Die Alchemie des Düngens

Rudolf Steiners Kompostpräparate

 

Alchemie? Moment mal, geht es bei der Düngung nicht um chemische Stoffe, die den Böden nachgeliefert werden müssen, weil sie mit den Erzeugnissen des Hofes diesen verlassen? Sicher, doch wie Steiner in seinem fünften Vortrag zur Landwirtschaft ausführt, reicht das nicht, sondern es geht zusätzlich darum, den Raubbau an Kräften, den die Landwirtschaft immer in gewissem Umfang betreibt, auszugleichen. Wir kennen es aus der eigenen Ernährung: gut gegessen, heißt noch lange nicht gesund oder fit für Leistung. Da kommt es auch auf anderes an, und da die Landwirtschaft biodynamisch als Organismus verstanden wird, braucht dieser ordnende und anregende Impulse. Steiner spricht hier auch von Reizwirkungen.

 

Die Pflanze soll durch die Düngung befähigt werden, das, was der Boden an Wirkungen bietet, aufzunehmen. Das passt zur neueren Forschung, die inzwischen weiß, dass Pflanzen so eng mit dem Boden verbunden zu denken sind, dass sie auch aktiv Nährstoffe mobilisieren können, wie der biodynamische Bodenforscher Edwin Scheller als erster nachweisen konnte. Dazu ist das Milieu, vor allem im Boden, zu gestalten – was durch biodynamische Maßnahmen gelingt: weniger saurer Boden, mehr aktive Mikroorganismen, stabilerer Humus, wie Untersuchungen zeigen.

 

Steiner riet jedoch dazu, nicht auf Bakterien, sondern auf das große Ganze zu blicken. Wenn man, wie er den Erdboden als Fortsetzung der Pflanze und umgekehrt versteht, ist Feingefühl im Umgang mit dem Boden angesagt. Das Lebendige innerhalb des Lebendigen halten – so lautet dann auch Steiners Regel für einen solchen Dünger. Was er damit meint, konkretisierte er dann an den fünf biodynamischen Kompostpräparaten. Nehmen wir das mit Schafgarbe.

 

Die Fähigkeit der Schafgarbe, mit dem Kaliumsalz gut zu arbeiten, macht diese Heilpflanze für Steiner geeignet. Für das Präparat sammeln wir die Blüten. Der Hirsch stellt mit seiner Blase das Organ zum „Verpacken“, bringt so Sensibilität der Sinne und den kaliverwandten Trennprozess von Salzen und Flüssigkeit ein. Im Frühjahr gefüllt und der Sonne überlassen wird das Präparat dann über Winter eingegraben, dessen Wirkung ausgesetzt. Erst die Kombination von Material und Prozess macht das Biodynamische am Präparat. Dieses fördert die von der Venus repräsentierten Lebens-, vor allem Stoffwechselprozesse. Das Vorgehen ist ähnlich mit Kamille (im Rinderdarm), Eichenrinde (im Haustierschädel), Löwenzahn (im Bauchfell); nur Baldrian wird als Presssaft direkt genutzt, allenfalls zur Konservierung leicht fermentiert.

 

Und sowas soll wirken? Nun, die die prozessmoderierende Wirkung dieser Präparate kann man am Kompost, auch eingebracht in den Tiefstallmist oder die Gülle, feststellen. Wir isolieren heute minimale Substanzmengen für medizinische Zwecke, Schmetterlinge kommunizieren kilometerweit entfernt über Düfte miteinander und die Weichmacher in unserem Plastikmüll wirken hormonell in kaum messbarer Größenordnung. Nur die Präparatewirkung kann man sich nicht vorstellen? Dass Steiner von Strahlungswirkung spricht, macht es nicht einfacher, diese konnte auch so nicht nachgewiesen werden.

 

Manchen reicht aber das Set der acht Biodynamischen Präparate noch nicht: so gab es schon früh zusätzliche Entwicklungen nach ähnlichem Muster für spezielle Defizite, es gibt Sammelpräparate, in jüngster Zeit auch Präparate für Bienen oder die Idee, sie vegan in Baumhüllen herzustellen. Wichtig wäre solche Forschung vor allem für die Tropen, wo nicht alle Präparatepflanzen wachsen und für die differenzierte Anwendung der klassischen acht, die auch einzeln hilfreich sind.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, September 2015, http://www.info3.de