Lebendige Erde 1/2003:

Editorial

Was heißt Erfolg?

Zeigt sich am großen Schlepper, dass ein Landwirt erfolgreich ist? Bestimmt nicht. An schönen Beständen, guten Erträgen, stimmendem Umsatz? Daran, dass die Familie oder die Betriebsgemeinschaft harmonisch läuft, nicht nur die Arbeit? Oder daran, dass sich andere für seine Arbeit interessieren - auf den Hof kommen, z.B. als Kunden, Helfer, Besucher, Kollegen?

Es gibt sicher noch mehr Möglichkeiten, Erfolg zu definieren, meist ganz persönlich und betriebsindividuell. Was dem einen gelungen, ist für den andere ein alter Hut oder gar nicht wichtig. Endlich geschafft die Hecke anzulegen, in diesem Jahr angefangen, erstmals selber zu züchten, oder begonnen, den neuen Stall zu planen, auch die kleineren Ziele tragen zum Gefühl des Erfolges bei. Und das Gefühl ist wesentlich!

Denn wer seine Sache mit Lust und Laune macht, andere anstecken kann mit seiner Begeisterung, zum Beispiel für´s Biologisch-Dynamische, der findet hier die Früchte des Erfolgs. Dazu bedarf es keines großen Schleppers. Und wenn ein "alter" Demeter- Betrieb auch Nachfolger findet, z.B. die Kinder einsteigen, dann ist das ein besonderer "Erfolg" - der nichts mit Gewinn etc. zu tun hat, gleichwohl aber auf positiven Zukunftsaussichten erwächst.

Nicht bei allen Bio- und Demeter-Höfen ist das so einfach. Oft sind große Investitionen nötig, oder mehr Gewinn, und nicht wenige Betriebe gehen an´s Eingemachte. Kein Wunder: In den letzten Jahren sinken die Preise für Öko-Erzeuger, der Druck, wie im konventionellen System zu arbeiten, steigt. Die Arbeitslast ist trotz zunehmender Spezialisierung nicht geringer, zudem leidet das Ansehen durch Skandale, die die konventionelle Landwirtschaft verursacht: Und die Politik scheint trotz Aufbruchstimmung hektisch daneben zu langen. Auf der Höhe ihres Erfolges, und der soll ja auf 20% der Landwirtschaft insgesamt abfärben, macht sich bei vielen Biobauern Katerstimmung breit.

Klar, es gibt den ökonomischen Erfolg der Mehrzahl der Biobetriebe, die meisten Bio-Betriebsleiter sind einfallsreiche Menschen. Doch in Zukunft? Die Abhängigkeit von Modulations- und Subventionsprogrammen begeistert keinen Landwirt, zunehmende Auflagen, Papierflut und Kontrollwut auch nicht. Für Demeter Betriebe kommen dazu noch ihre besonderen Ansprüche: biologisch-dynamische Präparate, eigenes Saatgut, Stallbauten in Extragröße für Kühe mit Hörnern - all das kostet mehr als Normalbio, aber wird es auch wert - geschätzt, bezahlt? Denn, Landwirtschaft ist für die Anderen da, der Landwirt ist Dienstleister für die Ernährung anderer Menschen, ob mit Lebensmitteln, Landschaft oder Erlebnissen.

Trotzdem, die wesentliche Qualität der Arbeit ist die Freude daran. Und die weiter zu geben, im Produkt , aber auch darin, wie Hof und Bewirtschafter erlebt werden, ist essenziell. Wohl auch deshalb suchen in den letzen Jahren Menschen von Demeter-Höfen neue Wege der Weiterentwicklung: Die Landwirtschaft wird intensiviert oder abgerundet, die sozialen Verhältnisse auf dem Hof werden neu gefasst oder darüber hinaus erweitert, neue Lebensgebiete kommen hinzu. Das wird oft geplant angegangen - im gemeinsamen Gespräch mit vertrauten Kollegen oder in Seminaren bzw. Coaching zur Betriebsentwicklung.

Im Landwirtschaftlichen Kurs spricht Steiner von rationeller Landwirtschaft. Zwei Standbeine gehören dazu: Die Weiterentwicklung der Demeter-Betriebe dahin, dass die im Betriebsorganismus entstehenden ätherischen Kräfte gestärkt werden, z.B. durch intensiven Präparateeinsatz, biologisch-dynamisches Saatgut, eigene Tierzucht, Umkreisbezug und vielleicht neue, noch zu erforschende Kunstgriffe. Zweitens sind geeignete soziale Bedingungen zu schaffen. Um andere Wirtschaftsformen können wir uns selbst bemühen, der politische Rahmen und zuvor das öffentliche Bewusstsein müssen aber auch verändert werden. Ziel sind ehrliche Preise, die sagen, was ein Lebensmittel wirklich kostet, die Folgekosten einbeziehen, statt sie auf die Allgemeinheit zu verlagern.

Ihr
Michael Olbrich-Majer