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Lebendige Erde 4/2002:ExtraWege zur Reduktion des Pestizideinsatzes
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Trecker mit Striegel |
Der Nitrofenskandal zeigt wieder einmal, wie gefährlich Pestizide sein
können und dass Anwendungsverbote allein nicht ausreichen, um Verbraucher
vor einer Gefährdung durch Pestizidrückstände zu schützen. Diese Rückstände
sind ein generelles ein Problem der konventionellen Landwirtschaft.
Täglich in Nahrungsmitteln nachweisbar können sie in Einzelfällen eine
akute Bedrohung für die Gesundheit der Verbraucher darstellen. Sicherlich
müssen Pestizidaltlasten wie Nitrofen beseitigt werden, analysiert man
jedoch die Ursache des Nitrofenskandals richtig, kommt man zu anderen
Konsequenzen.
Es müssen grundlegende Maßnahmen ergriffen werden, die eine Vermeidung
des Einsatzes von gefährlichen Pestiziden ermöglichen. Dazu sind vor
allem die politischen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene zu verändern. Die
Subventionspolitik muss vielfältige Fruchtfolgen und den Anbau widerstandsfähiger
Sorten rentabel machen, das würde den Einsatz von Pestiziden in der
konventionellen Landwirtschaft erheblich reduzieren.
Anlässlich der Agrarwende erstellte PAN Germany einen Katalog mit 15
Forderungen, die darauf abzielen, die Risiken des chemischen Pflanzenschutzes
in Deutschland zu minimieren, in allen Bereichen des Pestizidzyklus.
Das betrifft Zulassung, Anwendung und Überwachung, aber auch ökonomische
Instrumentarien wie die Pestizidabgabe. Viele der von PAN Germany gestellten
Forderungen ergaben sich aus dem Projekt From Law to Field. Innerhalb
dieses Projektes wurden Rückstandsdaten ermittelt und bewertet um herauszufinden,
welche Kultur den größten negativen Effekt auf die Umwelt hat.
Es zeigte sich, dass von den 25 untersuchten Fruchtarten Sellerie und
Spinat mit den giftigeren Rückständen, aber Apfel und Weizen mit einer
hohen Anzahl von Rückständen in Zusammenhang stehen. Da Weizen eine
bedeutende Flächenkultur ist und Apfel eine Dauerkultur repräsentiert,
wurden für beide Kulturen Maßnahmen zur Pestizidreduktion entwickelt.
Die konventionellen, integrierten und die ökologischen Anbausysteme
beider Fruchtarten wurden verglichen und Maßnahmen, die zu einer Reduktion
des Pestizideinsatzes führen, wurden aufgezeigt.
Die Apfelstudie zeigt, dass trotz der Durchsetzung des Integrierten
Anbaus immer noch hohe Mengen an Pestiziden eingesetzt werden. Insbesondere
werden in Deutschland hohe Mengen an Fungiziden gegen den Apfelschorf
eingesetzt. Selbst ökologisch wirtschaftende Betriebe setzen hohe Mengen
an Schwefel- und Kupferprodukten ein, um marktfähige Äpfel zu erzeugen.
Ein möglicher Schritt zu einer Pestizidreduktion sowohl im integrierten
als auch im ökologischen Anbau ist der verstärkte Anbau schorfresistenter
oder schorftoleranter Apfelsorten. Der Anbau kann aber nur gefördert
werden, wenn sich die Nachfrage durch die VerbraucherInnen in den Supermärkten
und Läden verstärkt. Dazu müssen jedoch Handel und Verbraucher erst
Informationen über diese Sorten und deren Eigenschaften bekommen.
Im Vergleich zum Apfelanbau hat sich im Weizenanbau der integrierte
Pflanzenschutz trotz des vorhandenen Wissens noch nicht durchgesetzt.
Es hat sich gezeigt, dass mit einem Wechsel vom konventionellen Anbau
zum integrierten Anbau zwar einige Pestizidanwendungen wegfallen können,
dass aber das größte Minderungspotenzial im Wechsel zu ökologischen
Anbaumethoden liegt. Dort werden keine Pestizide eingesetzt und durch
Sortenwahl, Fruchtfolge und geringere Stickstoffdüngung der Schädlings-
und Beikrautdruck gering gehalten.
Der ökologische Anbau von Weizen wird jedoch nur steigen, wenn die Verbraucher
mehr Veredlungsprodukte aus ökologischem Anbau - also ökologisch produzierte
Milch, Eier und Fleisch - konsumieren, da der produzierte Weizen im
Zusammenhang mit einer vielfältig zu nutzenden Fruchtfolge zu sehen
ist. Der Skandal um Nitrofen hat immensen Einfluss auf das Kaufverhalten
der Verbraucher. Es sollte alles daran gesetzt werden, das Vertrauen
der Verbraucher wiederzugewinnen und zu zeigen, dass der ökologische
Landbau die bessere Alternative ist, und dass Pestizide ein Kind der
konventionellen Landwirtschaft sind.
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Lars Neumeister, PAN Germany, mehr Infos
unter www.pan-germany.org
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