Lebendiges existiert immer im Zusammenhang

Landwirtschaft ist ein irdisches Sonnengewerbe

 

Eigentlich gäbe es kaum ein Gebiet, das nicht zur Landwirtschaft gehört, sie sei nach allen Seiten mit dem größten Umkreis des menschlichen Lebens verwachsen – so Rudolf Steiner 1924 zum Auftakt seines Kurses für Landwirte. Und er geht noch darüber hinaus: Zum Erklären einer Magnetnadel brauche man das Magnetfeld der Erde, zum Erklären des Lebens auf der Erde brauche man den Kosmos und unser wohl balanciertes Sonnensystem. Dass Leben ganz konkret bedeutet, durch die Sonnenkraft zu ernährt und gestaltet zu werden, auf welchem Weg auch immer, das gerät heute wie damals schon Mal in Vergessenheit.

 

Zumal Landwirtschaft bereits vor hundert Jahren vor allem ökonomisch betrachtet wurde, nicht aus der Natur der Sache heraus – was Steiner scharf kritisiert. Über Landwirtschaft könne nur derjenige urteilen, der sein Urteil vom Feld, vom Wald, von der Tierzucht her nehme. Wo kommen heute die Urteile über Landwirtschaft her? Fast ausschließlich aus einer reduktionistischen Ökonomie: Hörner ab, weil Stallplatz zu teuer, männliche Küken töten, weil das Mästen nicht rasch genug geht, Gentechnik, weil Patente und Paketlösungen Konzernen bessere Rendite versprechen, preisverzerrende Agrarsubventionen, um Exportmärkte zu erobern.

 

Aber auch Wissenschaft und Tradition bekommen im Kurs ihr Fett weg: Weder könne die Wissenschaft Leitlinie für die Praxis sein – eher umgekehrt, noch gehe es darum, zu alten Instinkten zurückzukehren: Aus einer tieferen geistigen Einsicht sei das zu finden, was die unsicher gewordenen Instinkte uns nicht mehr geben können.

 

So richtet Steiner den Blick in der Folge konsequent auf die Kräfte, die hinter unserem physikalisch-chemischen Weltbild liegen. Periodizität und Rhythmen des Kosmos, konkret von Sonne, Mond und Sternen steuern das Leben. Doch hat dieses sich auf der Erde auch teilweise emanzipiert davon, hat diese Zeitgestaltung verinnerlicht, allerdings mehr oder weniger entkoppelt vom direkten Impuls eines Gestirns. Am deutlichsten ist dies beim Menschen, während die Pflanze ganz im Erdenleben, dem Abglanz des Kosmos aufgeht. So wird sie generell entscheidender vom Umkreis geprägt als z. B. das Tier: Silicium und Wärme, Kalk und Wässriges wirken an der Gestaltung der Pflanze als polare Kräfte mit. Und bewirken zum einen mehr Nahrhaftigkeit und gestauchtes Wachstum - Kiesel - oder mehr Fortpflanzungskräfte - Kalkiges, wozu Steiner alle Erdalkalimetalle rechnet. Kosmische Repräsentanten sind dann für den Kiesel die sonnenfernen Planeten Mars, Jupiter, Saturn, bzw. bei der Wirkung des Kalkigen die aus Sicht der Erde sonnennahen Himmelskörper Mond, Venus, Merkur.

Diese Planeteneinflüsse versteht Steiner durch die Erdensubstanzen wirkend, und fragt dann, was sie hemmt bzw. fördert, nennt da Wasser oder Wärme. Doch nicht nur das. Da unsere Erde eingetaucht ist in die Sphären der Planeten, seien diese durchaus Mitgestalter des Lebens, Planeten mit kurzen Umlaufzeiten eher bei kurzlebigen Pflanzen, Mars oder Jupiter eher bei Bäumen. In der richtigen Saturnperiode gepflanzt, solle z. B. Nadelholz bessere Wärme geben. Von hier kommt Steiner nochmal auf die Nährkraft der Lebensmittel: Manches sei zurückgegangen an der inneren Nährkraft, solche Kartoffeln wie in seiner Jugend gebe es heute nicht mehr. Der folgende Vortrag liefert dann geballte Konkretisierungen, Hier, im ersten Vortrag, öffnet Steiner zunächst die Tür.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, April 2015, http://www.info3.de