Lebendige Erde 4/2003:

Forschung

Wie wirkt die Erzeugungsqualität von Lebensmitteln

Kann eine konsequente Ernährung mit vorwiegend biologisch-dynamisch erzeugten Lebensmittel Veränderungen im körperlichen, seelischen und geistigen Bereich hervorrufen? - Ergebnisse der Ernährungs-Qualitäts-Studie des Forschungsring (Klosterstudie)

von Karin Huber und Nikolai Fuchs


Offen für einen Versuch mit Demeter-Lebensmitteln: Nonnen und Küche des Klosters Heiligenbronn

Welche Einflüsse gehen von Ernährung aus? Wirkt Nahrung neben der Befriedigung von Hunger im physischen Bereich auch auf die seelische und geistige Konstitution des Menschen? Wenn ja, unterscheiden sich dann zum Beispiel konventionelle von biologisch-dynamischen Lebensmitteln? Solche und ähnliche Fragestellungen führten dazu, dass der Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V. nach längerer Vorbereitung eine Ernährungsstudie in Angriff nahm, die Antworten auf diese Fragen erhoffen ließ. Die Ernährungsempfehlungen - was, wann und wie an Nahrung aufnehmen ist - haben sich über die Zeit verändert. Stand nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland zunächst die Deckung des Kalorienbedarfs im Vordergrund, wurde ab den 70iger Jahren verstärkt auf genügend Mineralstoffe und Vitamine geachtet. Seit den 90iger Jahren werden zusätzlich Functional Food Produkte vermarktet, die neben dem Nährwert noch weitere Wirkungen haben sollen, wie z.B. die Verdauung anzuregen. Gleichzeitig wird immer mehr bekannt, dass die Ernährung nicht nur wichtig ist, um den Körper aufzubauen, sondern dass sie auch Auswirkungen auf die Psyche hat. Depressionen z.B. werden in Zusammenhang mit Mangel an einem bestimmten Mineralstoff gebracht (Conrad und Kaufmann, 1990), Hyperaktivität mit einer zu hohen Phosphatzufuhr (Hafer, 1997). Auch die entspannende Wirkung von Schokolade wird versucht, auf stoffliche Weise zu erklären. In manchen Zeitschriften wird geschildert, dass durch Kakao der Neurotransmitter Serotonin freigesetzt wird, der ein Glücksgefühl erzeugt. Derzeit geht man allerdings davon aus, dass das Geschmackserlebnis die ausschlaggebende Rolle bei dieser Gemütsveränderung spielt (Westenhöfer, 2001).

Auch aus anthroposophisch-geisteswissenschaftlicher Sicht haben nicht die Substanzen in den Lebensmitteln die wesentliche Bedeutung, sondern die Kräfte, die beim Verzehr dem Menschen vermittelt werden und ihn dadurch in Regsamkeit bringen, so den Willen in den Körper einführen (Steiner, 1924). So sind die Pflanzen von Bildekräften und Lebenskräften durchzogen. Diese sind verschieden in den unterschiedlichen Teilen der Pflanze, wie z.B. in den Blättern oder Wurzeln, werden aber auch beeinflusst durch die Anbauart. Vom Menschen können diese Kräfte allerdings nicht direkt übernommen werden, sondern müssen im Verdauungsprozess überwunden werden. Dabei wird Widerstand gegen die Eigennatur der Pflanze geleistet, was auch ein - meistens unbewusstes - seelisches Erlebnis im Innern auslöst (Schmidt, 1982; Kühne, 1993).

