Gene und Umwelt als Bedingungen der Artentfaltung
Dass für die verschiedenen Arten die Gene als Werkzeuge ihrer Selbstverwirklichung
funktionalisiert werden, soll im folgenden mit einem Beispielen aus
der molekularbiologischen Forschung gezeigt und daran anschliessend
die Konsequenzen dieser Anschauung für die Praxis aufgezeigt werden.
Bei einer Untersuchung (WURBEL, 2001) wurde Mäusen das Gen für einen
Rezeptor ausgestaltet (sog. knock-out), dem eine entscheidende Rolle
bei der Gedächtnisbildung zugeschrieben
wird. Mit drei Monaten wurden die Tiere mehreren Gedächtnistests unterzogen.
Dabei stellte sich heraus, dass Tiere mit diesem ausgeschalteten Gen
(knock-out-Mäuse) sich im Gegensatz zu Geschwistern nicht an tags zuvor
Gelerntes erinnern konnten - aber nur bei Aufzucht im unstrukturierten
Standardkäfig. Bei Mäusen aus angereicherter und somit artgerechterer
Haltung hatte der knock-out keinen Effekt. Trotz des "ausgeschalteten"
Gens konnte also unter artgemässen Bedingungen der Verlust der "genetischen
Information" wettgemacht werden. Dies ist eigentlich leicht einzusehen,
kann doch unter artgemässen Haltungsbedingungen die Art der Mäuse besser
in ihren Organismus eingreifen und ihn so ausgestalten, wie es ihrer
Intention entspricht. (Eine ausführliche Übersicht über solche und ähnliche
Phänomene findet sich bei RIST, L. 2001.)
Bedingungszucht
An dem geschilderten Beispiel wird klar, dass die Art in
ihrer geistig-seelischen Potenz als "das Wesen des aus sich selbst
bestimmenden entelechischen Prinzips", immer und überall im Organismus
waltet (z.B. im Immunsystem). Sie kann dies umso besser, je günstiger
die Bedingungen sind, die dort herrschen. Es lassen sich vier Bedingungsbereiche
unterscheiden. Zu den terrestrischen Bedingungen gehören die
äußeren Umwelteinflüsse (Wärme, Licht, Feuchtigkeit, Nährstoffgehalt
etc.). Zu den kosmischen Bedingungen gehören der Stand von Sonne,
Mond und Planeten zueinander und zum Fixsternhimmel (STEINER, 1924).
Dies wurde auch experimentell mehrfach nachgewiesen (SPIESS, 1990; ZÜRCHER,
1992; THUN, 1993.)
Der dritte Bedingungsbereich umfasst die genetischen Bedingungen.
Sie stammen von den Vorfahren und stellen mehr oder weniger günstige
innere Voraussetzungen für den Organismus dar, um sich den Intentionen
der Art gemäss zu entwickeln. Sie können auch als "Erinnerung" an die
Vorfahren gedacht werden. Der praktische Züchter ist ja auch bestrebt,
die günstigsten äusseren Bedingungen mit der günstigsten Erbsubstanz
(innere Bedingung) zusammenzubringen. Der vierte Bedingungsbereich ist
eine artgemässe Mensch-Tier-Beziehung (nicht Wildtier und nicht Kuscheltier).
Durch die optimale Gestaltung aller Bedingungen wird es dann auch der
Art - über mehrere Generationen (STEINER, 1924) - möglich, ihre genetische
Substanz optimal auszugestalten. Dem könnte man entgegenhalten, dass
durch einen genmanipulatorischen Eingriff in die Erbsubstanz diese ebenfalls
zu verbessern wäre. Dazu muss man aber bedenken, dass auch bei einer
Optimierung der Umweltverhältnisse bzw. der Haltungsbedingungen die
Art nicht gezwungen wird, etwas Bestimmtes zu tun, sondern man lässt
ihr die Möglichkeit, das zu tun, was ihr entspricht. Da die Art unter
artgemäss optimalen terrestrischen und kosmischen Bedingungen den Gesamtorganismus
- zu dem auch die Erbsubstanz gehört - optimal artgemäss ausgestaltet,
wird auch die Erbsubstanz über die Generationenfolge (unter optimalen
Entwicklungsbedingungen) immer artgemässer.
