Portrait

Gedeihen mit Klee und Bohnen

Manfred Kränzler setzt beim Wachstum des Schönbergshofs auf gesunde Böden

Von Michael Olbrich-Majer

 

„Da schau: ein Regenwurm.“ Demeter-Landwirt Manfred Kränzler kann sich für seinen belebten, fein gekrümelten Boden ziemlich begeistern. Und greift auch auf dem nächsten seiner Felder zur Probe in die Erde. Prompt windet sich wieder ein Wurm durch die Bodenkrümel auf seiner Hand. Das ist auf den eher schweren Böden hier im Zollernalbkreis nicht selbstverständlich, was Kränzler merkt, wenn er Flächen von Nachbarn hinzupachtet, die mit der Landwirtschaft aufhören. Da müssen die Böden erst aufgebaut und belebt werden. Und auch das Unkraut sprießt, sobald nicht mehr gespritzt wird. 35 Hektar stellt der Landwirt zurzeit biodynamisch um, der Betrieb ist rasch gewachsen. 112 Hektar, halb Grünland, halb Acker, waren es bei der Übernahme 2003, jetzt sind es 260 Hektar.

Klee – Entwicklungshelfer für den Biobetrieb

Der klassische Aufbauhelfer für Biobauern ist das Kleegras. Auch für schwere Böden und kühles Klima, wie hier im Albvorland. „Das kann man nicht ersetzen“, sagt Manfred Kränzler. Schmetterlingsblütler beleben den Boden und sorgen mit ihrer Symbiose mit Knöllchenbakterien für Stickstoff im Boden. Kleegras verbindet diese Fähigkeiten von Rot- oder Weißklee bzw. Luzerne mit der Wurzelleistung der Gräser und schafft so eine nährstoffreiche Bodengare, 60 bis 100 kg N für die Folgefrucht plus jedes Jahr mehr als eine halbe Tonne neuen Humus. Und die Schnittnutzung über zwei Jahre erschöpft Samenunkräuter wie Wurzelunkräuter, sieht man mal von Quecke und Ampfer ab. Zum Klee gehörte einst selbstverständlich Vieh zum Verfüttern. Doch auch im Ökolandbau mehren sich die viehlosen Betriebe. Kleegras geht dann schon mal in die Biogasanlage, wird kompostiert oder gemulcht. Manfred Kränzler hält Mutterkühe, Mastrinder sowie zweieinhalb Dutzend Mastschweine. Und hat so Baustein zwei für fruchtbare Böden zur Verfügung: Mist. Der biodynamische Umgang damit perfektioniert dessen Wirkung noch durch Kompostierung und die eigens dafür geschaffenen Kompostpräparate – Bausteine drei und vier. Der Schönberghof gewinnt den Mist dadurch, dass die Tiere im Winter bzw. zur Endmast im Stall stehen.

 

Dennoch ist der Betrieb mit insgesamt 0,4 Großvieheinheiten je Hektar eher knapp mit tierischem Dung ausgestattet, zumal die entfernt liegenden Grünlandflächen. Umso wichtiger ist, dass die Leguminosenbestände wirklich gelingen. Im Grünland wird daher regelmäßig nachgesät, auch um den Kleeanteil hoch zu halten. Doch hilft zum Ausgleich auch Baustein Nr. fünf: biodynamische Spritzpräparate, vor allem Hornmist und das Fladenpräparat, das die Wirkung der Kompostpräparate kombiniert und z. B. zum herbstlichen Mulchen des Kleegrases gegeben wird: Letzteres wird im dritten Schnitt statt zum Kuhfutter zu Regenwurmfutter, die ersten beiden Schnitte werden für Heu, Silage und frisches Grün genutzt.

 

