotika in der Umwelt. Künftig stärker widmen wollen wir uns dem Thema Plastik und Mikroplastik in der Umwelt, auch im landwirtschaftlichen Bereich. Die Feinstaub-Bildung als Folge der Ammoniakemissionen gerät mehr in den Focus als bisher. Das eigentlich Enttäuschende ist aber tatsächlich, dass sich bei den altbekannten Problemen insgesamt so wenig verbessert hat.

 

Welchen Weg sieht das UBA zu einer Landwirtschaft, die in Bezug auf die Umwelt verantwortungsvoller arbeitet?

 

Das sogenannte Greening der Direktzahlungen wurde im Laufe der politischen Kompromissfindung zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik viel zu sehr verwässert; hier sollte im Zuge der Halbzeitbewertung in den Jahren 2017/2018 un­bedingt nachgeschärft werden: im Sinne des Grundsatzes „öffentliche Gelder für öffentliche Güter“. Ferner sehen wir noch erhebliche Möglichkeiten, Gelder aus der ersten in die zweite Säule der Agrarpolitik umzulenken. Damit sind die verfügbaren Mittel für Agrar-Umweltmaßnahmen deutlich aufzustocken. Man käme dann auch dem regierungsamtlichen Ziel näher, den Ökolandbau auf einen Flächenanteil von 20% hochzufahren. Hierbei sind aber auch die Verbraucher gefragt.

 

Fragen: Michael Olbrich-Majer

 

Linkhinweis: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltprobleme-der-landwirtschaft