Mit bildschaffenden Methoden können je nach Gemüseart Unterschiede in den formgebenden Kräften aufgezeigt werden. Eine Differenzierung ist auch möglich, je nachdem, ob die gleiche Gemüseart und -Sorte biologisch-dynamisch, biologisch oder konventionell angebaut wurde. Haben diese aus der Anbauweise resultierenden Unterschiede auch eine Auswirkung auf den Menschen? Besonders, was ihren Einfluss auf die Regsamkeit und den Willen betrifft? Oder haben sie vielleicht Einflüsse auf den Menschen, die bislang noch unbekannt sind? Welche Methoden sind zur Erfassung einerseits dieser Qualitäten der Lebensmittel, andererseits für die Messung von deren Auswirkung geeignet? Neben den bildschaffenden Methoden können mit anderen so genannten ganzheitlichen Lebensmittel-Untersuchungsmethoden, wie z.B. elektrochemischen Verfahren Unterschiede in der Qualität von Lebensmitteln je nach Anbauart, aufgezeigt werden. (Hoffmann, 1991). Einen Sprung in der Untersuchungsmethodik sind direkte Ernährungsversuche. Futterwahlversuche mit Tieren haben gezeigt, dass Tiere, wenn sie die Auswahl haben, bevorzugt zu biologischem Futter greifen (Velmirov 2001). Schon vor siebzig Jahren hat ein Arzt über zwölf Jahre dokumentiert, wie die Ernährung jeweils auf Patienten auswirkte, die sich mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernährt hatten (Kalkhof 1935). Er berichtet, dass seine Patienten feststellten, dass diese Lebensmittel bekömmlicher sind und Darmprobleme behoben wurden. Kinder wurden resistenter gegen die ererbten Schwächeanlagen und konnten Demeter-Gemüse von konventionell erzeugtem Gemüse beim Essen unterscheiden. Wenn der körperliche Zustand besser wurde, beobachtete dieser Arzt auch Veränderungen im Seelischen. Leser der Zeitschrift Lebendige Erde, die im Jahr 2001 aufgefordert wurden, von ihren Erfahrungen mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln zu berichten, bestätigten diese Beobachtungen (Huber, 2003). (siehe S. 12 ff.)

Wissenschaftlich sind diese Beschreibungen jedoch nicht ohne weiteres zu interpretieren, da eine Umstellung des Speisezettels meist mit einer anderen Kostform und oftmals mit einer Änderung der gesamten Lebensführung, sei es hinsichtlich Tagesgestaltung, Wohnumfeld und Hobbys, einher geht. Es handelt sich um Einzelbeschreibungen, die allgemeingültige Aussagen nicht zulassen. Auch bei einer schwedischen Studie, die zwar statistisch abgesichert ist, konnten die Ursachen für das geringere allergene Potential, das bei Waldorfschülern im Gegensatz zu Schülern klassischer Schulen auftritt, nicht eindeutig auf einzelne Faktoren der Lebensführung zurückgeführt werden (Alm et al. 1999).

Vor diesem Hintergrund war es eine Herausforderung für den Forschungsring, eine wissenschaftlich fundierte Studie durchzuführen, bei der gezielt die Einflüsse nur des einen Faktors "Ernährung mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln" auf Körper, Geist und Seele untersucht werden sollten. Die Schwierigkeit bestand darin, einerseits ein Studiendesign zu finden, das gleichzeitig allgemeingültige als auch individuell geprägte Ergebnisse liefern kann, andererseits messbare Parameter auszuwählen, die Veränderungen in Körper, Geist und Seele beschreiben können.
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Planung der Studie
Für die Planung und Auswertung der Studie konnten für die verschiedenen Bereiche folgende Wissenschaftler gewonnen werden:

  • die Ernährungswissenschaftlerinnen Prof. Dr. Angelika Meier-Ploeger (Lehrstuhl für Ökologische Lebensmittelqualität und Ernährungskultur, Universität Gesamthochschule Kassel), Eva Bogatsch (Viva - Ernährungsberatung und Gesundheitsmanagement) und Dr. Petra Kühne (Leiterin des Arbeitskreises für Ernährungsforschung e.V.),
  • für den "psychologischen" Aspekt der Studie Dr. Gabriele Dlugosch (Zentrum für empirische pädagogische Forschung, Universität Landau, Leitung des Fachbereichs Gesundheit),
  • zu Fragen zur biologisch-dynamischen Lebensmittelqualität Dr. Ingo Hagel (Institut für biologisch-dynamische Forschung, Darmstadt),
  • als Medizinerin Dr. Machteld Huber (Louis-Bolk Institut, Department of healthcare and nutrition, NL-LA, Driebergen), und Dr. Hans-Karl Mittelstraß (ehemaliger leitender Kinderarzt der Filderklinik, Filderstadt),
  • als Mikrobiologe PD Dr. Andreas Schwarzkopf (Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, ENTEROSAN, Bad Bocklet-Großenbrach)´,
  • für die Gesamtauswertung Prof. Jürgen Hennig (Psychologie und Sportwissenschaft, Universität Gießen) Allen Experten möchten wir an dieser Stelle für ihr großes Engagement und ihre Unterstützung sehr herzlich danken!
Abb.1: Studiendesign der Ernährungs-Qualitätsstudie

