Gemeinsam land-wirtschaften

Wie Erzeuger und Konsumenten sich die Arbeit teilen

 

Wir Konsumenten sind längst alle Co-Bauern. Mit unserem Einkauf im Supermarkt oder im Bioladen geben wir den Auftrag und die Finanzierung für den nächsten Sack Kartoffeln oder die Ananas im nächsten Herbst. Diese einfache Einsicht könnte uns dazu führen, mit unserem Geld direkt zum Bauern zu gehen und uns was zu wünschen.

 

Das gibt es bereits! Gemeinschaftsgetragene oder Solidarische Landwirtschaft heißt das hierzulande. Konsumenten werden landwirtschaftliche Mitunternehmer auf Zeit, finanzieren den Aufwand zur nächsten Ernte vor und teilen sich diese. Das ist das zugrundeliegende Prinzip. Dem Bauern ermöglicht dies, sich auf die landwirtschaftlichen Aufgaben zu konzentrieren, statt sich auch noch um Vermarktung etc. Gedanken zu machen. Inzwischen wächst diese neue Form der Verbindung zwischen Stadt und Land auch hierzulande, nachdem die Demeter-Betriebe Buschberghof und Kattendorferhof dieses System mehr als zwanzig Jahre über den Dornröschenschlaf gerettet haben. Fast fünfzig Betriebe sind es inzwischen und fast ebensoviele Initiativen arbeiten noch daran.

 

Die Idee kommt ursprünglich aus Japan, wo engagierte Frauen gemeinsam den Nachschub an Bioprodukten sicherstellen wollten und so eng mit den Bauern kooperierten. Dieses Teikei genannte System, mittlerweile von ca. 650 Betrieben und Gemeinschaften praktiziert, war der wesentliche Impuls für den Ökolandbau in Japan. In dessen Prinzipien ist bereits der Grundpfeiler sichtbar: Die Verabredung mit dem Landwirt, der Lebensmittel ökologisch anbaut und bereitstellt sowie die Verpflichtung der Konsumenten, alle abzunehmen und die Verteilung zu organisieren; ein System der demokratischen Selbstverwaltung. Über die biodynamische Szene der Schweiz kam es in die USA, wo es Demeter-Landwirt Trauger Groh adaptierte und. unter dem Namen Community Supported Agriculture, CSA, in den 1980er Jahren propagierte. Heute sind in den USA geschätzte 1500 Gemeinschaftshöfe aktiv.

 

Für Landwirte: Das ist keine neue Form der Direktvermarktung, kein Notfallplan zur Rettung maroder Höfe, sondern eine soziale Öffnung, denn die Mitunternehmer gestalten nicht nur den Anbauplan mit, sondern wollen auch die wirtschaftlichen Daten sehen. Schließlich müssen sie wissen, was ein Jahresdeputat Hofprodukte kostet, um die Höhe des Monatsbeitrags festzulegen. Wahrscheinlich wollen sie sogar mitarbeiten, Bäume pflanzen, ernten, Öffentlichkeitsarbeit machen – Ideen gibt es viele. Ach, und vergesst die Preise – hier gibt es keine, nur Beiträge zur Kostendeckung.

 

Für Konsumenten: Gemüse, Brot und Butter müsst ihr Euch normalerweise selbst abholen, selbst überlegen, wer was bekommt, wo es gelagert oder verteilt wird, selbst dafür sorgen, dass die Gruppe nicht schrumpft. Und nicht jeder Landwirt ist über einen solchen „Antrag“ begeistert, genauso wenig wie jeder gut im Gemüsebau ist. Davon braucht es nämlich viel. Es ist also viel mehr als nur eine Food Coop, denn der Landwirt braucht mindestens für ein Jahr eine Finanzzusage – die dann in Form eines Monatsbeitrags aufzubringen ist. Und Erdbeeren schon zu Ostern wird es auch nicht geben.

 

Dafür öffnet sich der Hof den Mitlandwirten: Die Gemeinschaft von aktiven und passiven Bauern öffnet Spielräume: für Investitionen des Hofes wie z. B. einen tiergerechten Stallumbau, oder eine Bäckerei, Saatgutzüchtung, Veranstaltungen, Einsatz von Pferden, seltene Sorten. Und – ich bin gespannt auf die erste vegane Variante.

http://www.Solidarische-landwirtschaft.org

http://www.makecsa.org

Trauger Groh: Höfe der Zukunft, www.lebendigeerde.de/index.php?id=buch13

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, April 2014, http://www.info3.de