Das Kleegras steht am Anfang der Fruchtfolge des Hofes, bereitet den Boden nicht nur in der Umstellungsphase vor. Manfred Kränzler sät es als Reinsaat im August und gibt sich besondere Mühe damit: „Kleegras muss immer gut werden“, sagt er und legt Wert auf feines Saatbett und exakte Saat, die er mit der auf die Kreiselegge aufgesattelten Drillmaschine ausbringt. Die Blanksaat hat sich auf seinen Flächen bewährt, gibt einen Schnitt mehr und ist von Anfang an durchsetzungsfähiger als die Ansaat im Frühjahr. Untersaaten haben ihn nie so recht zufrieden gestellt, mal litt das Getreide, mal das Kleegras. Als Auflaufschutz und zur schnelleren Bodendeckung sät er manchmal in einem extra Arbeitsgang kurz vor der Kleeeinsaat ein Deckfruchtgemenge aus Erbsen Buchweizen und Sommerwicken ein. Die Ansaatmischung für das Kleegras stellt er selbst zusammen, variiert unter anderem den Grasanteil: auf hofnahen Flächen mehr Gras, auf den weiter weg gelegenen – 22 km liegen zwischen den entferntesten Feldern – bis zu 90 % Klee, weil dahin weniger Gülle und Kompost kommen. Rotklee, Weißklee, verschiedene Gräser, wobei er sicherheitshalber diploiden und tretraploiden Rotklee kombiniert. Auch Luzerne hat er schon versucht, die aber wurde zu stängelig und der Durchwuchs in der Folgekultur war schlecht in den Griff zu bekommen. Vor dem Umbruch schneidet er die Stoppel mit der Scheibenegge, um groben Schollen beim folgenden zweimaligen Grubbern vorzubeugen.

Lieblingsberuf Landwirt

Manfred Kränzler wollte immer schon Landwirt werden. Aufgewachsen auf einem kleinen schwäbischen Gemischtbetrieb mit der Liebe zu Landschaft und bäuerlicher Arbeit lebt er nun seit sieben Jahren seinen Traum. Zusammen mit seiner Frau Anke und Mitarbeitern, darunter sein Bruder Robert und Landwirt Christoph Weeber, bewirtschaftet er den Schönberghof bei Balingen. Dabei hatte ihm einst ein Lehrherr das Bauer-Sein so vergällt, dass er Holzmechaniker lernte. Später aber ergriff er die Landwirtschaft in Ausbildung und FH-Studium dennoch. Neun Jahre arbeitete er bei Bioland, war Mitbegründer der Erzeugergemeinschaft Rebio und Geschäftsführer der Bioland Handelsgesellschaft Baden Württemberg, dann überwog die Sehnsucht nach der Praxis. Die kleine elterliche Wochenend-Nebenerwerbslandwirtschaft gemeinsam mit seinem Bruder reichte ihm nicht mehr. So griff er zu, als die Fischermühle, eine anthroposophische Einrichtung in der Region, einen Nachfolger für ihren Hof suchte. Das Biodynamische und dessen ideeller Hintergrund war für Manfred Kränzler kein Grund zum Zögern. Im Gegenteil, es traf sich mit einer Suche, die noch keinen rechten Begriff hatte. „Das war für mich ein großes Glück“, sagt er heute und berichtet, dass er richtige Erkenntnissprünge gemacht hat durch Steiners Gedanken und erzählt von Erlebnissen, z. B. durch Meditation oder Bildekräfteseminare, bei denen sich ein neuer Blick auf die Welt erschloss. Außerdem: „Wenn ich etwas mache, dann mach ich es richtig und ganz“. Auch von der internationalen Landwirtetagung in Dornach ist er begeistert: Morgens mit einem dänischen Gemüsebauern, mittags mit einer australischen Viehzüchterin, abends mit einem Kohlbauern aus New York sich austauschen, das findet er, neben den Vorträgen, sehr anregend. Doch vor allem konzentriert er sich auf den Betrieb.

Dynamische Betriebsentwicklung

Der hat sich prima entwickelt, die Fläche mehr als verdoppelt, ist fruchtbarer geworden und besteht heute aus drei Bereichen: Landwirtschaft, Gärtnerei, und dem gewerblichen Teil. Neben Verarbeitung – Kränzlers vermarkten das Fleisch ihrer Tiere und lassen u. a. Maultaschen herstellen – umfasst dieser das Dinkelschälen, sowie Vermarktung für Kollegen. Ein modernes Getreidelager mit Reinigung steht in der Halle unter Wohnhaus und Stall. Seit 2008 gibt es eine zweite Hofstelle im 10 km entfernten Owingen. Dort wird Jungvieh gehalten und es soll auch ein artgerechter Schweinestall entstehen, auf dem Schönberghof fehlt dafür ein Auslauf. Das Streuobst pflegt der Baumwart Albin Leute, hier dürfen die Wiesen lang blühen vor dem ersten Schnitt – schließlich ist die Fischermühle Heimat von Mellifera e.V. und der dazugehörenden Versuchsimkerei. Auch Blühstreifen legt der Schönberghof an. Die biodynamischen Präparate stellt der Hof alle selbst her, mit einer Gruppe Menschen aus dem Umfeld. Inzwischen ist dafür eine Heilpraktikerin auf 400-Euro-Basis eingestellt. Und im letzen Jahr stand nebenan eine konventionelle Gärtnerei leer – zu verpachten. Manfred Kränzler kann da schwer nein sagen, möglichst viel Bio in der Region und weltweit ist einer seiner Wünsche.

