Agrarwochen im Winter

Jetzt ist die Zeit für Bauern- und Branchentreffen

 

Acker und Wiesen sind schneebedeckt – wer als Landwirt jetzt nicht im Forst werkelt, ist im Urlaub oder auf Fachveranstaltungen: Alle Winter wieder finden die Gipfeltreffen der Landwirtschaft statt.

 

Medial kaum zu übersehen ist die internationale Grüne Woche in Berlin: eine Fressmess mit agrarpolitischem Klassentreffen, alles andere als grün, trotz umweltverantwortlichem Motto des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Aber wie immer: links blinken, rechts abbiegen, schöne Worte sind noch lange keine Taten und in ihrer Ansprache machte Frau Aigner unmissverständlich klar: es soll alles beim alten bleiben in der EU-Agrarpolitik. Weil Wahlwochenende im Flächenstaat Niedersachsen war, belebte erstmals eine Kanzlerin den Messerummel, Zitat Merkel: „Die Menschen in Deutschland essen und trinken gerne. Ich finde, das ist ein guter Charakterzug.“ Da gackert das Huhn in der Bio-Halle!

 

Anspruchsvoller war das kritisch-alternative Programm außerhalb der Messehallen: Zum Beispiel die Demo „Wir haben es satt“ – gegen diese einseitig am Agrobusiness orientierte Agrarpolitik, in diesem Jahr optisch bereichert um die bereits zwei Tage zuvor demonstrierenden Imker, die um ihre Bienen fürchten. „Wer Bauern, Tiere, Bienen quält, wird nicht gewählt“, war da zu hören. Das Rahmenprogramm war hier interessanter und bunter, außerdem trifft man mehr Freunde und Bekannte. Offiziell heißt es,

die Landwirte hätten im letzten Jahr gut verdient durch den Export von Schweinefleisch und Käse. Da frage ich mich: Welche Landwirte? Für die Milchbauern schlägt sich das erfolgreiche Exportgeschäft der Molkereien im Preis nicht nieder. Und die Schweinemäster kaufen ihr Futter zu großen Anteilen in Südamerika, das hat wenig mit Nachhaltigkeit zu tun

So ist diese Leistungsschau zwar auf allerhöchstem Niveau, doch einen Platz für Kleinbauern und Hungernde, gibt es da nicht, selbst wenn die Agrarminister von 70 Staaten dazu eine Erklärung abgaben.

Immerhin gab es noch den Tag des Ökolandbaus, die Vorstellung des kritischen Agrarberichts und die Verleihung des Förderpreises Ökolandbau durch das Bundesministerium an vorbildliche Betriebe, an Demeter-Imker Thomas Radetzki von Mellifera e.V., an Demeter-Winzer Zähringer sowie an einen Bioland-Betrieb. Sie zeigen, wie Landwirtschaft auf Dauer geht.

Der von Agraropposition und Wissenschaftlern geforderte Systemwechsel aber zeigte nur kleine Früchtchen: Ein Tierschutzlabel kommt, vorangetrieben von Tierschutzbund und Fleischindustrie: ein Euro mehr beim Kauf für ein bisschen mehr Tierschutz in zwei Stufen. Nur die höhere erreicht das Niveau des Ökolandbaus. Demeter-Vorstand Stephan Illi schaffte es mit einer Äußerung zum Landgrabbing bis in die Tagesthemen: Energiebauern, in Deutschland exorbitant gefördert, schnappten den Biobauern Flächen weg, indem sie mehr Pacht bieten können.

 

Im Februar hat dann die Biobranche ihren Gipfel: Was die Niederlande in Berlin, ist Rumänien in Nürnberg auf der Biofach: Land des Jahres: 10.000 Biofarmen, meist Kleinbauern, ein Land gleichzeitig im Focus von Agrarinvestoren und Agrogentechnik. Beschränkt auf Fachbesucher wartet die Messe mit Fischmarkt, Käsewelt, Weinpreis, Kaffeeverkostung, Partyabend, Seminaren auf - alles Bio. Die Vorreiter der Nachhaltigkeit müssen sich dennoch damit auseinandersetzten, dass auf einmal alle irgendwie umwelt- und tierlieb sind, oder fürs Klima siegeln: Ökolandbau in der Nachhaltigkeitsfalle? heißt dann auch ein Angebot im begleitenden Kongressprogramm. Hier fragt Demeter erneut: Wem gehört die Landwirtschaft? Und wirbt für die konkrete Beteiligung an Höfen. Und diskutiert über einen neuen Ansatz, Erfolg zu messen: die Gemeinwohlökonomie. Für Verbraucher interessant: Was wird Demeter-Produkt des Jahres?

 

In Dornach, am Goetheanum, suchen die Teilnehmer aus aller Welt in der Woche davor nach Allianzen für unsere Erde: Das Gipfeltreffen der biodynamischen Bewegung bietet eine Konferenz zum Üben an, wie man neben dem Engagement für Boden, Tiere, Saatgut, gute Lebensmittel mit den geeigneten sozialen Techniken und inneren Voraussetzungen Erfolg versprechend Partner für das Anliegen findet, das Leben zu schützen und zu fördern.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Feburar 2013, http://www.info3.de