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Lebendige Erde 4/2001:EssayWas hat die Wurzel mit der Laus zu tun?
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Erscheinungszusammenhang: Blatt-Wurzelgleichgewicht Unter Gleichgewicht wird in der biologischen Schädlingsregulierung normalerweise jenes zwischen Schad- und Nutzorganismen verstanden. Dieses Verständnismuster vor Augen stand ich vor einem Feld mit Ackerbohnen, wo sich auf dem Vorgewende und im Feld eine unregelmäßige Verteilung von Pflanzen ergab, die mit der Schwarzen Bohnenlaus (Aphis fabae) befallen waren.
Da zeigte sich: Nur, wo auf dem Vorgewende der Boden schlechte Struktur besaß oder die Pfahlwurzel durch Engerlinge oder Drahtwürmer beschädigt oder abgefressen war, da waren die Pflanzen auch stark mit Läusen befallen. Über die Jahre fand ich viele Beispiele davon, wie die Gesundheit der Pflanzen allgemein, aber auch hinsichtlich ihrer Freiheit von saugenden Pflanzengästen von der Entwicklung im Boden abhängen. Wo fanden sich besonders viele Schäden?
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Wirkungszusammenhang: Die grüne Pflanze muss die Wurzel ernähren![]() Der pflanzliche Ausdehnungsprozess des Frühjahrs weist über das Nur-Pflanzliche selbst weit hinaus. Farbe und Wärme der Blüten können wir ja nur verstehen, wenn wir berücksichtigen, wie sehr sie vom Astralischen geprägt sind. Wenn nun eine Stockung auftritt, hilft zuweilen Anregung. So werden Erfahrung mit Kaffee bei Bohnenläusen oder Brennnesselkaltwasserauszug bei vielen Gemüsearten verständlich. Beide Mittel kennen wir auch als Hausmittel: Kaffee aktiviert Ätherkräfte, Brennnesselkaltwasserauszug ist ein erfrischendes Bad für müde Unterarme oder Füße. |
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Ordnungszusammenhang: Geben und Nehmen zwischen Pflanze und Tier Aus Gründen des besseren Verständnisses sei ein kurzer Exkurs durch Begrifflichkeit und Modellvorstellungen der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise eingeschoben. Demnach sind Ätherkräfte (auch als das Ätherische oder Bildekräfte bezeichnet) Wachstumskräfte, die besonders den Pflanzen eigen sind. Astralkräfte (das Astralische) beruhen auf dem Ätherischen und können als besonders den Tieren eigene Seelentätigkeit beschrieben werden. Überall im Lebendigen muss das "Geben und Nehmen" zwischen Ätherischem und Astralischem im Gleichgewicht sein. Dieser Ansatz wird nicht nur in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, sondern auch in der anthroposophischen Medizin gepflegt. Das Wesen vieler Krankheiten wird dort als Ungleichgewicht zwischen Äther- und Astralkräften verstanden und behandelt. Im "Landwirtschaftlichen Kurs" wird im zweiten Vortrag der "auf den Kopf gestellte Betriebsorganismus" dargestellt: die Erdoberfläche als Zwerchfell verbindet das über der Erde im "Bauch" Befindliche mit dem, was als das rhythmische Herz-Lungen-System verstanden wird. In Bezug auf die Prozesse heißt dies, dass über der Erde mit dem Leberprozess eher die Assimilation, also das eigentlich Pflanzliche als Wirksamkeit des Ätherischen, zu beobachten ist. Unter der Erde ist mit dem Lungenprozess im rhythmischen Pol eher Astrales, "Tierisches" tätig, welches von seiner Physiologie her auf der Umwandlung, dem Abbau ätherischer Kräfte beruht. Während über der Erde also Prozesse von Energieaufnahme vorherrschen, ist die Wurzeltätigkeit eher durch Energieabgabe in Form von Wärme und organischen Verbindungen sowie durch Ausscheidung von Kohlendioxid gekennzeichnet. Dies ist ein Frühjahrsaspekt im Rhythmus der Pflanzenpolarität. Hier gibt es ein Geben und Nehmen, wo die grüne Pflanze gibt und der Bodenpol nimmt. Eine Störung in diesem Fluss muss sich einen Ausweichweg, einen Nebenstrom, suchen. Das Gleichgewicht zwischen Wachstumskräften ("ätherischen Bildekräften") und Entwicklungen, welche wir auch in Blüte, Frucht, Reife und tierisch-beseelter Lebenstätigkeit (astralischen Kräften) beschreiben, unterliegt einem jahreszeitlichen Rhythmus. Damit erhält der Wechsel der zu beobachtenden Organismen hinsichtlich Wirt und Pol neue interessante Gesichtspunkte. Apfelgraslaus und Blutlaus beispielsweise sind jahreszeitlich jeweils dort zu finden, wo eine Ausdehnung zu beobachten ist, welche ihnen Lebensgrundlage bietet:
Das normale Geben und Nehmen zwischen Ätherischem und Astralem in der Pflanze will seine Ordnung haben. Eine Übervermehrung saugender Schädlinge und eine Schadwirkung muss also als "richtige Belebung am falschen Platz" angesehen werden. Wenn sich die astralen Ausdehnungsprozesse nicht hinreichend im Wurzelbereich abspielen können, suchen sie sich ihren Weg als von der Natur "vorgesehener" Ausweichprozess woanders am gleichen Standortorganismus. |