Regionalverbunden engagiert

Dazu trägt wesentlich die enge Zusammenarbeit mit der Hofgut Fischermühle GmbH bei, die Frische-Kiste, Wochenmarktbeschickung und als Mitbetreiber der zwei regionalen Biosupermärkte b2 in den Kleinstädten Balingen und Rottweil für regionale Versorgung steht. (s. auch LE 5-2009, S. 31). Für Manfred Kränzler ist das Direktvermarktung in einer anderen Dimension, es ist ihm wichtig, nicht anonyme Märkte, sondern Menschen zu versorgen. Das Getreide geht fast vollständig an drei Demeter-Bäcker. Schon zu seiner Geschäftsführerzeit stand Regionalität für ihn im Vordergrund. So freut er sich auch über jeden, der umstellt, auch wenn er – ohnehin gut beschäftigt, dann öfters um Rat gefragt wird.

Bilanz biodynamisch: Boden und Humus gut

„Den Effekt von mehrjährigem Kleegras merkt man erst später“, ist die Erfahrung des Landwirts. Denn rechnerisch kann das Kleegras allein die Stickstoffbilanz des Betriebes nicht stemmen. Aber die Getreideerträge sind parallel mit der Entwicklung der Böden von 30 Doppelzentner auf im Schnitt 38 gestiegen, was sicher auch an den stattlichen Humusgehalten der Böden liegt, im Schnitt 6 %. Die Humusbilanz der Fruchtfolge liegt ordentlich im Plus, und das bereits ohne Mistkompost. Dazu trägt auch die Leguminosenzwischenfrucht nach Weizen bei – Wicken/Erbsen, für Landsberger Gemenge war die Fruchtfolge zu eng – sowie die später nach Hafer folgenden Ackerbohnen. Knapp ist Stickstoff eher auf dem Grünland, da reicht es nur für zwei Schnitte. Für Kränzler kommt es aber vor allem darauf an, „Wie kriege ich den Boden lebendig“, denn dann regele sich die Nährstoffversorgung von allein. Ab und an spritzt er neben den anderen biodynamischen Maßnahmen noch Baldrianpräparat, auch im Hinblick auf die Anregung von Phosphorprozessen. Der ist auf dem Kalkboden schwer verfügbar. Auch das Hacken belebt die schweren Böden „Das war richtig zu spüren“ und die Pflanzen standen besser, so dass Kränzler jetzt ganz auf Dammkultur umgestellt hat.

Getreide und Ackerbohnen in Dammkultur

Dazu hat er im Winter gleich vier Rahmen von Turiel gekauft, um im Frühjahr schlagkräftig zu sein und die Schrauberei beim Austausch von Scharen, Ketten, Schleppen etc. zu sparen. Knausern an der Technik kann sich der Vollblutlandwirt nicht leisten und hat auch zwei neue Schlepper mit Pflegebereifung angeschafft zum Hacken bzw. Häufeln. Denn jetzt sät er alle Ackerfrüchte außer Kleegras auf Dämme, sowohl Getreide als auch Bohnen. Zumindest bei Getreide fällt das direkt ins Auge, zwei Reihen auf dem Damm. Schon ein paar Jahre baut er Sorten aus biodynamischer Züchtung an, zurzeit hat er für die Demeter-Erzeugergemeinschaft in Stuttgart einen Versuch mit neun Dinkelsorten angelegt.

