Lebendige Erde 1/2002:

Editorial

Mix it, Bauer!

So einfach wie ein bekannter Schauspieler für einen Energiekonzern wirbt, so locker können Biobauern (und nicht nur die) ihre eigene Mischung an Energie erzeugen und verkaufen. Und das aus ökologischen Quellen, nachwachsend oder von der Sonne geschenkt: Fotovoltaik aufs Dach, Biogas aus dem Mist, Holzschnitzel aus Wald und Hecken, Kraft von Wind- oder Wasser. Eine Kuh produziert Mist und jährlich das Äquivalent von 500 Litern Öl als verwertbares Biogas, ein Hektar Raps bringt im Schnitt 5000 l Öl (brutto), netto soviel Energie wie 18qm Solarkollektoren. Energieerzeugung ist zwar kein neues Standbein im Sinne von multifunktionaler Landwirtschaft. Aber ungenutzte Möglichkeiten aktivieren, um den Betrieb rundum ökologisch zu gestalten, ist ein Ziel, das vielen Biobauern ins Konzept passt. Sie betreiben Landwirtschaft so, dass sie das Leben und die Umwelt dauerhaft erhält. Zur Geschlossenheit als einem der betrieblichen Ziele gehören auch die nichtlandwirtschaftlichen "Kreisläufe" wie Energie oder Abfälle.

Ökolandbau braucht nur zwei Drittel der Energie der konventionellen Landwirtschaft - ein Kilo Stickstoffdünger kostet ungefähr zwei Liter Öl. Die flächendeckende Umstellung würde für die Agrarproduktion das Regierungsziel von 25% CO2- Minderung verwirklichen. Es ist aber noch mehr "drin": zur Zeit stimmen auch die Gesetzeslage und staatliche Förderungen, das sollten Landwirte nutzen.

Auch wenn zuviel Technik manchem Landwirt ein Gräuel ist, sie bietet die Chance, konkretes für die Umwelt zu tun, nicht nur zur Gewissensberuhigung oder für's landwirtschaftliche Image. Mit technischen Mitteln kann man auch in den Bereichen der Landwirtschaft, die nicht lebendig sind, nachhaltig wirtschaften. Die Beispiele in der vorliegenden Ausgabe sollen dazu anregen, im eigenen Betrieb Möglichkeiten zu entdecken. Oft sind Verbesserungen schon im Kleinen möglich und bringen auch Arbeitserleichterungen wie z. B. mobile Solartechnik, Brauchwassernutzung oder sie erhöhen die Qualität des Erntegutes wie durch solare Heutrocknung. Auch die Arbeitsqualität kann man verändern, bei der Pferdearbeit erlebbar, energiesparend ist das sowieso.

Eine anderer Blick auf Energie ist die Frage, wie schöpfe ich als Tätiger Kraft, um aufmerksam für Lebendiges zu sein, das Wesentliche im Betrieb im Auge zu haben? Da kann Technik manchmal den Blick verstellen, Kraft und Konzentration abziehen - auch Geld und Zeit. Auch hier gibt es wie von der Sonne Energie und Inspiration "umsonst und draußen" - wenn man sie anzuzapfen versteht. Das geht unter anderem durch Sammlung und Übung, bewusstes Wahrnehmen der Natur und durch das Gespräch - erquickender als Licht, wusste schon Goethe. Anregungen gibt auch z.B. die diesjährige Internationale Landwirtschaftliche Tagung mit dem Thema "Umgang mit Technik - Arbeit mit Lebendigem" Anfang Februar in Dornach, eine Reihe Gesprächsgruppen laden zum Austausch ein. Oder man nutzt die Winterzeit, bespricht mit Freunden und Kollegen einmal Aspekte des Betriebes, die sonst zu kurz kommen.

Ihr
Michael Olbrich-Majer