Lebendige Erde 1/2003:

Feld & Stall

Die kreative Spannung nutzen

Durch Coaching mehr Kraft zur Gestaltung des Lebens finden

von Stephan Illi
Wie sieht der Hof meiner Träume aus?

Es ist eine der ganz besonderen Fähigkeiten des Menschen, Bilder einer besseren Zukunft, Visionen für die eigene Zukunft entwickeln zu können. Man benötigt die Strahlkraft einer Vision geradezu, um manche schwierige Situation im harten Alltag überstehen zu können. Die Spannung, die zwischen unserer Vision und der oftmals deutlich davon abweichenden Realität, unserem Alltagsleben, entsteht, kann uns die Kraft geben für Weiterentwicklungen im beruflichen und privaten Umfeld. Diese "kreative Spannung" (van den Brink, Molenaar, 2001) kann uns mit grosser Energie nach neuen Wegen suchen und diese erfolgreich gehen lassen; kann, muss aber nicht. Gerade Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind, sind oftmals geprägt von sehr viel Arbeit und engem finanziellem Spielraum. Wenn uns der Alltag so gefangen nimmt, dass wir keinen Weg in die Richtung unserer Vision erkennen, kann nur allzu leicht Frustration entstehen.

Frustration lähmt Weiterentwicklung
Die zunehmende Frustration in der Landwirtschaft macht auch vor biologischen Höfen nicht Halt. Auch hier fallen die Erzeugerpreise, werden Richtlinien mehr als Beschränkung unserer Handlungsfreiheit erlebt denn als Chance, z.B. als verbindlicher Ausdruck dessen, was ich will. Und für die biodynamisch arbeitenden Menschen scheint es mir besonders schwer, den Bezug zwischen oftmals sehr hohen Idealen der Betriebsgestaltung und der harten Realität mit z.B. fallenden Milchpreisen nicht zu verlieren. Aus kreativer Spannung kann hier besonders leicht frustrierte Stimmung werden. Wem kann man es verübeln, dass in dieser Situation Vorträge und Ideen zu biodynamischen Themen kaum als Hilfe erlebt werden, sondern man sich in der eigenen Situation alleine gelassen fühlt?

Wege aus der Krise
Mit dem Gespräch mit anderen Menschen in vielleicht ähnlicher Situation kann ein erfolgreicher Weg aus dieser Krise beginnen. Was habe ich als Mensch, was hat mein Hof noch an Potentialen, die ich bisher nicht nutze? Was möchte ich in nächster Zeit erreichen? Welche Ziele und Wege gibt es für mich? Gerade durch das Abstecken konkreter, messbarer und erreichbarer Ziele kann die Zukunft wieder als gestaltbar, die Beziehung zwischen Vision und Realität wieder als kreative Spannung erlebt werden. Notwendig sind jedoch Menschen, die mich auf diesem Weg begleiten, mir die richtigen Fragen stellen und Dinge in meinem Leben sehen, die mir vielleicht zu selbstverständlich sind.

 

- Bio-BUS: Für Menschen, die sich und ihren Betrieb in dieser Weise weiterentwickeln wollen, gibt es seit einem Jahr ein Angebot der Andreas-Hermes-Akademie in Bonn, die Bauern- und Unternehmerschulung (BUS) für Biobetriebe. Schon über 10 Jahre werden BUS-Kurse (4 x 2 Tage) für Landwirte angeboten und in dieser Zeit zu einer sehr effektiven Methode weiterentwickelt. Bio-BUS wurde speziell für Biobetriebe und Umstellungsbetriebe modifiziert. Auch die ersten Demeter-Betriebe haben daran mit großer Begeisterung teilgenommen (siehe Bericht).

- Coaching-Projekte: Seit sechs Jahren gibt es in Holland das sehr erfolgreiche Coaching-Angebot des Demeter-Verbands, in dem sich unter professioneller Anleitung Demeter-Betriebe gegenseitig unterstützen. Im Gespräch zu zweit und in Gruppen wird daran gearbeitet, konkrete Ziele zu entwickeln und sich des eigenen Motivs der biodynamischen Arbeit wieder bewusst zu werden. Auch in Deutschland gibt es seit Frühjahr 2002 ein Coachingprojekt. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Modellvorhabens wird Ökobetrieben in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen die kostenfreie Teilnahme an Coachinggruppen ermöglicht.

Wie kommst Du klar? Wo willst Du hin? Das Gespräch, auch über Ziele ist wichtig
 

Vorraussetzung für die Teilnahme ist, dass die Betriebe in BUS oder Bio-BUS ein Zukunftskonzept ausgearbeitet haben. In einer festen Gruppe von ca. 10 Personen trifft man sich regelmäßig alle 6-8 Wochen. Unter Anleitung des Coaches und der Mithilfe der ganzen Gruppe werden Ziele abgesteckt, Wege gesucht und auftretende Probleme bei der Umsetzung besprochen. Gerade der unbefangene Blick der Kollegen auf meine eigene Situation hilft mit, auftretende Probleme immer mehr als Chance für die eigene Entwicklung zu begreifen. Ein wunderbarer und hocheffektiver Weg gerade für Demeter-Betriebe, um die eigenen Ideen noch besser Realität werden zu lassen.

Zu Terminen in den Regionen oder weiteren Informationen zu Bio-BUS oder zum Coaching-Projekt wendet man sich an die Andreas Hermes Akademie in Bonn. Dort kann auch ein Referent für einen Infoabend angefordert werden. Neben Jürgen Schlüter und Stephan Illi sind ab dem nächsten Jahr aus dem Demeter-Verband auch Christoph Metz und Martin Haugstätter im Coaching-Projekt aktiv.

Stephan Illi, Demeter-Beratung Oberbayern, Ost/Niederbayern, Waltenberg 11,
83370 Seeon, Tel: 08624-829961

Andreas Hermes Akademie, in der Wehrhecke 1, 53125 Bonn-Röttgen, Tel: 0228-19290

Jürgen Schlüter, Beratungsdienst Ökologischer Landbau Ulm, Pfefflingerstr. 2,
89073 Ulm, Tel: 0731-24729