Fragestellung der Studie
Ausgehend von der These, dass Nahrungsmittel nicht nur durch ihre Stoffe im Sinne von "Stoff-Wechsel" den physischen Körper ernähren, sondern vor allem über eine Anregungsqualität auch auf die Seele des Menschen und den Geist wirken, sollte in der Ernährungs-Qualitäts-Studie untersucht werden, ob und inwiefern biologisch-dynamisch erzeugte Lebensmittel eine Auswirkung auf die seelische Spannkraft, die geistige Regsamkeit sowie allgemeine Befindlichkeiten der Konsumenten haben. Diese mehr im psychologischen Bereich liegenden Untersuchungen sollten parallel durch analytisch messbare Faktoren im Verdauungs- und Blutbereich (Immunologische Parameter) gestützt werden.

Studiendesign: wie prüft man Ernährungswirkungen experimentell?
Die größte Herausforderung für die Studie war, über die Analyse von Produkten und über Versuche mit Tieren hinauszugehen. Neben den ethischen Überlegungen, die einer Studie mit Menschen vorausgehen müssen, sind die Bedingungen für eine solche Studie denkbar kompliziert, da die vielen Einflussfaktoren neben der Ernährung auf das Befinden der Menschen konstant gehalten werden müssen. Dafür kommen in der Regel nur Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen, Heime oder Gefängnisse in Frage. Zudem ist eine gewisse Größe der Institution erforderlich, bzw. eine genügend große Zahl an Teilnehmern, so dass die Ergebnisse statistisch auswertbar sind. Eine besondere Herausforderung für diese Studie war auch die Voraussetzung, dass die Teilnehmer/innen zur Selbstreflektion fähig sein und diese über einen längeren Zeitraum durchhalten können sollten. Daneben sollte eine gewisse Offenheit für Spiritualität vorhanden sein, um Veränderungen im kognitiven wie auch möglicherweise im meditativen Bereich feststellen zu können. Eine Klostergemeinschaft schien also eine geeignete Zielgruppe zu sein. Vier Klöster waren prinzipiell zu der Studie bereit, und es musste ein Kompromiss gefunden werden, zwischen optimalem Studiendesign und der Bereitschaft von Teilnehmern und Küche zu Einschränkungen und Mehraufwand.

 

 
Für die Küche und den Alltag der Nonnen bedeutete der Versuch einige Umstellungen
 

Nur mit einem Kloster, dem Franziskanerinnenkloster Heiligenbronn im Schwarzwald, konnten wir uns auf ein für alle Seiten akzeptables Studiendesign einigen (Abb. 1). Die Studie dauerte insgesamt acht Wochen, in denen der Koch nach dem selben Speiseplan wie üblich kochte. Während vier Wochen verwendete er möglichst viele biologisch-dynamische Lebensmittel. Gemüse, Fleisch und einige Milchprodukte wurde von einem Demeterbetrieb (Fischermühle) bezogen, das Brot von einer Demeter-Bäckerei (Schmid in Bräunlingen). Ergänzendes wurde von einem Bio-Grossisten geliefert, in Naturkostläden gekauft, von Verarbeitern gesponsort oder direkt bei verschiedenen Erzeugern abgeholt. Die verwendeten Lebensmittel entsprechen folglich denen, die für jeden Verbraucher auf dem Markt verfügbar sind, wenn er sich mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernähren möchte. Da es zum Einen aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, manche Lebensmittel in biologisch-dynamischer Qualität zu bekommen, wie z.B. Fisch, Marmelade oder Magerquark, zum Anderen der Koch sich an den festgelegten Speiseplan halten musste, liegt der Anteil von biologisch-dynamischen Lebensmittel an der Gesamternährung in dieser Phase bei 85 Prozent. Je zwei Wochen vor und nach der biologisch-dynamischen Phase verwendete der Koch einen konventionellen, angepassten Speiseplan, bei dem er die Tiefkühlprodukte, die er normalerweise gebraucht, durch konventionelle, frische Lebensmittel ersetzte.

