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Lebendige Erde 3/2003:ExtraDie Biologisch-Dynamischen Präparate zwischen Gesetz, Richtlinie und FreiheitZur neuen EU-Verordnung 1774/2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische NebenprodukteDr. Uli Johannes König
Die biologisch-dynamischen Spritz- und Kompostpräparate gehören zu den Grundelementen des Biologisch-Dynamischen Landbaus und sind aus diesem nicht wegzudenken, wollen wir Nahrungsmittel von hoher Qualität für den Menschen erzeugen. Und doch sind sie gleichzeitig diejenige Maßnahme im Biologisch-Dynamischen, um deren Verständnis am meisten gerungen wird, intern wie auch in der Fachöffentlichkeit. Zweifelsohne ist die Herstellung und Anwendung der Präparate eine neue, ungewohnte Methode mit den Stoffen der Natur umzugehen. Feinstoffliche Anwendungen sind ja aus der Medizin (Homöopathie z.B.) bekannt, aber die Herstellung solcher Substanzen unter der Zuhilfenahme von tierischen Organhüllen führt doch viele an die Verständnisgrenzen. Das wird immer dann besonders deutlich, wenn die Präparate zum Konfliktgegenstand werden. So auch derzeit bei der Diskussion um die Präparate im Rahmen der neuen EU-Hygieneverordnung für tierische Nebenprodukte (1774/2002). Letztere stellt in ihrer derzeitigen Form eine Gefahr für die Möglichkeit der Herstellung der Präparate dar. Warum das so ist, welche Lösungsansätze sich anbieten und welche Konsequenzen sich daraus für die weitere Arbeit mit den Präparaten ergeben, soll im Folgenden dargestellt werden. Ich möchte gleich zu Beginn ein Missverständnis ausräumen: Die Verordnung verbietet nicht die Anwendung der biologisch-dynamischen Präparate, sie verhindert nur indirekt deren Herstellung in Europa.
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Einstufung der tierischen Nebenprodukte
in der VO (EU) 1774/2002 Material der Kategorie 1 [Art. 4] umfasst alle Körperteile, einschließlich Häute von u.a. TSE-verdächtigen Tieren, Heimtieren und spezifiziertes Risikomaterial. Das Material muss bezüglich der Beseitigung die höchsten Anforderungen erfüllen (Verbrennung oder Deponierung), es sei denn, es stammt aus BSE-freien Ländern (entsprechend Artikel 8 (1) der VO (EG) Nr. 999/2001) Material der Kategorie 2 [Art. 5] umfasst u.a. "Gülle" (=Sammelbegriff für alle tierischen Exkremente auf dem Hof), Magen- und Darminhalt, sowie alle nicht zu Kategorie 1 und 3 zählenden tierischen Nebenprodukte. Als Entsorgung/Weiterverarbeitung kommt ein technischer Weiterverarbeitungsbetrieb in Frage, auch Biogas- und Kompostieranlagen mit Sterilisierstufen. Lediglich die Ausbringung von "Gülle" und Milch auf den Boden ist erlaubt. Material der Kategorie 3 [Art. 6] Genusstaugliche Schlachtkörperteile, Häute, Hufe, Hörner, Borsten. Als Entsorgung/Weiterverarbeitung kommt ebenfalls ein technischer Weiterverarbeitungsbetrieb in Frage, auch Biogas- und Kompostieranlagen mit Sterilisierstufen. |
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Was soll mit der Verordnung (EU) 1774/2002 erreicht werden? Bei dieser Verordnung handelt es sich um eine umfassende Reglementierung zum Umgang mit allen tierischen Produkten, die nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden. Bislang wurde dieser Umgang, in der Hauptsache das Beseitigen von Schlachtabfällen, in den einzelnen Staaten in den jeweiligen Tierkörperbeseitigungsgesetzen geregelt. Das reichte aus, solange es überwiegend regionale und nationale Handelsstrukturen gab und eine Trennung zwischen der Abfallbeseitigung und Futtermittelherstellung gewährleistet war. In den letzten Jahrzehnten jedoch war hier eine immer größere Durchmischung zu beobachten: aus den tierischen Abfällen wurden Eiweißrohstoffe für Futtermittel. So wurden Kadaver in "hochwertiges" Kraftfutter verwandelt, mit der Konsequenz, dass Tiere zu "Kannibalen" herangezüchtet wurden, indem sie ihre Artgenossen als Kraftfutter verfüttert bekamen. Und nicht zuletzt wurden aus pflanzenfressenden Wiederkäuern - bildlich gesprochen - (Trocken-)Fleisch verzehrende "Raubtiere" gemacht. Ein konsequentes materialistisch orientiertes Nährstoff-Denken hat so aus unseren Haustieren Müll-verarbeitende Milch- und Fleischproduktionsanlagen gemacht. Dass das nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Die Futtermittelskandale häuften sich und die BSE-Krise bestimmt heute vielfältig das Leben innerhalb der Landwirtschaft und der Verbraucher. Übrigens darf an dieser Stelle erwähnt werden, dass bereits vor 80 Jahren Rudolf Steiner vor einer solchen Entwicklung gewarnt hat, als er sagte, dass Wiederkäuer (Ochsen) verrückt würden, wenn man sie mit (den "so sanften") Tauben füttern würde, weil sie kein
Kommen wir zurück zur neuen EU-Verordnung, so können wir als Begründung für die Notwendigkeit der Verordnung dort lesen, dass gerade diese kannibalische Fütterungspraxis, aber auch die skrupellose Verfütterung anderer Abfälle und Gifte unterbunden werden soll, um die Ausbreitung von tierischen Seuchen im grenzenlosen Europa einzuschränken und eine gesunde Nahrungsmittelerzeugung zu gewährleisten. Die Mittel, die hierzu verwendet werden, sind jedoch so radikal, dass gerade die Landwirtschaftsform, die im kleinen, überschaubaren Rahmen die gesunde Nahrungsmittelerzeugung zum Ziel hat, der Ökologische Landbau, nicht nur direkt getroffen wird, sondern in seiner Existenz teilweise bedroht ist, wie dies für die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise gilt, wenn sie die Präparate nicht mehr herstellen darf. Totalkontrolle als Mittel zum Zweck der Hygiene?
