Lebendige Erde 6/2001:

Extra

Ökologischer und biologisch-dynamischer Landbau
Was sind die Unterschiede in Praxis und Grundlagen?

Nikolai Fuchs

Was unterscheidet ökologischen und biologisch-dynamischen Landbau?
Die sogenannte Agrarwende, die Einführung des neuen Bio-Siegels und die Entwicklung des ökologischen Landbaus insgesamt werden zukünftig stärker die Frage aufwerfen, was Biologisch-dynamischen von Ökologischem Landbau unterscheidet. Gemeinhin wird gesagt, dass sich der verbandsgebundene Ökologische Landbau und besonders der Biologisch-dynamische- bzw. Demeter-Landbau durch „strengere Richtlinien” vom ökologischen Landbau, wie er durch die EG Verordnung 2078/92 beschrieben ist, abhebt.
Horntragen Pflicht: biologisch-dynamische Kühe

 

Verbände unterscheiden sich vom EU-Niveau und untereinander
Hauptsächlich durch drei Dinge unterscheidet sich der verbandsgebundene ökologische Landbau, also die AGÖL-, Bioland- und Demeter-Betriebe, vom Niveau des EU-Ökolandbaus: Für alle verbandsgebundene Betriebe gilt die Umstellung des Gesamtbetriebs. Der Einsatz überwiegend hofeigenen Futters ist vorgeschrieben. Der Zukauf konventionellen organischen Düngers ist nur in Ausnahmefällen und bei viehextensiven Betrieben erlaubt. Daneben ist die Liste zugelassener Hilfsstoffe in Anbau und Verarbeitung deutlich kürzer.
Die Verbände des ökologischen Landbaus, teilweise auch der Bauernverband, vor allem aber Ministerin Künast wollen sich jedoch bei der EU dafür einsetzen, dass die EU-Verordnung in diesen Punkten baldmöglichst nach oben korrigiert wird. „Dafür stehen in der EU alle Türen offen”, so die Ministerin.
Neben dem Richtlinien-Niveau gibt es noch weitere Punkte, die „Verbandsbetriebe” von „EU-Öko-Betrieben” unterscheiden. Aus wirtschaftlicher Sicht ist sicherlich vorrangig, dass die Verbände über am Markt eingeführte Warenzeichen bzw. Marken verfügen. Damit ist ein Absatz der Erzeugnisse nicht selten zu einem Premium-Preisniveau möglich. Entscheidender allerdings – und für den wirtschaftlichen Erfolg nicht unerheblich – dürften die anderen Verbandsleistungen sein, wie Beratung (z.T. Gruppenberatung), die politische Vertretung, zur Verfügung Stellen von Informationen und Öffentlichkeitsarbeit. Nicht selten wird von Betrieben auch das Miteinander, das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Erfahrungsaustausch im Verband geschätzt und genutzt. In Krisenzeiten kann auf Elemente einer Solidargemeinschaft gezählt werden. Durch die gemeinsame Urteils- und Willensbildung sind Verbände auch fähig, in die Gesellschaft zu wirken. Im erweiterten Umfeld z.B. des Demeter-Verbandes gibt es zusätzlich eine eigene Forschung im Institut für Biologisch-Dynamische Forschung, eine Auskunftsstelle zur Vermittlung von Auszubildenden und Praktikanten sowie das Angebot einer eigenen Berufsausbildung. Daneben gibt es in den meisten Verbänden verbandsnahe Erzeugergemeinschaften. In Verbänden lebt im Allgemeinen eine höhere Verbindlichkeit, wie das Beispiel Österreich zeigt: Nach Auslaufen der betrieblichen fünfjährigen Öko-Landbau-Förderung waren unter den Rück-Umstellern auf konventionellen Landbau erstaunlich viele Nicht-Verbands-Betriebe.
Aber auch innerhalb bzw. zwischen den Verbänden des Ökologischen Landbaus gibt es Unterschiede. Hatte die Gründung des ANOG-Verbandes (Arbeitsgemeinschaft Naturnaher Obst- und Gemüsebau) 1961 ihren Grund darin, dass damals das rein ökologische Betreiben von Sonderkulturen noch nicht gewerblich durchführbar war, so haben andere Verbände ihre Wurzeln mehr regional wie z.B. Biokreis Ostbayern (heute nur noch „Biokreis”), oder wie der Gäa-Verband, der in den ersten Jahren überwiegend in Ostdeutschland beheimatet war. Ein anderer Verband (Biopark) hat seine Motivation vorwiegend in den Extensivierungsgeldern gefunden, wie auch offen eingeräumt wird (Stolze 1998). Wie die älteste, die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise (Demeter) hat auch der organisch-biologische Bioland-Verband, aus dem später der Naturland-Verband hervorging, historisch begründete Wurzeln. Der moderne Ökologische Landbau muss auf diesen Wurzeln aufbauend verstanden werden. Auch wenn heute der Begriff „Ökologischer Landbau” alle genannten Anbaurichtungen und Verbände umfasst, soll im Folgenden auf den Unterschied zwischen dem ökologischen Landbau, der auf den Wurzeln des Organisch-biologischen Landbau beruht, und dem biologisch-dynamischen Landbau eingegangen werden.
 