Parallel zu allen Phasen fanden Fragebogenerhebungen, Blut- und Stuhlprobenanalysen statt. Um die Antworten der Fragebogenerhebungen nicht zu beeinflussen, wäre es am Besten gewesen, wenn die Teilnehmer nicht gewusst hätten, Lebensmittel welcher Herkunft sie aktuell verzehrten. Das Äußere der Lebensmittel machte diese Forderung jedoch unmöglich. So unterscheiden sich z.B. die biologisch-dynamischen Backwaren und Kekse eindeutig von den konventionellen. Die Durchführung der Studie schien uns nicht beeinträchtigt, da die vor der Studie geführten Gespräche ergeben hatten, dass die Teilnehmer den biologisch-dynamischen Lebensmitteln gegenüber unvoreingenommen waren, was sich während der Studie bestätigte. Die Teilnehmer äußerten deutlich, ob ihnen etwas schmeckte oder nicht. In der statistischen Auswertung der Analysenwerte gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Teilnehmern, die nur der Gemeinschaft zuliebe teilgenommen hatten (extern motivierte) und Teilnehmern, die sich persönlich etwas davon versprochen hatten (intern motivierte), mit Ausnahme des Blutdrucks. Von den 70 Schwestern, die im Kloster wohnen, waren 22 Schwestern bereit, an der Studie teilzunehmen. Weiterhin konnten fünf Frauen und vier Männer, die in der Nähe des Klosters arbeiten, gewonnen werden, an der Studie teilzunehmen.

Durchführung: Was kam auf die Teilnehmer zu?
Von den Teilnehmern wurde gefordert, während der ganzen Studienzeit nicht in Urlaub oder auf mehrtägige Veranstaltungen zu gehen. Sie mussten täglich ein Ernährungsprotokoll ausfüllen, in dem sie festhielten, was und wie viel sie zu sich nahmen. So mussten sie z. B. angeben, wie viel Scheiben Brot sie aßen, wie viel Butter sie darauf strichen und wie viel Milch sie dem Kaffee zufügten. Besonders schwer fiel ihnen, dass sie während der biologisch-dynamischen Phase nur Lebensmittel essen durften, die zur Verfügung gestellt wurden. Wenn sie also auswärts eingeladen waren, mussten sie die dort angebotenen Speisen ablehnen und bekamen ein Vesperpaket mit. Alle vierzehn Tage füllten sie einen Fragebogen über ihre Befindlichkeit aus. Um eventuell Hinweise über Veränderungen der geistigen Regsamkeit zu bekommen, wurden neben den Befindlichkeitsfragen auch Denksportaufgaben gestellt, bei denen gerechnet, kombiniert und das Gedächtnis abgefragt wurden. Gleichzeitig mussten sie angeben, wie lange sie für die Aufgaben brauchten und ob sie Lust hätten, weitere Rätsel zu lösen. Bei jeder Phase wurde ihnen auf nüchternen Magen Blut abgenommen. Von einem Teil der Proben wurde in einem Labor ein Blutbild erstellt (Cholesterin, Leberwerte, Transferin, Hämoglobin...). Der andere Teil ging in ein auf die Analyse von immunologischen Parametern (Natürliche Killerzellen, Lymphozyten, T-Helfer Zellen...) spezialisiertes Labor. Zu den selben Zeitpunkten mussten die Teilnehmer auch jeweils eine Stuhlprobe abliefern, bei der u.a. die verschiedenen vorhandenen Bakterienarten und Pilze bestimmt wurden. Wir möchten uns ganz herzlich bei den Schwestern und Kolleginnen und Kollegen, die diesen Aufwand auf sich genommen haben, bedanken!

