Lebendige Erde 4/2001:

Biodynamisch

Wesensgemäße Haus- und Kleingärten

Max Karl Schwarz (+)

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, welch 'merkwürdiges Reich' Sie sich in Ihrem Garten erschlossen haben? Haben Sie je daran gedacht, dass Sie mit Ihrem Garten ein kleines Abbild jener Landschaft schufen, in welcher Sie leben? So ist tatsächlich der Garten eine aufs engste zusammengezogene Kulturlandschaft, welche von Ihnen gestaltet wurde. Man darf sagen, was da draußen in der Natur des Waldes zu erleben ist, kehrt in Ihrem Garten im einzelnen Laubbaum wieder. Was draußen in der Natur als Wiesen- und Weidegelände vorhanden ist, zeigt sich in Ihrem Garten als kleiner Rasen. Was Sie draußen an Ackerflächen finden, das sind im Garten die Beete. Das Gewässer in Strom, Fluss, Bach, Rinnsal, See und Teich spiegelt sich im Garten im Schöpfbecken oder in einem Planschbecken wieder. Auch das in der Landschaft so weit und vielfältig verbreitete Obst in Alleen, Obstplantagen, an Feldwegen, Feldrainen, auf den Viehweiden und in Bauerngärten ist im Garten in einzelnen Hochstämmen, Büschen, Spindelbüschen sowie im Beerenobst zu erleben.

Man sollte darüber glücklich sein, im Garten ein Stück Natur eingefangen zu haben, das liebevoll betreut werden kann und das solches Verhalten des Menschen durch Gesundheit und Fruchtbarkeit auch dankt. Der Garten kann dann ein Spiegel der menschlichen Seele sein. Dem Boden, den Pflanzen und auch den Tieren im Garten ist es anzumerken, ob sie sinnvoll gepflegt werden oder nicht. Das Wesensbild des Menschen drückt sich im Garten ab und verleiht ihm dabei einen eigentümlichen Charakter, denn kein Garten gleicht dem anderen, auch wenn sie in ihrer Grundstruktur gleichzeitig angelegt worden sind.

Das Wort Garten kommt von dem gotischen Wort "Gairdan" und heißt "umgürtet sein". Der Garten ist mit einem Hag umgeben. Das kann ein Reisigzaun, aber auch eine lebende Hecke sein. Das Wort Hag hängt mit dem Worte behaglich zusammen. Im Schutze eines Hages fühlt sich der Boden, die Pflanze, das Tier und auch der Mensch behaglich, d. h. wohl. Mit der Einrichtung von Gärten schafft der Mensch Behaglichkeit.
 

Wenn der Mensch ein Stück Land umhegt und es in seine Obhut nimmt, übernimmt er zugleich eine Verantwortung für ein gesundes Gedeihen aller dadurch in seine Abhängigkeit geratenen Wesen. Lässt der Mensch bei seinen Maßnahmen, Liebe, Freude und Sorgfalt walten, dann ist es ihm leicht gemacht, Erfolg zu haben und auf die Dauer Gesundheit und Fruchtbarkeit im Garten zu erzielen. Es kommt nicht auf das Wühlen und Schuften an, um aus eigensüchtigen Gründen etwas zu erreichen. Weit wirksamer erweist sich eine echte Hinneigung, eine hingebungsvolle Liebe zu den Wesen. Dafür gibt es genügend Beispiele. Oft ist zu erleben, wie Hausfrauen es verstehen, Topfpflanzen zur reichen Blütenentfaltung zu bringen, ohne etwa viel zu düngen. Allein die reine Freude vermag hier viel auszurichten. Das soll nur ein Hinweis für die Einstellung sein, die allen Wesen gegenüber einzunehmen ist.

Das Erste, worauf im Garten das Augenmerk zu richten ist, ist schon der Boden. Ein echter Gartenboden ist dunkelfarben, locker gefügt, bewahrt stets die Feuchtigkeit in sich, duftet würzig nach Walderde und es ist an ihm nicht viel zu tun, um ihn fruchtbar zu halten. Er ist ganz und gar das langsam herangereifte Erzeugnis aus dem Willen, aus Fleiß, Liebe und Verständnis des Menschen im Verein mit Pflanzen und Tieren, welche sich dabei als Bodenschöpfer betätigen.

