Schwerpunkt

Präziser Ökolandbau

Fragen an Prof. Dr. Ulrich Köpke, Institut für Organischen Landbau, Universität Bonn

 

Sie hatten im letzten Jahr zu einem Workshop über precision farming und Ökolandbau geladen. Passt dieser elektronikbasierte Ansatz zum Ökolandbau?

 

Nicht alles, was angeboten wird, passt zu den spezifischen Anforderungen des Ökolandbaus. Potenzielle Einsatzbereiche sind Führung der Kulturpflanzenbestände durch Standort- und Ertragskartierung, teilflächenspezifische Düngung und Bearbeitungsmaßnahmen, effizienter Maschineneinsatz durch Routenplanung und Parallelfahrsysteme sowie ein optimiertes Qualitätsmanagement durch automatische Datenerfassung. Aber, warum sollten diese Techniken nicht zum Ökolandbau passen? In modernen Betrieben ist Elektronik doch in Schleppern und Maschinen umfänglich verbaut, im Stall und Büro mit PC und Laptop eingesetzt.

 

Welche technischen Novitäten sind für den Ökolandbau interessant?

 

Die Möglichkeiten des Technikeinsatzes sind im Bereich der Präzisionslandwirtschaft sehr vielfältig, deshalb nur einige Beispiele: Die kleinräumig auflösende Ertragskartierung hilft, Ursachen zu finden für Ertragsheterogenitäten innerhalb der Feldflächen. Darauf aufbauend lassen sich begrenzte Nährstoffe teilflächenspezifisch optimiert verteilen, der pH-Wert-korrigieren, aber auch mögliche Teilflächen für Naturschutzzwecke detektieren. Parallelfahrsysteme verhindern ungeregeltes Befahren und Verdichten der Feldflächen durch zentimetergenaues Anschlussfahren bei Pflege- und Erntemaßnahmen. Frühere Fahrspuren werden exakt wiedergefunden und genutzt. Beim Mähdrusch kann man per NIR-Analytik eiweissreiche von eiweissarmen Körnern trennen und eine höhere technologische Backqualität von Weizen sicherstellen.

 

Die Anwender sind bisher meist ostdeutsche Großbetriebe. Gibt es rentable Anwendungen auch für den Durchschnitts-Öko- Gemischtbetrieb?

 

Es ist richtig, die derzeitigen Nutzer sind vor allem technikaffine, ackerbaulich geprägte Betriebsleiter und das Interesse an Präzisionslandschaft steigt mit der Betriebsgröße. Viele Geräte stehen nur mit großen Arbeitsbreiten zur Verfügung. So lassen sich Ertragskarten mit hoher kleinräumiger Auflösung für kleine oder mittelgroße Feldflächen und Betriebe deshalb nicht erstellen, weil derzeit solche Systeme nur für Mähdrescher mit großer Schnittbreite erhältlich sind. Im Rahmen unseres Workshops stellte sich ein 60 ha-Bioland-Betrieb vor, der diesen Technikeinsatz im Wesentlichen durch seinen Lohnunternehmer ausführen lässt. Künftig werden Ertragskartierung und Parallelfahrsysteme für wettbewerbsfähige Lohnunternehmen ohnehin unverzichtbarer Standard werden.

 

Präzise arbeitende RealTimeKinematic(RTK)-GPS-gestützte und kamerageführte Hacken mit großer Arbeitsbreite – eine solche habe ich gerade auf dem Demeter-Betrieb Gut Döllnitz bei Halle bewundert – die bei hoher Fahrgeschwindigkeit die Hackmesser exakt bis 1 cm nah an die Pflanzreihen führen, sind grundsätzlich auch mit kleineren Arbeitsbreiten einsetzbar. Im selben Betrieb wurden Sojabohnen diagonal zur Reihe RTK-GPS-geführt mit einer groß dimensionierten Rollhacke bearbeitet. Nur so konnte ein enges Zeitfenster zur effizienten Unkrautregulation genutzt werden.

 

Methoden der automatischen Unkrautkartierung in Ackerflächen – für den minimierten Einsatz von Herbiziden entwickelt – ermöglichen grundsätzlich auch die Erstellung von Verteilungskarten seltener und gefährdeter Ackerwildflora und Anpassung der entsprechenden Pflegemaßnahmen. In der Arbeitsgruppe von Prof. Gerhards an der Universität Hohenheim wurde ein Hackstriegel eingesetzt, dessen Bearbeitungsintensität per Sensor in Echtzeit an den Deckungsgrad der Begleitflora und den Zustand der Kulturpflanzen angepasst wird, über den Eindringwiderstand der Zinken in den Boden. In mehrjährigen Feldversuchen zu Getreide wurden höhere Erträge im Vergleich zu einheitlicher Striegelintensität festgestellt. Einfache Sensoren, die lediglich die Rosetten von Wurzelunkräutern vor dem Hintergrund einer Strohmulchauflage erkennen, sind für unsere eigenen Versuche zur temporären Direktsaat von Körnerleguminosen und den möglichen Einsatz von natürlichen phytotoxischen Wirkstoffen bei gezielter Einzelpflanzenbehandlung verfügbar.

 

Precision farming ist ja auch eine Art Anbausystem: Kann der Ökolandbau davon lernen und umgekehrt?

 

Mit den Techniken der Präzisionslandwirtschaft können die Ziele des Ökolandbaus z. B. betreffend Ressourcenschonung, Umweltentlastung und Umwelt- und Naturschutzleistungen leichter erreicht und die Betriebsabläufe optimiert werden. Ihr intelligenter Einsatz ermöglicht auch besseres Verstehen kausaler Zusammenhänge. Der Ökolandbau kann dem precision farming für die Bereiche Naturschutz und Landschaftsgestaltung neue Einsatzgebiete erschließen. Denn diese Techniken zur automatischen Unkrauterkennung können auch zum gezielten Schutz der gefährdeten Segetalflora eingesetzt werden; eine Leistung, die häufig nur noch der Ökolandbau erbringen kann.

 

Fragen: Michael Olbrich-Majer