Durchführung: Was kam auf Koch und Küchenpersonal zu ?
Der Koch musste für die Zeit der Studie seine üblichen Lieferanten abbestellen und führte seine Bestellungen bei anderen Händlern durch, die vielfach nicht seine gewohnten Lebensmittel hatten, nicht die gewohnten Gebinde und auch zu anderen Zeiten lieferten. Das bedeutete zusätzliche Arbeit für das Küchenpersonal, das z.B. die Marmelade und den Joghurt für das ganze Kloster aus kleinen Gläschen schaben musste. Erschwerend kam dazu, dass sich die benötigten Mengen während der Studie änderten. So wurden während der biologisch-dynamischen Phase vom ganzen Kloster innerhalb drei Tagen 20 Liter mehr Milch konsumiert als normalerweise. (Ob und wieviel die Teilnehmer mehr aufgenommen haben, wird noch ausgewertet). Für die neun Teilnehmer, die nicht im Kloster wohnten, musste das Essen für jeden Tag zusammengestellt werden, was einen erheblichen Mehraufwand für das Küchenpersonal bedeutete. Auch Koch und Küchenpersonal sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Was kam auf die Projektverantwortliche zu?
Während der ganzen Studienzeit war Karin Huber im Kloster anwesend, um täglich die unterschiedlichen Speisen abzuwiegen. Dies ermöglicht, zusammen mit den von den Teilnehmern angegebenen verzehrten Lebensmittelmengen, die jeweils aufgenommenen Nährstoffmengen zu berechnen. Daneben war es wichtig, als Ansprechpartnerin für die verschiedensten Fragen und organisatorischen Details zur Verfügung zu stehen. Auch sollte ihre Präsenz genutzt werden, um einerseits zu überprüfen, ob die Teilnehmer die an sie gestellten Bedingungen einhalten und um andererseits herauszufinden, ob die Teilnehmer noch andere Beobachtungen machen als die, die im Fragebogen abgefragt wurden. So kam es zu einer achtwöchigen intensiven Kloster-Periode der Projektverantwortlichen.
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Erste Ergebnisse Psychologischer Bereich
Befindlichkeit:
Die Fragenbogen-Erhebungen, bei denen die Teilnehmer alle 14 Tage in einer Skala von 1 (nie) bis 5 (sehr häufig) angeben mussten, wie oft körperliche Beschwerden (Herz-Kreislauf Beschwerden, Magen-Darm Beschwerden, Glieder-, Schulter, Kreuz- oder Nackenschmerzen, Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, Anspannung) auftraten, ergeben zusammenfassend hochsignifikante Unterschiede. So traten in der biologisch-dynamischen Zeit eindeutig am wenigsten körperliche Beschwerden auf (Fig.2). Die ergänzende Frage, bei denen die Teilnehmer von sich aus angeben mussten, ob ihnen im Zusammenhang mit der Ernährungsumstellung Veränderungen im körperlichen, seelischen oder geistigen Befinden auffielen, zeigt, wie individuell verschieden die Auswirkungen bei den Teilnehmer während der biologisch-dynamischen Phase waren. (Tab.2). Dabei ist auch interessant, dass von den 31 Teilnehmern 11 gar keine Veränderungen feststellten, während 18 Auswirkungen spürten (2 gaben in dieser Zeit keine Fragebögen ab). Veränderungen wurden im allgemeinen schon nach vierzehn Tagen der biologisch-dynamische Phase festgestellt (14 Teilnehmer), die übrigen 4 bemerkten erst nach vier Wochen andauerndem Verzehr von biologisch-dynamischen Lebensmittel eine Veränderung.

Abb. 2: Angaben der Teilnehmer zu ihren körperlichen Beschwerden.

Kritisch könnte gefragt werden, ob das verbesserte Wohlbefinden der Teilnehmer weniger mit der Umstellung der Ernährung zusammenhängt als vielleicht mit der Präsenz der Projektverantwortlichen im Kloster und das dadurch veränderte Alltagsleben der Schwestern. Dem gegenüber steht, dass die Projektverantwortliche die ganzen acht Wochen im Kloster verbracht hat, also in allen unterschiedlichen Phasen anwesend war, und dass die Ergebnisse der aushäusigen Teilnehmer der Studie sich statistisch nicht unterscheiden. Dass manch besonders gute biologisch-dynamische Mahlzeit die Stimmung der Teilnehmer verbesserte, konnte von ihr direkt miterlebt werden, ebenso wie die Rückumstellung auf konventionelle Lebensmittel eine Enttäuschung hervorrief. In wieweit z.B. eine von einer Teilnehmerin beobachtete "bessere Ausgeglichenheit" auf die bessere Stimmung zurückgeführt oder direkt mit Aspekten der Ernährung in Verbindung gebracht wird, ist eine weitere Forschungsfrage. Ein anderer Grund, der dafür spricht, dass die Ernährung mit den biologisch-dynamischen Lebensmittel der ausschlaggebende Punkt für die Änderungen im Wohlbefinden waren, ist, dass die teilnehmenden Schwestern sich auch weiterhin mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernähren wollen.