Gar oft wird der Liebhabergärtner auf einen Boden angesetzt, der noch gar kein Boden ist, sondern nur eine Seite eines vollkommenen Bodengefüges vorstellt.

Ein Verständnis für das Werden eines Gartenbodens kommt nur zustande, wenn der Boden nicht für sich, sondern im Zusammenhang mit Pflanzen und Tieren betrachtet wird. Das erst bildet eine lebensvolle Einheit. Boden, Pflanze und Tiere wirken zusammen, um Fruchtbarkeit zu schaffen, um befriedigend ernten zu können, ohne ständig Raubbau zu treiben oder in Ängsten um schlimme Krankheiten und Schädiger, um zerstörend wirkende Witterungseinflüsse zu schweben.

Ganz allgemein ist festzuhalten, dass jeder Liebhabergärtner bemüht ist, organische Stoffe anzusammeln, um daraus Humus zu bereiten. Bei alledem fehlt aber die Geschicklichkeit, die der Regenwurm besitzt. Fruchtbarkeit beruht auf Vielfältigkeit. Wird das beim Herrichten eines Komposthaufens bedacht, ist schon viel getan.

Besonders segensreich wirken die Schmetterlingsblütler im Mischbestand, wofür sich besonders die Buschbohne, aber auch die niedrig bleibende Erbse eignet. Sie begünstigen das Wachstum der Nachbarpflanzen durch ihre Stickstoffsammlung und wachsen selbst üppiger heran, wenn sie nicht im geschlossenen Bestand gebaut stehen. Was wird eigentlich mit den Mischkulturen auf den Gartenbeeten nachgeahmt? Etwas, was dem Mischbestand auf einer Wiese entspricht, wo Kräuter und Gräser verschiedener Art zusammenstehen und sich selbst ein förderliches Dasein zu schaffen vermögen.

In einem wohl durchgebildeten Garten braucht man nicht zu wässern, wenn eine vorzügliche Kompostwirtschaft und Kompostanwendung eine sorgfältige Bodenabschirmung, eine räumliche Gliederung mit Beerenobst und Zwergspindelbüschen und schließlich eine äußere Abgrenzung des Gartens durch eine Hecke vorhanden ist. Dann schützt sich alles gegenseitig bestens und alle krassen Einwirkungen können abgewehrt werden. In trockenen Zeiten hat ein im vorgenannten Sinne eingerichteter Garten durch die erheblich vergrößerte Oberfläche seiner Grünentfaltung infolge der Hecken- und Strauchobstbänder und der dadurch erreichten Abgeschlossenheit vor aushagernden Winden, eine viel größere Taufähigkeit und eine Zurückhaltung der gespendeten Feuchtigkeit, so dass damit eine Art Feinwasserwirtschaft zustande kommt. Sie ist in Hinsicht der Güteentfaltung bei den Pflanzen wirkungsvoller als das Gießen und Plantschen mit Leitungswasser; zudem bleiben auch die Pflanzen gegenüber widerlichen Einflüssen widerstandsfähig.
 

Stets handelt es sich darum, der Pflanze fein zu kommen, dann antwortet sie auch fein. Die Pflanze ist unter dem Einfluss des Feinen voll hoher Nährkraft. Die Gemüse und Früchte haben einen ausgeprägt feinen Geschmack. Sie weisen sich durch eine hohe Haltbarkeit aus, voll Widerstandskraft, sowie Farbbeständigkeit und ein erstaunlich hohes Hektolitergewicht. Die Feinheit wird aus der Natur durch die Beachtung des Lebendigen in aller erster Linie erschlossen. Diese echte Güteleistung wird überall dort zustande kommen können, wo man den Garten wirklich lieb hat, wo der Liebhaber sich in einer Art ausleben kann, welche das Wesen des Lebendigen schätzt und es pflegt.

Noch eines ist im sinnvoll angelegten kleinen Garten unentbehrlich. Das sind die blühenden und duftenden Gewächse, welche neben der Freude an ihrer Schönheit und Luft auch innerhalb des ganzen Organismus bedeutsam sind. Mit dem Blühen und Duften werden ebenfalls wachstumsfördernde Kräfte erregt und vor allem Beziehungen zur Insektenwelt geknüpft. Es besteht ein sehr inniger Zusammenhang zwischen den Insekten und den Pflanzen. Auch hierfür ist die blühende Wiese ein beweiskräftiges Vorbild. In aller erster Linie sollten es Blüten- und Duftpflanzen sein, welche den Bienen genehm sind, denn die Bienen sind im kleinen Garten genau so tüchtige und wichtige Helfer für dessen Gesundheit und Fruchtbarkeit, wie es die schon erwähnten Regenwürmer sind. Können viel Bienen anwesend sein, brauchen andere Insekten, welche häufig als schädlich anzusehen sind, nicht zugegen sein.