Biologisch- Dynamisch und Organisch-Biologisch: zwei Landbaurichtungen/Wirtschaftweisen
Die beiden grundsätzlichen Landbaurichtungen, Biologisch-dynamischer und Organisch-biologischer Landbau, unterscheiden sich äusserlich lediglich in wenigen Punkten:
Im Biologisch-dynamischen Landbau
  • wird die Haufenkompostierung der Flächenkompostierung vorgezogen;
  • ist für landwirtschaftliche Betriebe Tierhaltung verbindlich;
  • sind Rinder durchgehend hörnertragend;
  • werden die biologisch-dynamischen Präparate eingesetzt;
  • werden kosmische Konstellationen berücksichtigt;
  • gibt es ein stärkeres Engagement für eine ökologische Saatgutzüchtung;
  • beschäftigen sich anteilig mehr Betriebe mit Sozialarbeit und Ausbildung;
  • hat sich die Demeter-Markengemeinschaft als Vermarktungsweg mit der Fachhandelsstrategie selektiv für qualitätsorientierte Handelswege wie den Naturkostfachhandel, den Reformfachhandel, handwerkliche Betriebe und weitere Qualitäts-Fachgeschäfte entschieden.
Der Organisch-biologische Landbau, insbesondere im Verband Bioland, ist hingegen seinen historischen Motiven entsprechend, z.B. Unabhängigkeit der Bauern, bis heute eine stärker politisch aktive Bewegung. Er gilt als unkomplizierter, etwas pragmatischer, marktorientierter und wächst heute weitaus schneller in Bezug auf Betriebszahlen und Fläche. Im übrigen gibt es tendenzielle Unterschiede, die jedoch nicht durchgängig bis zur Nachweisbarkeit herausgearbeitet sind und nicht in jedem Einzelfall gültig sind.
In der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise soll sich die Qualität der Erzeugnisse in der Qualität der Verarbeitungsprodukte fortsetzen. Dafür wurde der Begriff „Entwickelnde Verarbeitung” geprägt. Bei den Lebensmitteln geht es um die Steigerung der Vitalqualität, wie sie in den bildschaffenden Methoden nach Pfeiffer und Wala zum Ausdruck kommen (Balzer-Graf). In der biologisch-dynamischen Landwirtschaft arbeiten auf die Fläche bezogen mehr Menschen. Im biologisch-dynamischen Landbau sind die Betriebe vielgestaltiger (weniger spezialisiert) und es gibt anteilig mehr Hofverarbeitung.
Die beiden Anbaurichtungen wurden auch von der Wissenschaft untersucht und verglichen. Am bekanntesten ist derzeit der DOK-Versuch am Forschungsinstitut für biologischen Landbau in der Schweiz, der über mehr als zwei Jahrzehnte Dynamisch-Organisch-Konventionell vergleicht.
Einige der maßgeblichen Ergebnisse seien im Folgenden aufgeführt:
Auswirkungen auf den Boden: In Langzeitversuchen wurde nachgewiesen (Raupp 2000), dass der Biologisch-dynamische Landbau in einigen Bodenfruchtbarkeitsparametern wie Humusgehalt, mikrobielle Biomasse, Aktivität, Mykorrhizierung und Anzahl Regenwürmer gegenüber dem organisch-biologischen Landbau signifikant vorteilhaft ist. Der organische biologische Landbau hat gegenüber dem biologisch-dynamischen Landbau einen höheren Prozentsatz löslichen Phosphor im Boden. (FiBL- Dossier)
Auswirkungen auf die Produktqualität: Qualitätsunterschiede bei den Produkten der beiden Landbaurichtungen wurden mit den sogenannten bildschaffenden Methoden nachgewiesen: In Doppelblindversuchen konnten Produkte eindeutig der jeweiligen Landbaurichtung, Dynamisch oder Organisch, zugeordnet werden. In der qualitativen Klassifizierung wurden die biologisch-dynamischen Erzeugnisse als „produktarten-typischer” ausgewiesen.
Die hier als äussere angesprochenen Unterschiede aus der Praxis lassen sich wiederum auf einen unterschiedlichen Hintergrund, eine unterschiedliche Weltauffassung zurückführen, die sich aus den Wurzeln der beiden Landbaurichtungen ergibt. Im Folgenden sei eine kurze Charakterisierung versucht:
 
