Lebendige Erde 4/2001:

Demeter-aktuell

Demeter-Marke und Ökosiegel

Gespräch mit Dr. Peter Schaumberger, Geschäftsführer von Demeter-Bund und Demeter-Marktforum, Darmstadt

Abb.: Demeter-Proviant für Frau Künast, überreicht von Peter Schaumberger
 
Die Bundeslandwirtschaftministerin hat entschieden: Es kommt das Ökosiegel auf EU-Niveau. Ist das im Sinne von Demeter und Bioland?
Ja, darauf haben wir intensiv hingearbeitet. Wir sind froh, dass es gelungen ist, mit dem Ökosiegel den Weg zu 20% Ökolandbau breit zu öffnen. Auf der sicheren Basis einer gesetzlichen Regelung ist es nun ein eindeutiges Zeichen für alle Verbraucher: Da ist Öko drin. Neben der Klarheit hat es den Vorteil, dass es auf der vorhandenen Basis rasch umgesetzt werden kann. Es bedarf keiner zusätzlichen Administration für Zulassung und Vergabe, es fallen auch keine Lizenzen an.

Das Thema Ökosiegel hat die AGÖL gespalten. Welche unterschiedlichen Positionen lagen in den Öko-Verbänden vor?
Zunächst: es war nicht nur die Siegelfrage, es waren auch die Arbeitsstrukturen in der AGÖL, die zunehmend zum Dissens führten. Die Verbände, die noch geblieben sind, setzten auf das - aus unserer Sicht glücklose - ÖPZ und ein etwas höheres Niveau als die EU-Richtlinien, aber auch schon weit weniger als die AGÖL Rahmenrichtlinien. Das verhieße mehr Sicherheit für die Verbände als Institutionen, ist aber auch eine Art Protektionismus. Über ein staatliches Zeichen lassen sich nicht zwei Öko-Niveaus, EU-Öko und "ein bisschen" besseres Öko, kommunizieren. Jeder, der das Siegel nutzen wollte, hätte von einem Verband zertifiziert werden müssen - zu aufwendig für viele Interessenten. Ein weiterer Streitpunkt war Ware aus der EU - und Drittländern, die eine große Rolle für den Handel spielt. Daran scheiterte auch die Einführung des ÖPZ. Jetzt kann jedes in Deutschland handelbare Ökoprodukt mit dem Ökosiegel versehen werden, Hersteller und Handel können, ohne jeden weiteren Verwaltungsaufwand sofort das Zeichen verwenden und in ihre Marketingkonzepte einbeziehen. Voraussetzung ist nur, dass das Produkt durch eine Ökokontrollstelle geprüft ist. Demeter und Bioland waren sich einig, dass nur so der Markt für Ökolebensmittel rasch in Schwung kommt. Und dadurch allen Öko-Betrieben nützt.
Von Anfang an haben wir gegenüber dem Ministerium aber klargemacht, dass das EU-Niveau in einigen Punkten angehoben werden muss (Beispiel Teilumstellung etc.). Dies muss in Brüssel rasch vorangetrieben werden, und dabei werden wir Frau Künast tatkräftig unterstützen.

Das ÖPZ kam nur äußerst schleppend in Gang. Wie beurteilen die potentiellen Hauptnutzer des Ökosiegels, der Lebensmitteleinzelhandel - sprich die großen Ketten - die Entscheidung Künasts?
Die Verbände des Lebensmittelhandels, die Naturkostbranche und die Verbraucherverbände haben sich deutlich für das EU- Niveau ausgesprochen Klarheit, Transparenz und einfache Realisierung standen auch dort im Vordergrund. Allerdings ist im konventionellen Lebensmittelhandel der Preiskampf noch so stark, dass sich die Unternehmen wohl auch bei Öko-Kost an Masse statt Klasse orientieren.

Was heißt das für den Biomarkt und für Demeter?
Der Markt ist eröffnet und zwar weit. Das bringt die Chance für eine rasche Zunahme an Biolebensmitteln. Allerdings muss die Umstellung hierzulande mitziehen und durch entsprechende Förderung unterstützt werden. Das Öko-Zeichen als Basis-Siegel lässt darüber hinaus Spielräume für individuelle Marketingmaßnahmen von Supermärkten und Naturkostfachhandel. In diesem Rahmen wird es aufbauend auf das Prüfsiegel auch in Zukunft eigene Marken für Bioprodukte geben: Demeter ist eine davon, die sich dem schärferen Wettbewerb mit deutlichem Profil und klarer Qualitätsaussage stellen kann. Eine Chance, die genutzt werden will - von jedem Mitglied.