Diese Art, den Garten als einen Lebendigen Organismus zu betrachten, wobei dem Menschen in die Hand gegeben ist, ein solches kleines Naturreich zu schaffen und es zu betreuen, also selbst der Schöpfer für ein glückliches Zusammenwirken zu sein, ist dem Gedankengut der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise entlehnt. Hier sei nur ein flüchtiger Überblick von mehr anregender Natur gegeben wie es unerlässlich ist mit dem ganzen Herzen bei der Sache zu sein, im Boden, in der Pflanze und den mit beiden im Zusammenhang stehenden Tieren. Wesen zu erblicken, denen feiner und viel inniger zu begegnen ist, als dies gemeinhin geschieht.
 

Auszüge aus einem Text des Gartenbauinspektors und Gartenarchitekten Max Karl Schwarz, (1963 in Worpswede gestorben) der als biologisch-dynamischer Gärtner und Auskunftsstellenleiter in Norddeutschland vor allem das Verfahren der Kompostierung ausarbeitete und propagierte. Der 15 Seiten umfassende Text "Wesensgemäße Einrichtung und Bewirtschaftung von Haus- und Kleingärten" wurde wohl als Beitrag für eine Zeitschrift oder ein Buch geschrieben und tauchte im Nachlass von Dr. Hans Heinze, ehemals Schriftleiter der Lebendigen Erde auf. Er ist jetzt zu finden im Literaturarchiv des Forschungsring. Weiteres unter www.Forschungsring.de unter Literaturrecherche oder über Michael Weiler, Archiv und Literaturdokumentation im Forschungsring. In der Literaturdatenbank sind u.a. über 100 Beiträge von M.-K. Schwarz erfasst.
 
Lust mitzumachen? Demeter-Hausgartengruppen gibt es in...
Bundesland
Gruppen
Mitglieder
Ansprechpartner
Telefon
Fax
Baden-Württemberg
20
840
Demeter Ba-Wü
0711/90254-0
0711/90254-54
Bayern
3
140
Demeter Bayern
08166/6204
08166/6274
Berlin-Brandenburg
1 AG
30
Demeter BB
033432/722-14
033432/722-13
Hessen
-
Fördermitglied
Demeter Hessen
06167/1565
06167/7341
Nordrhein-Westfalen
7
550
Demeter NRW
02302/6961-10
02302/6961-11
Nordwestdeutschland
(S-H, NS, Brem, HH)
8
120
HG-Berater
Hinnerk Lenz
05334/7355
-
Rheinland-Pfalz
-
50
Dem. R-Pf/Saar
06852/8023-93
06852/8023-94
Saarland
1
30
AG in Saarland
06821/89500
-
Sachsen
1
15
Demeter Sachsen
0351/268-5391
0351/268-2358
AG = Arbeitsgemeinschaft

Schau- und Lehrgarten biologisch-dynamisch

Auf der Landesgartenschau vor zwei Jahren zog er viele Besucher in seinen Bann: der "Garten der biologisch-dynamischen Anbauweise". Mit Bedacht auch ästhetisch angelegt zeigte er biologisch-dynamische Präparatepflanzen, Mischkultur und Fruchtfolge, Samenträger und Anbau nach dem Mond-Tierkreisaspekt. Kompost und ein Rührfass, Wurzelkästen , nützliche und schöne Pflanzen und eine Ruhebank machten anschaulich, was alles in einem biodynamischen Garten stecken kann, Schautafeln gaben Erläuterungen dazu.

Der Garten ist nach der Gartenschau umgezogen zur Gärtnerei Peter Berg, Niederfeld 1, 79590 Binzen, bei Lörrach und steht nach wie vor zur Besichtigung offen. Betreut wird er vom Verein zur Förderung der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise, (Regionalgruppe Dreiland) Postfach 1016, Binzen. Auch Führungen gibt es nach Absprache, zur Zeit jeweils 1. und 3. Samstag im Monat. (0 76 21 - 96 83 10)

Noch bis Oktober!