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Lebendige Erde 6/2003:Feld & StallWaldrandgestaltungAus der Praxis – Für die Praxisvon German-Michael Hahn
Schweift unser Blick von der Feldflur hinüber zum benachbarten Waldrand, so ist dieser oft nur als „Holzmauer” wahrzunehmen: eine dichte Wand aus Stämmen mit tief herabgezogenem Astwerk. Diese an den meisten Waldrändern existierende Lichtmangelsituation führt zu einem oft nur in spärlichen Ansätzen vorhandenen Saum der im Aufbau eigentlich einer Hecke ähnelt. Die dort vor sich hin vegetierenden Sträucher befinden sich auf der ständigen Flucht vor dem „Dunkel des Waldes” und wuchern so auf Feldwege und Äcker. Alle paar Jahre reißt uns dann die Geduld mit dem dornigen Flechtwerk, das ständig unsere Fahrzeugreifen traktiert und ein Schlegelmulcher erscheint als Retter in der Not. Dieser zerstört die spärlichen Reste eines Strauchmantels, der positive Auswirkungen auf den Landschaftsorganismus haben könnte. Ein noch beklagenswerteres Dasein fristen die Reste der heimischen Acker-Wildkräuter, auch als „Hasenapotheke” bezeichnet. Bedroht durch permanente Abdrift von Agrochemikalien kümmern sie meist zwischen den zwei Fahrspuren eines Feldweges. Kräuter, Sträucher und Bäume verlebendigen die
Flur Eine Hecke ist der beste Schutzwall, der sich für den Wald oder unsere Feldfluren denken lässt. Er schützt vor herannahenden Stürmen genauso wie vor den austrocknenden sommerlichen Windströmungen. Typisch ist die hohen Luftfeuchte des Waldesinneren, die alles auf´s beste gedeihen lässt. Zu allen Jahreszeiten bietet eine Hecke für den sonntäglichen Spaziergang mit Kindern Erlebnisse. Auf die Vielzahl unserer freilebenden Wildtiere reagieren Kinder besonders sensibel und begeistert. Rudolf Steiner wies beispielhaft auf die vor allem in Verbindung mit der Vogelwelt stehende Verteilung der Astralität unserer Landschaft hin. Kinder sind besonders sensibel für diese seelischen Energien und Steiner spricht von einer Verkümmerung der Vegetation, wenn die freilebende Vogelwelt zu weit ins Hintertreffen kommen sollte. Bei kilometerlangen Feldschlägen ohne Baum und Strauch – könnte hier und da eine kleine Hecke nicht für notwendige Abhilfe sorgen? Der Artenreichtum von Hecken und Säumen kam in früheren Zeiten auch der Gesundheit der Viehherden zugute und wurde als Hartlaub bezeichnet. In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wurde dieses mineralreiche Rauhfutter beigefüttert und diente der vorbeugenden Tierhygiene. In Trockenjahren wie dem heurigen musste es den ausfallenden zweiten Schnitt ersetzen. Alte Hutungen (Viehweiden) sind deshalb heute noch von diesen Futterbaumarten umsäumt, von Weiden, Eschen, Aspen, Vogelbeeren. Steiner weist in deutlichen Worten darauf hin, dass Viehherden eine innere Verwandtschaft mit Hecken haben und dass zur Aufbesserung des Säugetierwesens in unserer Landschaft Sträucher anzupflanzen sind. Einfach durch ihr Hecken-Dasein würden sie einen günstigen Einfluß ausüben auf unsere Tiergesundheit. Das wäre doch einen Versuch wert! |
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Waldränder und Hecken praktisch gestalten Versuchen sie eine Vereinbarung mit ihrem Feld- oder Waldnachbarn zu treffen, um Platz für eine solche Heckenneugeburt zu schaffen. Oft gibt es auch eine Naturschutzgruppierung, die nach solchen Projekten Ausschau hält. Auch die jagenden Zeitgenossen sind oft dankbar, wenn sie für die freilebende Tierwelt eine Nische ergattern können. Bei öffentlichen Wäldern setzen sie sich mit dem örtlich zuständigen Förster zusammen. Oft mangelt es an dem entscheidenden Anstoß und schon kommt der Stein ins Rollen! Falls sie Besitzer eines feldbegleitenden Waldgrundstückes sind und sich schon länger zu den überhängenden Äste Gedanken gemacht haben, dann sollten sie im Herbst ihre Motorsäge in Stand setzen. Nehmen sie sich sonntags eine Kreide und begutachten in aller Ruhe ihren Waldrand. Hängen die Baumkronen nur über dem Feldweg, oder haben sie gar schon von ihrem Acker Besitz genommen? Falls kein seltener Wildobstbaum darunter ist, dann kennzeichnen sie jetzt zu fällende Bäume für den kommenden Winter. Bei der Fällung sollten sie keine Angst vor der eventuell entstehenden Lücke haben: Wo eine Lücke ist, erscheint Licht. Nur im Licht und nicht im Schatten kann eine Hecke entstehen. Entnehmen sie bevorzugt Randbäume, unter denen bereits Heckenansätze erkennbar sind. Diese Eingriffe können sie alle 15 – 25 m wiederholen – je nach Alter etwas mehr – ohne die Stabilität ihres Waldsaumes auf´s Spiel zu setzen. Etwa alle drei Jahre können solche Hiebmaßnahmen wiederholt werden. Wenn sie sich an die Lücken ihres Waldrandes gewöhnt haben, dann sehen
sie sich die zweite Baumreihe hinter ihrem Waldrand an. Finden sie dort
vielleicht einen etwas im Unterstand befindlichen Wildobstbaum? Dem
könnten sie durch die Fällung eines eher gewöhnlichen Nachbarbaumes
behilflich sein. Als Wildobstbäume bezeichnen die Förster z.B. eine
Vogelkirsche oder in einer feuchteren Aue eine dort heimische Traubenkirsche.
