Lebendige Erde 4/2005:

Berichte & Initiativen

Regiogeld und Landwirtschaft

von Marianne van Putten, Wirtschaftjournalistin mit Demeter-Betrieb in Oberfranken, tätig beim Regionetzwerk Deutschland

Mehr infos unter: www.regiogeld.de
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"Der Euro kann nicht alles," so Dr. Frank Schepke, Demeter-Bauer aus Schleswig-Holstein. "Deswegen brauchen wir Regionalwährungen, um die rezessive Wirtschaft wieder zu stärken." In Bremen hat es mit dem Roland angefangen, dann kombinierten Schülerinnen der Waldorfschule Prien jugendlichen Schwung und fachliche Kompetenz aus dem Unterricht ihres Wirtschaftslehrers Christian Gelleri und schufen den Chiemgauer. Im hohen Norden kam der "KannWas" dazu, und ganz still, im Schwarzwald, gründete sich der Markgräfler. An allen Ecken der Republik entstehen Regionalwährungen und beziehen meist ganz schnell Landwirtschaft mit ein: Sie brauchen die geschlossenen Kreisläufe, die Urproduktion.

Initiativ werden auch Bauern, und ziehen andere mit: "Auch ein anfänglicher Alleingang kann Erfolg haben," wie Frank Schepke sein Projekt heute im Rückblick sieht. "Andere kommen dazu, weil sie die Not unserer Zeit erkennen." Der Kannwas hat nach einem Jahr Laufzeit 330 Teilnehmer, der Chiemgauer-Verein inzwischen 650 Mitglieder und tauscht monatlich 40 000 Euros in Chiemgauer um. Sein Umsatz lag 2004 bei einem Wert von 420 000 Euro bei 250 Geschäften und Dienstleistern, 6000 Euro aus der Rücktauschgebühr konnten als Spenden für verschiedene Vereine gewonnen werden. Nach zwei Jahren Laufzeit sind das beachtliche Summen für das junge Unternehmen, gesamtwirtschaftlich sind es noch Zwergbeträge. Auch der benachbarte Sterntaler aus Ainring im Berchtesgadener Land kann nach neun Monaten Umlaufzeit einen Umsatz von 100 000 Euro aufweisen. "Von unseren 350 Mitgliedern sind ein Drittel Dienstleister und Geschäftsinhaber," so Franz Galler, Unternehmensberater und Sprecher für den Sterntaler. Geschicktes Management und hohe Popularität ist auch für Regionalwährungen eine Hilfe. Diese Voraussetzungen hat nicht jede der rund 60 Initiativen im Bundesgebiet, von denen zwölf bereits ihre eigenen Zahlungsmittel emittiert haben. Effiziente Kreisläufe in einer hochdifferenzierten Wirtschaft in Gang zu bringen, stößt auch auf Schwierigkeiten.

Nicht jeder Landwirt kann seine zusätzlichen Einnahmen aus diesen Gutscheinwährungen für regionalen Konsum verwenden, Versicherungen und Maschinen kosten zu viele Euros. Diese sind zwar leicht wieder rückzutauschen gegen die Regionalwährungen, weil die Umtauschsummen in Euro als Rücklagen auf Sicherungskontos gehen. Aber beim Umtausch büßt der Euro fünf Prozent an Wert ein. Das soll dazu dienen, die "Regios" im Land und im Umlauf zu halten. Die wenigsten Landwirte können auf diese Marge, wenn sie auch als Werbungskosten gelten, einfach verzichten. Zu knapp sind die Preise für landwirtschaftliche Güter kalkuliert, als dass diese zusätzliche "Regionalförderung" überall leicht erbracht werden kann.

Deswegen müssen zusätzliche Lösungen gefunden werden, wie sie beispielsweise in CSA-Gemeinschaften praktiziert werden. Bei CSA (Consumer Supported Agriculture , siehe LE 4-1995 bzw. 2-02: Buschberghof- oder 1-04: Kattendorfer Hof) garantieren Konsumenten durch einen festen Beitrag den Landwirten ein Mindesteinkommen, so dass die Fixkosten des Betriebes Deckung finden.

Was die Regionalwährungen bewirken, und weswegen sich Landwirte aus gutem Grund für diesen neuen Umgang mit Geld einsetzen, ist der Schulterschluss mit den Verbrauchern, denn die eigentliche Aufgabe der Wirtschaft, gegenseitige Bedürfnisse erkennen und decken, setzt eine intensivierte Kommunikation voraus. Es wird wieder mehr miteinander geredet. Margrit Kennedy, Impulsgeberin für die Regiobewegung und Autorin des Buches: "Regionalwährungen - Neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand", die viele der weltweit etwa 3000 Modelle komplementärer Währungen untersucht hat, bestätigt diese Tendenzen. "Sie mobilisieren ungenutzte Ressourcen und erhöhen die soziale Aktivität."

Die Hälfte des Aufwands bei den Regionalwährungen ist die Kommunikation. Nach Gernot Jochum-Müller, einem der Initiatoren eines umfassenden Projekts in Vorarlberg, wird nicht nur das Währungssystem, sondern auch das soziale System entwickelt. Oder wie es eine der jugendlichen Macherinnen von der Priener Waldorfschule formuliert. "Beim Geld hört die Freundschaft auf. Beim Chiemgauer fängt sie an."