Ökologisch und Biologisch-Dynamisch – zwei Landbau„systeme” Gedankensysteme
Ökologischer Landbau, wie er heute verstanden wird, beruht auf der klassischen naturwissenschaftlichen Weltsicht. Die Ökologie beschreibt den Haushalt (oikos = Haus) der Natur. Neben der belebten – „organischen” – Natur spielen vor allem – anorganische – Stoffkreisläufe und Energieströme eine wichtige Rolle. Diese möglichst effizient und ressourcenschonend einzurichten ist das Ziel einer ökologischen Wirtschaftsweise. Im Ökologischen Landbau gilt es, diese Kreisläufe weitestgehend einzurichten und ungewollte Fremdeinflüsse zu minimieren. Daneben ist auch der Erhalt lebender Ressourcen wie Pflanzen- und Tierarten sowie der Ausbau einer strukturellen Vielfalt mit eingeschlossen. Haustiere werden artgerecht gehalten, Wildtiere weitgehend geschützt. Vielerorts gehören auch der nicht-ausbeuterische Umgang mit Menschen und partizipative Sozialstrukturen zu den Grundsätzen organisch-biologischer Wirtschaftsweise. Sie ist mit ihren Grundzügen im Einklang mit dem bestehenden naturwissenschaftlich-materialistischen Weltbild sowie mit der (Neo-) Darwinistischen Evolutionsbiologie. Damit einher geht für die Betriebsbewirtschaftung die Möglichkeit der Verengung der ökologischen Vielfalt auf ein ökologisch und ökonomisch vertretbares Maß, sowie eine Leistungsoptimierung im Rahmen der anerkannten Nachhaltigkeitsmaßstäbe. Dabei ist es möglich, einen Natur-Haushalt oder einen landwirtschaftlichen Betrieb wie einen Organismus oder als Teil eines solchen zu denken.
Präparate gehören zum Mix der biologisch-dynamischen Maßnahmen
Der biologisch-dynamische Landbau ist aus der Anthroposophie hervorgegangen. Die Anthroposophie ergänzt das naturwissenschaftlichen Weltbild, ohne dazu im Widerspruch zu stehen. Damit einhergehend wird von diametral entgegengesetzten Ursachen und Verläufen der Evolution ausgegangen, als heute noch üblich: Ein allgemeiner Entwicklungskeim ist aus der Vergangenheit heraus in die Zukunft hinein angelegt. Aus diesem Entwicklungskeim haben sich z.B. nach und nach die Tiere als frühe Spezialisierungen abgespalten. Nicht das Nächsthöhere geht aus dem jeweils Niedrigeren durch Mutation (dieses Prinzip gilt nur für zunehmende Spezialisierung) hervor, sondern aus dem Entwicklungskeim wird das jeweils höchstmögliche Materielle abgeleitet. Nachdem beispielsweise physisch die Voraussetzung für den Affen gegeben war, konnte im weiteren Verlauf der Mensch in Erscheinung treten. Im Bilde gesprochen mussten bis zur Erscheinung des Menschen auf der Erde erst die „niederen” und dann die „höheren” Tiere geboren werden. Das findet eine Entsprechung in Goethes Theorie der Urpflanze, wo es erst des Sprosses und der Blätter bei der Pflanze bedarf, bevor die Blüte, schon lange in der Pflanze veranlagt, zur Erscheinung kommen kann. Obwohl die Blüte innerhalb der Pflanzenorgane eine eigene Entwicklungsstufe darstellt, findet man in ihr doch auch Merkmale der vorhergehenden Organe wie z.B. der Blätter. So findet man auch im Menschen Verwandtschaften zu Tieren, nicht nur zu Affen, was aber nicht darauf hindeutet, dass er von ihnen abstammt, sondern diese „Abzweigungen” aus einem gemeinsamen Werde-Strom sind. Tiere sind von daher „Mitgeschöpfe” im wahrsten Sinne des Wortes. Indem man ihnen durch das Haustier-Sein die Spezialisierung erspart, die sie bräuchten, um in der Wildbahn zu überleben, wird ihnen durch diesen Erhalt der jugendbetonten Formen die Möglichkeit der Entwicklung wiedergegeben. Für die weitere Entwicklung des Organismus Erde sollen die einzelnen Organe wie Pflanzen und Tiere allerorts zu einer entwicklungsfähigen Einheit zusammengeführt werden – das meint das biodynamische Bild des landwirtschaftlichen Betriebs als einer Art Individualität. Daraus resultiert die immer neue Aufforderung zu einer strukturierten Vielfalt in Form eines Organismus, der Entwicklungsstufen durchläuft. Das kann ganz entgegen der üblichen Tendenz im Landbau bedeuten, dass die Vielfalt, auch auf dem Betrieb, eher immer komplexer wird, wie es auch bei vielen biologisch-dynamischen Höfen zu beobachten ist. Für die Gesamtentwicklung des Betriebs sind in der biologisch-dynamischen Betrachtung nicht nur die Stoff- oder Energie-, sondern vor allem die Kraftströme entscheidend. Diese gilt es zu führen, wie z.B. die durch die biologisch-dynamischen Präparate eingeführten Kräfte oder die kosmischen Einflüsse. Der landwirtschaftliche Betrieb wird innerhalb der gesamten Erdenentwicklung stehend gedacht. Damit ist Entwicklung von Mensch, Natur und Erde Ziel der Betriebsbewirtschaftung.
 