Vielleicht finden sie auch eine Vogelbeere, die im Volksmund Eberesche
genannt wird, oder sogar eine Mehlbeere, eine Elsbeere oder im Weinbauklima
den raren Speierling. Ganz selten kommt einmal eine Wildbirne oder seltenst
ein Wildapfel vor, die man an den dornigen Zweigenden sicher bestimmen
kann. Falls sie gar keinen dieser Wildobstgesellen bei sich entdecken,
dann pflanzen sie einfach einen. Aber: ohne Licht geht nichts, deshalb
vorher durch Baumfällung erst einen Lichtschacht schaffen. |
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Weitere Umlichtungen in der dahinter liegenden zweiten Baumreihe könnten zur Schaffung von sogenannten Lichthecken genutzt werden. Diese haben die Besonderheit, im bodennahen Bereich zu verkahlen und bestehen aus höherwachsenderen Straucharten, die bis in 8 m Höhe vorstoßen können. Dazu gehören roter und schwarzer Holunder, Haselnuß, Weißdorn und Kreuzdorn, Kornelkirsche und Pulverholz. Seien sie gespannt, was sich an Spontanansiedelungen beobachten läßt! Falls sie mit der Zeit mutiger geworden sind, dann können sie in der
dritten Baumreihe auch einzelne Lichtschächte herausfällen und darin
Baumarten der sogenannten zweiten Ordnung einbringen. Darunter versteht
man Baumarten, die eher zur „Kleinwüchsigkeit” neigen, also maximal
20 m Höhe erreichen. In diesen Lichtschächten können sie die oben genannten
Wildobstarten, sowie den Feldahorn, die Feldulme, die Robinie oder die
Eibe einbringen. In dieser Übergangszone zum Hochwald (bis 40 m) leben
viele Vogel- und Kleinsäugerarten – Grenzlinien sind überhaupt die aktivsten
Lebensräume unserer Landschaften. |
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Wer dann nach vielen Jahren alle Mutproben hinter sich gebracht hat, der kann sich es leisten, seine neu entstandenen Säume mit Klimmsträuchern anzureichern. Sie verwenden die bereits vorhandenen Sträucher als Kletterhilfe und wachsen so hoch hinaus. Dazu gehört z.B. auch unsere einheimische Heckenrose, die schon bis in 8 m Höhe gesichtet wurde. Aber auch Jelängerjelieber, Hopfen, Efeu, Waldrebe und Vogelwicke bereichern diese luftigste Zone unserer Waldränder. Mit der Zeit werden sie eine Dynamik wahrnehmen, ein frohes Wachstum – wirklich biologisch-dynamische Zustände. Pflege des Waldrandes
In den durch Holzfällung entstandenen Lichtschächten und Waldrändeleien haben unsere Ackerwild- bzw. Heilkräuter eine Entwicklungschance, sehr zum Vorteil vieler Schmetterlinge, Käfer und Bienen. Aber auch der Waldbesitzer profitiert von dieser Insektenweide. Viele räuberische Insektenarten z.B. Schlupfwespen und Tachinen benötigen die Blütentracht, bevor sie ihre Eiablage an den (manchmal im Übermaß vorhandenen) Schmetterlingsraupen beginnen können. Wir fassen zusammen: Hecken könnten die Visitenkarte unserer Feldflur und unserer Waldränder werden, wenn wir etwas mehr Aufmerksamkeit für die großen Zusammenhänge in unseren Naturreichen aufbringen. Sie beherbergen die Heilkräuter und sind von ästhetischem Wert in der Landschaft und das zu allen vier Jahreszeiten. Auch die Wuchs- und Ertragsbedingungen in der Nähe von Hecken oder Säumen sind günstig. Und, Säume und Hecken tragen umfassende Regenerationsimpulse für unsere Landschaft in sich! ? German-Michael Hahn, |