Demeter - mit Kräften arbeiten

Ein Erklärungsversuch

 

Was sind eigentlich Kräfte? In der biodynamischen Landwirtschaft kommt es ja nicht nur darauf an, dass die Stoffe das Lebendige unterstützen, sondern sie zeichnet sich durch den Anspruch aus, Kräfte im Naturgeschehen des Wachsens und Reifens zu nutzen und zu fördern.

 

Kraft erfahren wir primär als physikalisches Phänomen, meist unmittelbar an unserem eigenen Organismus: um der Erdanziehungskraft etwas zu entreißen, ist Gegenkraft erforderlich. Kräfte bringen, vereinfacht gesagt, Stoffliches in Bewegung. Kräfte lassen sich organisieren, sei es durch Muskeltraining oder die gezielte Einrichtung eines Magnetfeldes bzw. einer chemischen Reaktion. Ähnliches gilt für Gestaltungskräfte oder Denkkraft, denn bevor ich etwas hebe, trage, ist da ein Willensimpuls. Und vorausgehend vielleicht ein sozialer. Wo finden wir ähnlich Veranlassendes in den Naturvorgängen? Wer gab z .B. Nachtschmetterlingen in Europa den Auftrag, Blüten im Schwirrflug mit langem Rüssel zu bestäuben, und in Amerika dagegen den Kolibris? Oder wieso wehrt sich die Pflanze gegen gentechnische Veränderung? Mehrere zehntausend Versuche braucht es, um ein fremdes Gene einzubauen – wo regelt die Pflanze das? Was trägt das Typische solange durch? Und was treibt eigentlich die Pflanzen an, sich gegen die Erdanziehung aufzurichten?

 

Auch die Umgebung, weit gedacht, spielt dann, wie wir sehen, eine Rolle – das Leben kommt aus dem Kosmos, von der Sonne. Ihre Kräfte sind es, die im Licht z. B. Blätter klein machen im Vergleich zu Schattenpflanzen, ihre Kräfte gestalten irdisch und planetar modifiziert das Leben hier mit Rhythmus, Form und Farbe, stehen Modell für Lebensprozesse. Im irdischen Wirken dürfen wir uns aber auch Kalk und Kiesel als Pflanzengestalter vorstellen, ja jeder Stoff hat eine Kräfteseite.

 

Kraft wächst am Widerstand durch Übung – daher bekommen Demeter-Kälber früh Heu, damit sich ihre Verdauungskraft entwickelt. Und biodynamisch angebaute Pflanzen dürfen mit Boden und Bodenlebewesen in Austausch treten, in Form der pilzlichen Wurzelbesiedlung (Mykhorriza), anstatt einen Mineraldüngereinlauf zu bekommen. Der Kräfteförderung des Bodens dienen Kompost und Biodynamische Präparate. Vielseitige Fruchtfolge, Tierarten sowie Landschaftsgestaltung fördern die Binnenkräfte eines landwirtschaftlichen Organismus. Denn zu den Eigen-Kräften der Tiere, Pflanzen und Böden, die sich aus dem typisch- bzw. standortgemäß-Sein ergibt, kommen die Kräfte aus der harmonisierten Vernetzung hinzu, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile: Gesundheit ist die Kraft des Organismus zur Selbstregulierung. Bin ich krank, schwindet die Kraft.

 

Aber wie sehen diese Kräfte denn nun konkret aus? Da wird, neben dem anthroposophischen, an die Naturreiche angelehnten Konzept von physischen, lebendigen, seelischen und individualisierenden Kräften, mal von Strahlungswirksamkeit oder Informationen und Energien gesprochen oder es werden Bildekräfte gezeichnet. Das zeigt nur: so genau wissen wir es nicht, die anthroposophische Forschung hat sich gerade bis in die Anfänge der Differenzierung des Ätherischen, des Lebenskräftebereichs vorgetastet. Aber wir wissen auch, dass Ein-Stimmungen wie Empathie etc. heilsame Kräfte sein können und es Mittel gibt, in den Fluss der Lebensvorgänge hier und da wirksam ein Stöckchen zu legen, Bedingungen zu gestalten, z. B. mit den Biodynamischen Präparaten. Es ist wohl mehr als Wissenschaft vonnöten, um zu erkennen, wie die Naturwesen eine Blume malen.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Juni 2011, http://www.info3.de