Was uns und Tiere nährt

Steiners überraschende Aspekte zu Ernährung und Fütterung

 

Demeter-Kühe müssen raus auf die Weide: Das ganze Jahr im Stall, sei er noch so tiergerecht, die Fütterung noch so praktisch – das geht nicht. Das hat weniger mit Zertifizierungsrichtlinien zu tun, als mit der Ernährung der Tiere durch kosmische Kräfte. Das Tier solle sich seine Nahrung selbst aussuchen, geleitet von seiner Nase, so Rudolf Steiner in seinem achten und letzten Vortrag für Landwirte. Hier entwickelt er Aspekte einer ungewöhnlichen Ernährungs- und Fütterungslehre, anspruchsvolle Gedankenkost.

 

So kritisiert er die „schlampige“ Formulierung, im Körper würden Verbrennungsprozesse stattfinden: Solch falsche Gedankenbildung gehe am Naturgeschehen vorbei und führe zu Maßnahmen, die nicht zur Natur passen. Ein paar Sätze zuvor legt er dar, dass es bei der Fütterung und Ernährung nicht darum gehe, dass Stoffe aufgenommen werden. Aber worum dann? Nahrung liefere nur die Energie, so Steiner, der Auf- und Umbau des Körpers aber geschehe mit anderen Mitteln. Ernährung brauche primär Kräfte, die dann die Stoffe ordnen. Man sehe es einer Pflanze an, ob sie solche – astralischen -Kräfte habe, die Fruchtbildung sei ein Beispiel. Steiner unterscheidet kosmische und irdische Stoffe wie auch Kräfte. Die Nerven-Sinnesorganisation bekommt demnach ihre Stoffe von der Erde her – also über Nahrung, Darm und Blut - die Kräfte zum Verarbeiten dieser aber kommen aus dem Kosmos, weshalb Nutztiere draußen sein sollen. Das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System dagegen werde aus dem gespeist, was aus Luft und Wärme aufgenommen wird – aus kosmischer Stofflichkeit. Steiner denkt das Tier polar zwischen den Aktivitäten der Sinne und denen der Glieder bzw. des Stoffwechsels. Es frisst, um Bewegungskräfte zu entwickeln. Anhand dieses Modells kommt Steiner zu Fütterungshinweisen für Jungtiere, Möhre und Lein, für Milch gebende Tiere, Klee, oder für Schweine, gekochtes.

 

Hinweise gibt der Vortrag auch für die menschliche Ernährung, jedoch mit der wiederholten Einschränkung, alles sei zu individualisieren, keine Ernährungsmystik! Ob Lebensmittel oder Futter Regsamkeit bewirken, ist allerdings ein Kriterium! Hier kommt er auch auf Tomate und Kartoffel zu sprechen: erstere sei als Absonderungsspezialistin bei Krebs zu meiden und der Knollengenuss sei zurückzufahren, um weniger kopfgesteuert zu leben und zu denken.

 

Ausgehend von irdischer Stofflichkeit im Kopf, der Unterlage für unser Ich, packt Steiner mitten im Vortrag noch einen Knaller aus: Ein „fortgeschrittener Dunghaufen“ sei das im Gehirn sich Ausbreitende, wenn man richtig auf die Vorgänge schaue: kurzum, aus dem Stoffwechsel ausgeschiedenes. Und dann: wir Menschen setzten viel vom, so Steiner, „Bauchdünger in Gehirndünger“ um, das Tier nicht: Daher blieben diese Kräfte – Steiner nennt sie „Ich-Anlage“ - in dessen Dung erhalten. Die damit gedüngte Pflanze entwickele dann eine Art Vorstufe des „Ich“, die sich unter anderem in der senkrechten Wachstumsrichtung und Salzaufnahme der Wurzel zeige. Und: zwischen Dung, dem Boden und der Futterpflanze sowie der Aufnahme durch das Tier entstehe eine fortschreitende Wechselwirkung – das Kernprinzip biodynamischer Standortentwicklung und betrieblicher Individualität. Denn der Mist sollte möglichst von hofeigenen Tieren kommen. Niederländische Wissenschaftler bestätigten kürzlich diese sich verstärkende Interaktion zwischen Herde und Boden und nannten sie Heimvorteil.

 

Abschließend gibt Steiner seinen Zuhörern einen Rat: Es gehe nicht um Herausposaunen neuester Erkenntnisse, wie er das wohl oft erleben musste, sondern er habe Anregungen für die mannigfaltigsten Versuche gegeben: Nicht-Fachleute sollten sich da bitte raushalten, denn es komme auf Seriosität an.

 

Michael Olbrich-Majer in Info3, Dezember 2015, http://www.info3.de