Lebendige Erde 3/2002:

Demeter aktuell

Kreativität - gewußt wie
Neue Produkte will jeder Verarbeiter, doch der Weg dorthin muss gefunden werden.

Gunter Weiss

Haben Sie schon mal DiRoMa probiert? Keine Ahnung was das ist? Wir bis vor kurzem auch nicht! DiRoMa ist ein wohlschmeckendes Ergebnis der Produktentwicklung.

"Auf neuen Wegen mit ungewöhnlichen Methoden" war das Motto von Demeter-Verarbeitern bei der vom Forschungsring und vom Demeter-Marktforum veranstalteten Werktagung. Ende Januar beschäftigten sich u.a. Safter, Molker und Bäcker in schönster Rhöner Landschaft mit der Entwicklung neuer Produkte. Seminare zu diesem Bereich gibt es in Hülle und Fülle, doch die Verbindung von Kreativitätsübungen und Impulsen aus der Anthroposophie als Grundlage für die Entwicklung neuer Lebensmittel war einzigartig.
Konkret ging es von einfachen künstlerischen Erfahrungen über geisteswissenschaftliche Grundlagen bis hin zu Konzepten der Produktentwicklung und zur praktischen Umsetzung mit Lebensmitteln. Aus entsprechend unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern kamen die Referenten. Michael Bäumer ermöglichte als Kunsttherapeut den Einstieg in neue kreative Erfahrungsfelder. Die am Anfang der Produktentwicklung häufigen Fragen: "Wer kann entwickeln?" und "Wo findet Entwicklung statt?" erfuhren die Teilnehmer durch eigene Gestaltungsübungen. Hierzu bedarf es nicht mal besonderer Materialien. aus der unmittelbaren Umgebung führten die Teilnehmer Schritt für Schritt Gegenstände zusammen: Zweige, verschiedene Blätter, Tische, ein kleiner Gartenrechen und eine Halskoppel sowie eine Kaffeetasse und eine Flasche Schwedenmilch ergaben eine recht eigenwillige Komposition. Das Ergebnis und der Ablauf des Entstehungsprozesses erstaunte alle Mitwirkenden.
Auf eine ganz andere Seite der Produktentwicklung wies Nikolai Fuchs (landwirtschaftliche Abteilung Dornach) hin. Aus geisteswissenschaftlichen Hintergründen und der davon abgeleiteten Zielrichtung der Evolution, die er in einem anregenden Vortrag darstellte, ergibt sich ein übergeordnetes Ziel für die Kreation neuer Lebensmittel: die Menschheitsentwicklung. Durch Lebensmittel würde die innere Regsamkeit angestoßen und der Mensch benötige "Willensnahrung" zur Stärkung seines Willens, um sich weiter zu entwickeln. Fuchs weiter: "Der Mensch schafft sich die Kräfte erst in der Auseinandersetzung mit der Nahrung." Gerade deshalb sollten Nahrungsmittel Charakter haben. Dies gilt es zu fördern und zu entwickeln in der Erzeugung und Verarbeitung.

Die nächste Stufe war wieder kreativ-künstlerische Arbeit. Die Teilnehmer stellten Ihre Gefühle und Gedanken aus dem Prozess der kreativen Übung in Bildern und Worten dar. Aus dem Notierten stellte der Koch und Produktentwickler Martin Franz mit den Teilnehmern die vielfältigen "Zutaten" eines Entwicklers zusammen: Offenheit, Ruhe, Begeisterungsfähigkeit, Liebe, Freiheit, Kompetenz und Intuition - Voraussetzungen für den eigentlichen Entwicklungsvorgang. Die Neuschöpfung eines Produktes an sich ist dann ein Weg mit mehreren festgelegten Schritten, die allen am Prozess Beteiligten als Richtschnur und zur eigenen Überprüfung dienen. Nun waren die Teilnehmer gewappnet, um sich der praktischen Produktentwicklung zu stellen.

In drei Arbeitsgruppen bearbeiteten sie die Aufgabe "Reifer Mensch und Nahrhaftigkeit". Ein reich gedeckter Gabentisch war die Rohstoffbasis, um das Thema mit Lebensmitteln zu erschließen. Nach der Verinnerlichung und Abgrenzung des Themas wurde von den jeweiligen Gruppen ein erstes Lebensmittel als Ausgangsrohstoff ausgesucht. Die ausgereifte Rote Beete mit ihrem erdigen Geruch und "blutig"-lebendig aussehenden Innenleben wurde von einer der drei Gruppen als geeignetes Lebensmittel zur Nährung des reifen Menschen angesehen. Passende Freunde waren der süße Honig und die fruchtige Mango. Hierzu gesellte sich noch angekeimter und gekochter Dinkel, der mit seinem milden, nussigen Aroma sich gut eingliederte in diesen "Freundeskreis". Die drei Hauptkomponenten ergaben mit einigen Gewürzen eine überraschend wohlschmeckende Komposition, für die schnell ein Name gefunden wurde: DiRoMa. Die Entwicklungswege der beiden anderen Gruppen führten zu einer Paste aus Aprikosen, Äpfeln, Möhren und Sonnenblumenkernen sowie zu verschieden Teigtaschen gefüllt mit Möhren, Käse, Walnuß, Ingwer und Petersilie. Das entscheidende Ergebnis der Arbeit war jedoch das Durchlaufen des Prozesses. Die bewusste Auseinandersetzung mit der Aufgabe und den einzelnen Stufen des Kreierens sind wichtige Werkzeuge für die selbständige Produktentwicklung.
Nach dem abschließenden Erfahrungsaustausch stellte der Ernährungswissenschaftler Dr. Alexander Beck ( Büro Lebensmittelkunde &Qualität) dar, welche Ideen heute den Lebensmittel-Markt prägen und blickte auf die letzten 50 Jahren und die Stellung der Naturkostbranche zurück. Seit Jahren sind Hersteller von Ökolebensmitteln Trendsetter in Bezug auf innovative Konzepte vom Anbau über die Verarbeitung bis hin zum Kunden. Beispiele von Produktideen reichen von kaltgepreßten Ölen über Vollkornbrot bis zu vegetarischen Aufstrichen und einzelnen Sauermilchprodukten, wie etwa Schwedenmilch.
Dass dies weiter so bleibt und die Naturkostbranche ihre Innovationsfähigkeit fortentwickelt, dafür leistete dieses Seminar einen Beitrag. Denn insbesondere der biologisch-dynamische Landbau mit Qualitätsbewusstsein und seinen anthroposophischen Grundlagen bietet Verarbeitern hierzu beste Voraussetzungen. Wir sind also gespannt auf neue Demeter-Produkte und die nächste Werktagung zur Produktentwicklung.