Regsamkeit und Denksport
Die Denksportaufgaben waren ein Versuch, festzustellen, ob sich die geistige Regsamkeit im Laufe der Studie geändert hat. Bei der Frage, an die Teilnehmer, ob sie Lust hätten, einige Denksportaufgaben zu lösen (Tab.1) ist eine leichte Tendenz zu erkennen, dass in der biologisch-dynamischen Zeit etwas mehr Personen diese Frage bejahen. Die Ergebnisse zu den korrekt gelösten Aufgaben müssen zurückhaltend interpretiert werden, da der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben vor dem Einsatz nicht an einer Test-Stichprobe normiert wurde. So kann es zu einer Vermischung zwischen den richtig beantworteten Aufgaben und einem eventuell unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der Aufgaben kommen. Dennoch sieht man die leichte Tendenz, dass in der ersten, konventionell-angepassten Phase und in der biologisch-dynamischen Phase etwas mehr Teilnehmer alle drei Aufgaben richtig gelöst haben.

Bei der Interpretation ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass manche Teilnehmer bestimmte Rätselarten noch nie gelöst hatten und erst zur zweiten Messung wussten, wie sie die zu lösen hatten. Auch sollten die Fragebögen immer zum selben Zeitpunkt ausgefüllt werden, jeweils nach dem Mittagessen. Jedoch konnte der einheitliche Zeitplan hier nicht eingehalten werden. In dieser Hinsicht kann der Versuch, die Veränderungen in der geistigen Regsamkeit zu ermitteln, sicherlich noch verbessert werden. Parallel ist aber auch anzunehmen, dass sich eine Veränderung in der geistigen Regsamkeit nicht nur in der unterschiedlichen Bearbeitung von Denksportaufgaben bemerkbar macht, sondern sich ganz individuell bei den Teilnehmern äußert. Bei einem nächsten Versuch wäre parallel gezielt zu fragen, ob die Teilnehmer qualitativen Veränderungen in ihren alltäglichen Beschäftigungen beobachten können.

  Beginn konv.-an Biol.-dyn. Biol.-dyn. konv.-an 4 Wochen nach Ende
ja 15 15 17 16 13 11
weiß nicht 3 2 - 1 3

3

nein - 1 1 1 2 4
 

Beginn
N=20

konv.-an
N=26
Biol.-dyn.
N=23
Biol.-dyn.
N=20
konv.-an
N=20
4 Wochen nach Ende
N=23
3 richtige Aufgaben 14 22 23 23 14 11
2 richtige Aufgaben 6 4 - 3 6 12
0 richtige Aufgaben - - - - - -
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Tab 1: Motivation der Teilnehmer im Verlauf der Studie zum Lösen von Denksportaufgaben (Haben Sie Lust ein paar Denksprotaufgaben zu lösen?). Unten: Zahl der korrekt gelösten Denksportaufgaben im Verlauf der Studie.
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Erste Ergebnisse: analytischer Bereich
Die bis jetzt aufgezeigten Ergebnisse resultieren aus systematisch aufgenommenen subjektiven Beobachtungen der Teilnehmer. Ein Anliegen der Studie war jedoch auch zu überprüfen, ob sich im Zuge der Ernährungsumstellung objektiv messbare Parameter verändern. Tatsächlich konnten bei den immunologischen Parametern signifikante Unterschiede festgestellt werden. Ein Beispiel sind die "Natürlichen Killerzellen", die zur körpereigenen Abwehr von Virusinfektionen beitragen. Deren Werte sind in der konventionell angepassten und in der biologisch-dynamischen Phase höher als die Ausgangswerte und deuten auf eine Verbesserung des Abwehrpotentials (Abb. 3). Dieses Muster vollzieht sich in ähnlicher Weise auch bei den anderen untersuchten immunologischen Parametern. Die Grundlagenforschung ist allerdings noch nicht so weit, dass man aus den gewonnenen Ergebnissen konkrete Rückschlüsse ziehen kann, was das für den einzelnen Menschen bedeutet. Auch können mit dem verwendeten Studiendesign die auslösenden Faktoren für diese Veränderungen nicht genau geklärt werden. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die ermittelten Werte Mittelwerte sind. Die Originalverläufe einzelner Teilnehmer können davon abweichen (Abb. 3). Auch bezüglich der Veränderungen in der Darmflora wurden interessante Einzelverläufe festgestellt. Die statistische Auswertung ergab allerdings keine signifikanten Unterschiede. Von Interesse wird die Überprüfung sein, ob diese mit den Veränderungen im immunologischen Bereich einhergehen. So können eventuell Rückschlüsse gezogen werden, ob die Verdauung einen Einfluss auf die Veränderung der immunologischen Parameter hat. Weiterhin muss noch ausgewertet werden, wie sich das Ernährungsverhalten in den unterschiedlichen Phasen der Studie verändert hat, ob die Teilnehmer z.B. in der biologisch-dynamischen Zeit mehr oder weniger Brot oder Gemüse gegessen haben als zuvor.