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Ernährungszusammenhang: höchste Ordnung![]() Ein solches Durchgangsstadium von Besiedlung mit Läusen ohne Schadenssymptome können wir jedes Jahr insbesondere an Holunder feststellen. Wie sehr sich der Zusammenhang als normal und zur Ordnung der Natur gehörend ausnimmt, haben Wissenschaftler in Hannover beschrieben: Ackerbohnen, welche sie daran hinderten, vorübergehend Läuse zu haben, brachten später geringere Erträge aufgrund schlechteren Wurzelwachstums. Das Geben und Nehmen in der Natur hat also eine höhere Ordnung als wir meist annehmen. Das auf Goethe zurückgehende Zitat von Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs "In der Natur lebt alles durch Geben und Nehmen." nimmt Bezug auf Dante, welcher in seiner Göttlichen Komödie die - ich muß es so nennen - "quasimoralische Ordnung in der Natur" besingt. Die kann man wie geschildert auch "sehen", wenn man vordergründig nur die Frage saugender Pflanzengäste "vor Augen" hat. Was wir also gewinnen, wenn wir uns recht mit einer Sache beschäftigen, ist eine Anschauung von Wirkungszusammenhängen, die wir nur vor unserem geistigen Auge als wirklich und wahr entdecken können. Das ist nicht ganz einfach. Vielleicht ist es einfacher, wenn wir nach biologisch-dynamischem Verständnis berücksichtigen, dass die Natur ein Innen und ein Außen hat. Insofern können wir die uns so leicht irritierenden Pflanzengäste eben als geäußerten Prozess eines notwendigen inneren Gleichgewichtes verstehen, um welches der ganze Organismus Standort ringt. |
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Therapiezusammenhang: Atmungsgleichgewicht Zu dem genannten Goethezitat sagt Rudolf Steiner, mit dem Verständnis dieses Satzes sei früher eine instinktiv-hellseherische Einsicht in die Natur verbunden gewesen. Später habe man nicht mehr verstehen können, was Goethe damit gemeint hat. Nun wörtlich: "Er spricht auch vom Atmen, insofern das Atmen mit dem Stoffwechsel in Beziehung steht, von Nehmen und Geben. Klar-unklar hat er dieses Wort angewendet." Aus Erfahrung wissen wir, wie hilfreich bei Blattlausproblemen - je nach Kultur - eine Baumscheibe, eine Hackmaßnahme, Mulchen oder Häufeln sein können.
In unserem Vorgarten steht ein Pfirsichbaum, der letztes Jahr in seiner Krone nur dort Blattläuse hatte, wo die Baumscheibe verdichtet war. Der Kompost wurde zwar überall gleichmäßig verteilt, aber an der betreffenden Stelle wird nicht nur regelmäßig das Salatwaschwasser ausgeschüttet, sondern auch der Rasen betreten. Von den Zeigerpflanzen her ist alles deutlich, wenn man sieht, wie Wegerich und Gänsefingerkraut sich dort wohlfühlen. Da kann der Boden nicht atmen. Ich fotografierte den Pfirsich als schönes Beispiel für den Zusammenhang Boden-Pflanze. Wie ich nun dieses Frühjahr das erste Mal einen Bodenelektrolyten ausprobieren konnte, nahm ich mir fest vor, gut zu beobachten. Der Atmungszusammenhang innerhalb eines Organismus verläuft als Energieübertragungsweg mithilfe von Elektrolyten. Terralyt z.B. ist ein solcher und als genehmigungsfreier Bodenhilfsstoff auch für den ökologischen Landbau zugelassen. Es besteht aus organischen Natriumverbindungen, welche - wie die Elektrolyte in uns auch - die innere Atmung im Standortorganismus fördern. Für mich war es ein wichtiges Erlebnis, in diesem durch seine Trockenheit und Wärme sonst als Blattlauswetter zu erlebendes Frühjahr zu sehen, wie im Gegensatz zu früheren Jahren zunächst keine Läuse auftraten, und als sie dann kamen, sie kaum Schäden anrichteten. Blätter und Triebe bleiben dieses Jahr weitestgehend gestreckt. Ob ein Verständnismuster stimmt, kann mansicher nur überprüfen, wenn es praktisch anwendbare Konsequenzen bringt; sonst ist es schöne Theorie. Das Verständnismuster "Atmungsgleichgewicht" wird weiter erforscht werden müssen. Hinsichtlich von Zitaten im Landwirtschaftlichen Kurs, wo es um das Geben und Nehmen zwischen Pflanzlichem und Tierischem mit Hinweisen auf die Atmung geht, ergeben sich so immer konkretere Hinweise auf ein besseres, praxisrelevantes Verständnis des Naturprozesses, der zuweilen viele neckische Tierchen ernährt. |
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Dipl.-Ing. agr. Hartmut Heilmann, Freier Forscher für ökologischen Landbau Birkenstr. 10, D-74592 Kirchberg/Jagst E-Mail: hartmut.heilmann@t-online.de |