Landwirtschaft für den Planeten

Steiners Kurs für Landwirte eröffnet neue Dimensionen der Agrarkultur

 

Am Pflanzenwachstum sei der ganze Himmel mit seinen Sternen beteiligt. „Wenn Sie also wissen wollen, woraus die Substanz der großen Zehe besteht, müssen Sie nicht auf die Nahrungsmittel hinschauen,“ sondern auf Atmung und Sinnesorgane. Das berichtet Rudolf Steiner in Dornach von den Themen seines Kurses für Landwirte im schlesischen Koberwitz. Das klingt heute so verrückt wie damals und wagt einen ganz anderen Blick auf Landwirtschaft, die man schon damals nur noch als Gewerbe verstand. Nein, Landwirte haben eine Aufgabe, und die erklärt sich aus der kosmischen wie der kulturhistorischen Betrachtung: Agrarkultur für eine Erde, die Lebenskeim im Weltall ist, für Menschen, die sich geistig und spirituell zusammen mit dem lebendigen Kosmos entwickeln wollen.

 

Steiner wollte mit diesem Kurs Bedingungen zum Gedeihen einer solchen Landwirtschaft darstellen. Aus seiner besonderen Sicht. Naturwissenschaftlich-philosophisch gestartet, war er nach langen Jahren der Herausgabe von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften zur indisch inspirierten Theosophie und schließlich zu seinem eigenen, abendländischen Weg der Bewusstseinsschulung gekommen. Wie er berichtet, war er froh über Möglichkeiten, diese Anthroposophie praktisch zu machen, tatkräftigen Menschen Anregungen zu geben. Spirituelles sollte ins wirkliche Leben gebracht werden.

Zwei Jahre lang hatten ihn Gutsverwalter und Landwirte aus dem Kreis seiner Anhänger gebeten, hatten Fragen und Teilnehmer gesammelt, Briefe geschrieben und Boten geschickt. Ihre Sorge galt, neben vielen konkreten Details, vor allem dem Schwinden der Naturkräfte, was sie an nachlassender Nährhaftigkeit und Reproduktionsfähigkeit bemerkten. Zugleich liefen seit 1923 erste Versuche nach Angaben Steiners, u.a. auch zu den Biodynamischen Präparaten.

 

So kam es 1924 endlich zu einer zehntägigen anthroposophischen Pfingsttagung auf dem Schloss der Verwaltung des Großtriebs bei Breslau. Der Kurs mit seinen acht Vorträgen, jeweils vormittags um elf, danach Fragen und zweites Frühstück, war eingebettet in ein Programm von Sprachgestaltung mit Frau Steiner, Schauspiel und Eurythmie, Ansprache an die Jugend und abends fuhren die mehr als hundert Teilnehmer mit Autos ins nahe Breslau, um mit weiteren Zuhörern Vorträgen Steiners zu Karma zu lauschen. Beim Mitternachtsessen Gespräche, dann noch Artikel schreiben; dass der gesundheitlich angeschlagene Steiner gut durchhielt, dafür sorgte die Gräfin Keyserlingk als Gastgeberin. Zugelassen zum Kurs war bis auf Ausnahmen nur, wer sowohl von Anthroposophie wie auch von Landwirtschaft etwas verstand.

 

Doch ging es hier – trotz abklingender Hyperinflation - nicht um Ökonomie. Steiner ging es um eine neue, bewusst geschulte Intuitionsfähigkeit der Bauern. „Die Leute werden mit Wissenschaft die Äcker düngen“ kritisierte Steiner. Spürbare Folgen heute sind ist u.a. irreversible Überdüngung der Gewässer unseres Planeten und der Artenschwund. Gerade bei der Landwirtschaft zeige es sich, dass aus dem Geiste heraus Kräfte geholt werden müssten, die heute noch unbekannt, aber für den Weiterbestand des menschlichen Lebens auf der Erde essenziell seien, so Steiner.

 

Anschließend hielt er in Dornach einen Kurs zur Heilpädagogik: So, wie er hier Beziehungsbildung als richtige Art des Umgangs vorschlägt – ganzheitlich Körper, Konstitution, Seele und Geist umfassend - so begreift er auch die Aufgabe des Landwirts als ganzheitlich, all das umfassend, was sich zwischen Irdischem und Kosmischen als Lebensäußerung zeigt.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Feburar 2015, http://www.info3.de