Beobachtungen der StudienTeilnehmer
Nach 14 Tagen Nach 28 Tagen
Ausgeglichener Genieße langsamer
Wach

Vielseitig interessiert

Weniger Kopfschmerzen Weniger schmerzempfiindlich, positive Grundstimmung
Geschmacksinn verstärkt Besserung am Knie
Ich empfinde intensiver Ausgeglichener
Am Mittag nicht müde

Genieße, bin zufrieden

Kopf ist freier Ausgeglichener, es fehlt nichts
Besserer Schlaf Träume viel, Juckreiz ist weg, fit, wach
Keine Migräne Bewusstes Kauen und Essen
Ruhiger, nicht aufgebläht Keine Ernährungsbedingten Tiefs mehr
Kräftigere Fingernägel Große Wachheit (kenne ich nur vom Fasten)
Weichere Haut Frischer, froher
Bei Stress nicht zu Süßigkeiten
greifen
Nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen
Sensibler Konnte besser denken, fitter
Leicht zu verdauen Ohne Völlegefühl
Heißhunger verschwindet  

Tab.2: Anworten (Auswahl) auf die Frage: "Sind Ihnen im Zusammenhang mit der Ernährungsumstellung Veränderungen im körperlichen, seelischen oder geistigen Bereich aufgefallen", gestellt nach 14 tägigem und 28 tägigem Verzehr von biologisch-dynamischen Lebensmitteln.
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Fazit
Um möglichst viele Informationen über die Wirkungen von biologisch-dynamischen Lebensmitteln zu bekommen, wurden zwei Auswertestrategien parallel eingesetzt: zum einen die Prüfung der verschiedenen Parameter in der Gruppe auf statistisch signifikante Unterschiede, zum anderen der individuelle Verlauf der Parameter bei den einzelnen Personen.

Abb.3: Veränderung der Anzahl der Killerzellen im Verlauf der Studie (Mittelwerte und individuelle Verläufe)
 

Dabei sind die einzelnen Parameter für sich genommen interessant. Aber erst die Auswertung, wie sich die geistige Regsamkeit, die körperliche und seelische Befindlichkeit, die immunologischen Parameter und die Darmflora in Abhängigkeit von der Ernährung gegenseitig beeinflussen, wird eine abschließende Aussage hinsichtlich der Ernährungswirksamkeit ermöglichen. Bei der durchgeführten Studie handelt es sich um eine Pilotstudie. Zu den aufgeworfenen Fragen mussten erst die passenden Parameter ausgewählt werden, von denen man annehmen konnte, dass sie ein "Maß" zur Beschreibung der geistigen Regsamkeit und für die Veränderungen in Seele und Körper sind. So stellt auch das Studiendesign einen ersten Versuch dar, der sicherlich noch verbessert werden kann. Dennoch, mit dieser Studie konnte eindeutig gezeigt werden, dass durch eine qualitative Ernährungsumstellung auf Lebensmittel aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft sich Veränderungen sowohl im subjektiven als auch im analytischen Bereich einstellen.

 

 

Dr. Karin Huber
Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V.
Brandschneise 1
64295 Darmstadt

Nikolai Fuchs
Landwirtschaftliche Abteilung der Hochschule für Geisteswissenschaften - Goetheanum
Hügelweg 59
CH-4143 Dornach