Der Unterschied ins Bild gebracht: empfindliche Kupferchloridkristallisation von Kartoffelsaft: biologisch-dynamisch (links), organisch (mitte), konventionell (rechts).
 
Was steht im Vordergrund? Ernährung oder Ökologie?
Als Rudolf Steiner 1924 gebeten wurde, den sogenannten Landwirtschaftlichen Kurs („Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft”) zu halten, war die Intention der Fragenden keine ökologische; vielmehr trieb sie die Sorge der nachlassenden Lebensmittelqualität im Sinne ihrer Nährhaftigkeit. Der Blick auf eine spirituell angelegte, anthroposophische Ernährungslehre zeigt, dass es nicht überwiegend die Stoffe sind, welche die tatsächliche Ernährung ausmachen, sondern vielmehr die Kräfte, die mit diesen verbunden sind. Vor diesem Hintergrund entsteht die Frage, welche Kräfte mit den Lebensmitteln aus unterschiedlichen landwirtschaftlichen Systemen verbunden sind. Wenn man „das Lebendige” aufspüren will, so stößt man u.a. auf den Begriff „Regung”. Zu fragen ist, wie müssten die Nahrungs-Kräfte beschaffen sein, damit sie eine möglichst hohe An-regungsqualität für den Menschen haben? Die hohe Bodenfruchtbarkeit im biologisch-dynamischen Landbau kann als ein Hinweis auf die hohe „Lebendigkeit” biologisch-dynamisch bewirtschafteter Böden verstanden werden. In darauf aufbauenden Untersuchungen konnten mit bildschaffenden Methoden die biologisch-dynamisch erzeugten Produkte durch ihre typische und reife Ausprägung im Vergleich zu vegetativen Tendenzen anderer Landbausysteme und -richtungen eindeutig charakterisiert werden. Ökologischer Landbau ist ein Konzept, das zur Verbesserung der Umwelt und der Lebensverhältnisse beiträgt. Der Biologisch-dynamische Landbau ist auch Ökologischer Landbau. Er ist aber nicht „öko plus” (z.B. ökologischer Landbau + Präparate + Kosmos), sondern ein eigenständiger Ansatz, der über den Haushalt der Natur hinaus an der Entwicklung für die Zukunft von Mensch und Erde unter Einbeziehung der nicht -stofflichen Seinsebenen Leben, Seele und Geist arbeiten will.
Der Biologisch-dynamische Landbau lässt sich nicht, oder nur sehr begrenzt, rezeptmäßig betreiben, wenngleich sich bestimmte Regeln und Richtlinien darin finden lassen. Das sich immer neu Einlassen auf die jeweilige Situation, die der Sache entsprechende Entscheidung, die momentane Intuition und schnelle Anpassung sind die eigentliche Grundlage einer lebensgemäßen – hier der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise. Die bestehenden offiziellen Demeter-Richtlinien schreiben den empirisch gefundenen und vereinbarten gemeinsamen Nenner fest. Sie haben vor allem den Charakter einer verbindlichen Verabredung mit dem Kunden. Im theoretischen Einzelfall könnte also eine Entscheidung sachlich und zuverlässig begründet sogar anders ausfallen, als in den Richtlinien festgeschrieben. Dass dennoch entsprechend den Richtlinien gehandelt wird, dient der versprochenen Sicherheit für den Kunden – die auch einen sozialen Wert des Biologisch-dynamischen Landbaus darstellt.
 