 

Auch die Ackerbohnen stehen jeweils in zwei Reihen auf einem Damm. Nach der abgefrorenen und mit Scheibenscharen eingemulchten Senfzwischenfrucht sät Kränzler mit der pneumatischen Sämaschine, gepackt auf einen Turielrahmen: 60 cm Dammabstand, 20 cm Abstand auf dem Damm, je früher und je tiefer, desto besser. Mit der Sorte Divine hat er gute Erfahrungen gemacht, sie ist früh, gleich nach Getreide reif und auch für Schweine und Hühner futtertauglich. Auf leichteren Böden sät er Erbsen, mal mit Leindotter, mal mit Gerste. Denen machen aber Spätverunkrautung und Erbsenwickler zu schaffen, die Erbse verträgt kalte Böden nicht gut. Bei den Bohnen hat er mit den Dämmen ein gutes Gefühl. Der Boden ist früher warm und abgetrocknet, das Unkraut ist durch Hacken anstatt wie vorher Striegeln besser in Schach zu halten und dank des supergaren Bodens ist auch von Schädlingen wie Läusen wenig zu befürchten. Die grüne Konkurrenz zwischen den beiden Bohnenreihen auf dem Damm will er mit einem zusätzlichen Federzinken am Rahmen erwischen. Die Ernte, ca. 45 dt/ha, muss in der Regel nachgetrocknet werden – Kränzler baut grade eine neue Trocknung. Sie dient als Futter für die Mastschweine, wird an Demeter-Legehennenbetriebe verkauft und demnächst als organischer Dünger in der Gärtnerei eingesetzt – das ist ihm lieber als z. B. Haarmehlpellets.

Wachsen mit neuen Wegen

520 Tonnen Getreide kann der Schönberghof schon lagern, doch Manfred Kränzler will noch erweitern. Im letzten Jahr haben fünf konventionelle Kollegen aus der Gegend beschlossen, auf Demeter umzustellen, zusammen 300 Hektar. Kränzler steht nicht nur beratend für Fragen zur Verfügung, er macht sich auch Gedanken über die Vermarktung. Und dazu gehört Lagerkapazität, die die Umsteller nicht haben, denn normalerweise geht die Ernte gleich zur Genossenschaft. Außensilos für weitere 580 Tonnen sollen gestellt werden. Dazu, zum tiergerechten Umbau des Stalls der zweiten Hofstelle in Owingen und zur Anfangsinvestitionen in der neuen Gärtnerei gehen die Kränzlers neue Wege der Finanzierung. Für die notwendigen 200.000 Euro an Investitionen gingen sie nicht zur Bank, sondern geben Genussscheine aus. Den personalisierten Umgang mit Geld fanden sie konsequenter als ein anonymes Darlehen. Motto: „Investieren Sie mit uns in eine gesunde Zukunft“. Bereits 20 Kunden beteiligen sich an dem blühenden Demeter-Betrieb. Mutig von Anlegern wie Landwirten – doch zeigt es auch, dass Menschen bereit sind, sich an der sozialen und ökologischen Zukunft ihrer Region zu beteiligen.

 

Betriebsspiegel Schönberghof

  • 260 ha auf bis zu 22 km verstreuten Parzellen, davon 120 ha Grünland und Streuobstwiesen (30ha)

  • 3 Betriebe: Landwirtschaft, Gärtnerei, Gewerbebetrieb

  • Mittlere bis schwere Böden 30 bis 70 Bodenpunkte, 480 bis 680 m über NN, Temperatur im Jahresdurchschnitt 7,2 °C,
    jährlicher Niederschlag 750 – 800mm

  • Fruchtfolge: 2jähr. Kleegras, Weizen/Feldgemüse, Zwischenfrucht Erbse/Wicke, Hafer/Möhren, Zwischenfrucht Senf, Ackerbohnen, Dinkel/Emmer, Roggen

  • 35 Mutterkühe und Nachzucht, 50 Mastrinder, 30 Mastschweine, 15 Alpakas, 4 Schafe

  • Landwirtschaft: 2 Mitarbeiter, 2 Teilzeitkräfte (Büro, Präparate) 2 Lehrlinge, Waldorfschulpraktikanten

  • Gärtnerei: 2 Mitarbeiter und Saisonarbeitskräfte

  • Gewerbebetrieb: Dinkelschälanlage, Maultaschenherstellung (Lohnmetzger), Getreidehandel

  • Vermarktung über Fischermühle Handels GmbH mit Wochenmarkt, Lieferservice und Beteiligung an den zwei regionalen Bio-Supermärkten b2, sowie Getreide an Bäcker

  • Verpachteter Betriebssteil: Gärtnerei Fischermühle (Christoph Koch),

  • Der Schönberghof ist gepachtet über den Verein Landkultur e.V. von der Stiftung Helixor

  • Manfred und Anke Kränzler, Schönberg 1, 72348 Rosenfeld-Isingen, 07428-3680, http://www.schoenberghof.de