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Werden die biologisch-dynamischen Präparate
Opfer eines falschen Hygienebegriffs?
Kann es durch die Herstellung der Präparate
ein BSE-Risiko geben? |
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Risikobewertung
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Lösungsansatz: Transparente Qualitätssicherung bei der Präparatearbeit und politisches Handeln Die biologisch-dynamischen Präparate bedürfen eines Freiraums, um mit ihnen in dem richtigen "persönlichen Verhältnis" umgehen zu können. Es gibt aber auch eine äußere Seite im Umgang mit den Präparaten. Diese spiegelt das wieder, was als Kern in der Arbeit mit den Präparaten lebt. Um diese Seite sich bewusst zu machen, hilft zum einen ein sich selbst auferlegter Qualitätssicherungsprozess, nichts anderes, als genau zu beschreiben und erfassen, welche Maßnahmen ich bei der Arbeit ergriffen habe. Zum andern ist wichtig, dass auch die Öffentlichkeit sehen kann, was wir tun und wie wir es tun! Deswegen ist eine Qualitätssicherung für die Herstellung der Präparate eine wesentliche Grundlage für die Anerkennung der Präparate in der Öffentlichkeit. Auch bezüglich der Sprache müssen wir umdenken. Wie gerne sprechen wir vom Präparatewesen auf dem Hof (und sollten dies auch mit allem inneren Ernst tun), und doch, der von außen auf die Herstellung schauende Betrachter sieht nur die aller äußerste Seite: die toten Tierkörperteile, das Vergraben dieser, wie diese sich zersetzen etc. Diese sachlich orientierte Sprache müssen wir auch sprechen lernen, dann können sich unter Umständen die eine oder andere Lösung leichter im gemeinsamen Gespräch mit den Sachbearbeitern auf den Behörden finden lassen.
Dass es sich hierbei nicht um ein Suchen bloßer Kompromisse handelt, sondern beide Seiten davon profitieren können, habe ich bereits vor Jahren für die Herstellung des Eichenrindepräparates an dieser Stelle beschrieben (König 1999). Derzeit wird in enger Absprache mit den Behörden der einzelnen europäischen Staaten (Kontakte bestehen z.Zt. in neun Mitgliedsstaaten) und der Europäischen Kommission um eine Lösung der Präparateanerkennung im Rahmen der EU-Hygiene-Verordnung gerungen. Dass dies nicht einfach wird, ist aus dem oben Angeführten erkennbar. Ziel ist, die Präparateherstellung als eine Methode der Verwendung von tierischen Nebenprodukten in der Verordnung zu verankern. Welches hierbei der geeignete Weg ist, wird z.Z. erkundet. An der Verordnung kann nichts mehr verändert werden. Allerdings haben die Dienststellen der Kommission - auch aufgrund der Intervention der deutschen Kommissionsvertreter, zugesagt, im Rahmen der Durchführungsvorschriften für organische Düngemittel dieses Anliegen zu berücksichtigen. Natürlich kommt es in der derzeitigen Situation darauf an, dass an möglichst vielen Stellen den Politikern die Wichtigkeit der biologisch-dynamischen Präparate verdeutlicht wird. Hierzu brauchen wir auch Ihre Unterstützung! Quellen: |
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Herkunft und Behandlung der Organe
Auszug aus: "Qualitätssicherung für die Herstellung der biologisch-dynamischen Präparate" |
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Weitere Informationen zu dem Themenkomplex (wie Unterschriftenliste, Literaturliste, Qualitätssicherungskonzept, etc) können im Internet unter unserer Homepage www.ibdf.de abgerufen oder unter der email koenig@ibdf.de erfragt werden. (in englisch: www.ibdf.de/bdprepe.htm, bzw. www.ibdf.de/1774.htm) Kontaktpersonen sind:
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