Perspektive
Während zu erwarten ist, dass der ökologische Landbau zunehmend am allgemeinen Forschungsfortschritt partizipieren wird, stellt sich die Weiterentwicklung für den biologisch-dynamischen Landbau vielschichtig dar: Die die Grundlegung des biologisch-dynamischen Landbaus ist aus der Geisteswissenschaft heraus gegeben, sie lässt sich jedoch mit phänomenologisch-goetheanistischen, mit naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Methoden selbstständig nachvollziehen und weiter entwickeln. Die biologisch-dynamische Praxis wurde zu einem großen Teil empirisch entwickelt und erforscht. Das Resultat konnte jeweils wissenschaftlich untersucht werden und Ausgangspunkt für weitergehende Forschungsfragen sein. Natürlich hat auch die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise am allgemeinen Fortschritt beispielsweise in Bezug auf Fruchtfolge, Technik und Züchtung teilgenommen, doch ist dieser im Hinblick auf ihre Prinzipien zunehmend zu hinterfragen: aktuelle Beispiele wie Gentechnik oder BSE zeigen die Kehrseiten. Forschungsarbeit an spezifischen biologisch-dynamischen Fragestellungen wie die Weiterentwicklung der Präparatetechnik, zu Bodenfruchtbarkeit und Qualität sowie zur Züchtung finden laufend statt. Im Hinblick auf die Oberziele „Lebensmittel für die Entwicklung des Menschen” und „Weiterentwicklung des Organismus Erde” ist eine intensive Entwicklungsarbeit vonnöten. Die Frage ist und bleibt: Was sind die „richtigen” Lebensmittel für die Zukunft des Menschen? Und, wie beteiligen wir uns an der Zukunft des Organismus Erde?
 
Das ist keine Frage der Weltanschauung, wie manche behördlichen Befürworter des Ökolandbaus meinen, die „Entideologisierung” fordern. Die Gefahr besteht, dass der Ökolandbau allein zu einer produktionstechnischen Alternative reduziert wird, und die Werte, für die er bisher steht, mit zunehmendem Marktvolumen und zunehmender staatlicher Regulierung verliert. Noch hat der Ökologische Landbau weitere gesellschaftliche Aufgaben als allein Schutzprogramm für Verbraucher zu sein. Doch dafür braucht man übergeordnete Gesichtspunkte und Ideen aus einem geistigen Bereich heraus. Gerade der Biologisch-dynamische Landbau muss offen bleiben, um Entwicklungsimpulse zu erkennen und zu formen. Hier geht es zukünftig darum, Werte zu entwickeln, statt Entwicklungskeime zu entkernen.
 
Literatur:
Balzer Graf, U., 1996: Qualität, ein Erlebnis; Vitalqualität von Nahrungsmitteln im Spiegel bildschaffender Methoden (Mappe), Forschungslabor U. Balzer-Graf
Balzer- Graf, U., Hoppe, H., Straub, M.: Äpfel – organisch und biologisch-dynamisch; Erntemenge und Vitalqualität im Vergleich, Lebendige Erde 5/1998
FiBL, 2000 : Bio fördert Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt, Erkenntnisse aus 21 Jahren DOK -Versuch
Mäder, P., Fließbach, A., Niggli, U., 2000: Bodenfruchtbarkeit durch ökologischen Landbau, Lebendige Erde 4/2000
Raupp, J., 2001: Wirkungen der biologisch-dynamischen Präparate im Langzeit-Düngungsversuch, Lebendige Erde, 5/2001
Schulz, D.G., 2001: Ertrag und Qualität von Kartoffeln im Organischen Landbau. Köster, Berlin
Stolze, M., 1998: Organisationsformen ostdeutscher landwirtschaftlicher Großbetriebe nach der Umstellung auf ökologischen Landbau
Vogt. G., 2000: Entstehung und Entwicklung des ökologischen Landbaus., SÖL,/Ökolog. Konzepte 99