Auf diese Weise werden durch Optimierung der Umweltbedingungen auch
die genetischen Bedingungen immer optimaler, immer artgemässer. Denn
letztere können von den eigenaktiven Arten um so besser funktionalisiert
werden, je artgemässer die anderen Bedingungsbereiche schon sind. Wir
müssen also den Arten diejenigen Bedingungen schaffen, die deren aktives
Eingreifen in das physiologische und genetische Geschehen fördern, auf
dass sie ihre genetische Substanz immer mehr ihren eigenen Bedürfnissen
- die natürlich immer artgemäss sind - anpassen können.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass für eine biologisch-dynamische
Zucht sowohl die weiblichen wie die väterlichen Tiere aus einem biologisch-dynamisch
bewirtschafteten Hof kommen müssen (vgl. SPENGLER NEFF, 1997), da andernfalls
immer wieder "Erinnerungen" aus anderen Bedingungserfahrungen mit hineingemischt
werden und der ganze Prozess wieder von vorne beginnt. Das heisst, dass
dort, wo es nicht möglich ist, einen eigenen Stier zu halten, dann eben
ein Stier aus einer biologisch-dynamischen Herde beizuziehen ist, da
die Unterschiede zwischen biologisch-dynamischen Höfen kleiner sind
als zwischen biologisch-dynamischen und konventionellen. Dass für eine
biologisch-dynamische Zucht keine künstlichen Besamungen, Embryotransfer
und Genmanipulation in Frage kommen ergibt sich schon fast von selbst.
Mit
diesem aktiven Artbegriff verbindet sich auch ein Verständnis der "harmonisierenden
Wirkung" der biologisch-dynamischen Präparate. Damit beschreibt man
in der Literatur (KOENIG, 1993) die Beobachtung, dass je niedriger das
Ertragsniveau, desto höher der Präparate-Effekt ist und dass auf einem
sehr hohen Ertrags-Niveau der Präparate-Effekt sogar zu einer Ertragsdepression
führen kann. Da diese Präparate nicht kausal wirken können, sondern
eine günstige Bedingung für die entsprechenden Arten darstellen, wird
verständlich, dass der beobachtete Effekt je nach Gesamtlage anders
aussehen kann. Bei einem niedrigen Ertragsniveau können durch die Präparate
günstigere Bedingungen für das Eingreifen der Pflanzenarten geschaffen
werden, was dann auch den Ertrag erhöht. Bei einem hohen Ertragsniveau,
wenn z.B. bei einer Überversorgung mit Stickstoff die Pflanzen mehr
Substanz bilden, als eigentlich ihrer Art entsprechen würde, schaffen
die Präparate wiederum günstigere Bedingungen, dass die Art den Aufbau
der Gestalt ihres Organismus besser bewerkstelligen und die Substanzeinlagerung
auf das artgemässe Niveau reduzieren kann. Dadurch wird auch klar, dass
der Ertrag in Kilogramm nicht unbedingt der adäquate Massstab ist, um
die Qualität einer Pflanze zu bestimmen. Das gilt selbstredend auch
für die Milchleistung. Unsere Aufgabe als Menschen bei diesem Geschehen
liegt nicht darin, gewaltsam den Arten unsere eigenen entarteten Intentionen
aufzuzwingen, sondern im Optimieren der Bedingungen, auf dass sich die
Art möglichst frei von äusserem Druck entwickeln kann. Dies ist ja auch
das Ziel eines artgemässen Pflanzenbaus und einer artgemässen Tierhaltung,
wie sie in einer biologisch-dynamischen Landwirtschaft angestrebt wird.
Dass damit die Nahrungsqualität der betroffenen Pflanzen- und Tierarten
nicht schlechter, sondern besser wird, ist ebenfalls schon experimentell
gezeigt worden (BALZER-GRAF, 1992).
Für eine biologisch-dynamische
Zucht müssen sowohl die weiblichen wie die väterlichen Tiere
aus einem biologisch-dynamische bewirtschafteten Hof kommen.
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