Biolebensmittel verpackt?

Die Hersteller der Verbände nehmen ihre Verantwortung ernst

Als Kind habe ich noch mit der Blechkanne Milch geholt; bis in die siebziger Jahre beim kleinen Einzelhändler, wie man sie nur noch auf dem Dorf kennt. In Supermärkten und Discountern gibt es heute eigentlich kaum etwas Unverpacktes. Gerade dort kaufen Verbraucher am liebsten und am meisten. Dank deutscher Deponiebaukunst, gelbem Sack und Müllverbrennung konnte die Menge an verpackten Lebensmitteln hierzulande stetig zunehmen. Verpacken heißt auch portionieren, doch entstehen dann oft Reste, die im Müll landen. Abgepackte Halbfertiggerichte werden mehr: der Salatmix, kleingezupft und unter kontrollierter Atmosphäre mit Ultraschall in Folie geschweißt, Sushi to go oder geschälte Bananen im Viererpack. Wir Deutschen schätzen das Müllsortieren. In weniger gut organisierten Weltgegenden sind die Folgen der allgegenwärtigen Kunststoffverpackungen aber deutlich sichtbar. Und im Pazifik gibt es bereits Plastikalarm.

 

Auch Ökoprodukte folgen dem Trend zur Verpackung, als lose Ware auf dem Wochenmarkt werden die wenigsten gekauft. Wie gehen Öko-Hersteller und -verbände mit dem Thema um? Die EU-Öko-Verordnung regelt da nichts. Darüber hinaus geben sich die Hersteller der Öko-Verbände redlich Mühe, mit ihren Verpackungen die Balance zwischen Produktschutz, Lebensmittelsicherheit und Umweltfreundlichkeit zu halten. Denn verpacken macht in Zeiten immer längerer Wege und Standzeiten Sinn. Saft oder Milch in der Flasche z.B. ist nach wie vor das Optimum für diese empfindlichen Lebensmittel und ab 15 Verwendungen auch in der Ökobilanz gegenüber Kartonagen vorne, rohstoffmäßig ohnehin. Doch Pfandglas ist lästig, auch ich vergesse regelmäßig die Joghurtgläser zuhause. Demeter hatte in einem Leitbild bereits Mitte der neunziger Jahre angeregt, dass die Verarbeitung bis zum Transport möglichst umweltverträglich erfolgen sollte. Die Demeter-Richtlinie zu Verpackung folgt den Prinzipien: der Qualität entsprechend, den Aufwand minimieren, ökologische Kriterien vor solchen des Marketing, Vorzug für Mehrweg, Vermeiden vor Recyclen und wenn doch, dann vollständig, außerdem kein PVC, möglichst kein Alu, und wenn´s geht, 100 Prozent abbaubar.

 

Im letzten Jahr hat der Bundesverband Ökologische Lebensmittelwirtschaft einen Verpackungsleitfaden erarbeitet, doch gibt es auch Zielkonflikte: Rohstoffschonend vorbildlich ist z.B. der Milchbeutel der Demeter-Molkerei Brodowin. Der umweltpreisgekrönte Kreide-Kunststoff-Mix ist jedoch nur schwer recycelbar. Und bei anthroposophischen Bildekräfteforschern fiel das kalkhaltige Material durch. Ausgeschlossen haben die Verbände, dass synthetische Nanopartikel in Berührung mit Lebensmittel kommen. Viele Folien und Kartonagen sind heute mit Nanomaterialien bedampft, der Kühlschrank innen oft gar mit Nano-Silberjodid. Ein Problem bei Verpackungen kann auch sein, dass Stoffe wandern: z.B. Weichmacher aus Kunstoffen, die in PET-Flaschen von den Fruchtsäuren eines Saftes herausgelöst werden. Ein spezielles Problem abgepackter Ware ist die indirekte Normierung: Sollen z. B. immer genau sieben Möhren hineinpassen, müssen sie immer gleich groß sein und das gleiche wiegen –eine Steilvorlage für nicht samenfeste Hybridsorten, deren Saatgut man jedes Jahr neu kaufen muss.

Zum Schluss ein persönlicher Wunsch : Wann kommt die Halbliterflasche Demeter-Milch für Haushalte, die wenig Milch brauchen?

 

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, November 2012, http://www.info3.de