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Lebendige Erde 4/2003:ForschungWie wirkt die Erzeugungsqualität von LebensmittelnKann eine konsequente Ernährung mit vorwiegend biologisch-dynamisch erzeugten Lebensmittel Veränderungen im körperlichen, seelischen und geistigen Bereich hervorrufen? - Ergebnisse der Ernährungs-Qualitäts-Studie des Forschungsring (Klosterstudie)von Karin Huber und Nikolai Fuchs
Welche Einflüsse gehen von Ernährung aus? Wirkt Nahrung neben der Befriedigung von Hunger im physischen Bereich auch auf die seelische und geistige Konstitution des Menschen? Wenn ja, unterscheiden sich dann zum Beispiel konventionelle von biologisch-dynamischen Lebensmitteln? Solche und ähnliche Fragestellungen führten dazu, dass der Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V. nach längerer Vorbereitung eine Ernährungsstudie in Angriff nahm, die Antworten auf diese Fragen erhoffen ließ. Die Ernährungsempfehlungen - was, wann und wie an Nahrung aufnehmen ist - haben sich über die Zeit verändert. Stand nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland zunächst die Deckung des Kalorienbedarfs im Vordergrund, wurde ab den 70iger Jahren verstärkt auf genügend Mineralstoffe und Vitamine geachtet. Seit den 90iger Jahren werden zusätzlich Functional Food Produkte vermarktet, die neben dem Nährwert noch weitere Wirkungen haben sollen, wie z.B. die Verdauung anzuregen. Gleichzeitig wird immer mehr bekannt, dass die Ernährung nicht nur wichtig ist, um den Körper aufzubauen, sondern dass sie auch Auswirkungen auf die Psyche hat. Depressionen z.B. werden in Zusammenhang mit Mangel an einem bestimmten Mineralstoff gebracht (Conrad und Kaufmann, 1990), Hyperaktivität mit einer zu hohen Phosphatzufuhr (Hafer, 1997). Auch die entspannende Wirkung von Schokolade wird versucht, auf stoffliche Weise zu erklären. In manchen Zeitschriften wird geschildert, dass durch Kakao der Neurotransmitter Serotonin freigesetzt wird, der ein Glücksgefühl erzeugt. Derzeit geht man allerdings davon aus, dass das Geschmackserlebnis die ausschlaggebende Rolle bei dieser Gemütsveränderung spielt (Westenhöfer, 2001). Auch aus anthroposophisch-geisteswissenschaftlicher Sicht haben nicht die Substanzen in den Lebensmitteln die wesentliche Bedeutung, sondern die Kräfte, die beim Verzehr dem Menschen vermittelt werden und ihn dadurch in Regsamkeit bringen, so den Willen in den Körper einführen (Steiner, 1924). So sind die Pflanzen von Bildekräften und Lebenskräften durchzogen. Diese sind verschieden in den unterschiedlichen Teilen der Pflanze, wie z.B. in den Blättern oder Wurzeln, werden aber auch beeinflusst durch die Anbauart. Vom Menschen können diese Kräfte allerdings nicht direkt übernommen werden, sondern müssen im Verdauungsprozess überwunden werden. Dabei wird Widerstand gegen die Eigennatur der Pflanze geleistet, was auch ein - meistens unbewusstes - seelisches Erlebnis im Innern auslöst (Schmidt, 1982; Kühne, 1993). Mit bildschaffenden Methoden können je nach Gemüseart Unterschiede in den formgebenden Kräften aufgezeigt werden. Eine Differenzierung ist auch möglich, je nachdem, ob die gleiche Gemüseart und -Sorte biologisch-dynamisch, biologisch oder konventionell angebaut wurde. Haben diese aus der Anbauweise resultierenden Unterschiede auch eine Auswirkung auf den Menschen? Besonders, was ihren Einfluss auf die Regsamkeit und den Willen betrifft? Oder haben sie vielleicht Einflüsse auf den Menschen, die bislang noch unbekannt sind? Welche Methoden sind zur Erfassung einerseits dieser Qualitäten der Lebensmittel, andererseits für die Messung von deren Auswirkung geeignet? Neben den bildschaffenden Methoden können mit anderen so genannten ganzheitlichen Lebensmittel-Untersuchungsmethoden, wie z.B. elektrochemischen Verfahren Unterschiede in der Qualität von Lebensmitteln je nach Anbauart, aufgezeigt werden. (Hoffmann, 1991). Einen Sprung in der Untersuchungsmethodik sind direkte Ernährungsversuche. Futterwahlversuche mit Tieren haben gezeigt, dass Tiere, wenn sie die Auswahl haben, bevorzugt zu biologischem Futter greifen (Velmirov 2001). Schon vor siebzig Jahren hat ein Arzt über zwölf Jahre dokumentiert, wie die Ernährung jeweils auf Patienten auswirkte, die sich mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernährt hatten (Kalkhof 1935). Er berichtet, dass seine Patienten feststellten, dass diese Lebensmittel bekömmlicher sind und Darmprobleme behoben wurden. Kinder wurden resistenter gegen die ererbten Schwächeanlagen und konnten Demeter-Gemüse von konventionell erzeugtem Gemüse beim Essen unterscheiden. Wenn der körperliche Zustand besser wurde, beobachtete dieser Arzt auch Veränderungen im Seelischen. Leser der Zeitschrift Lebendige Erde, die im Jahr 2001 aufgefordert wurden, von ihren Erfahrungen mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln zu berichten, bestätigten diese Beobachtungen (Huber, 2003). (siehe S. 12 ff.) Wissenschaftlich sind diese Beschreibungen jedoch nicht ohne weiteres zu interpretieren, da eine Umstellung des Speisezettels meist mit einer anderen Kostform und oftmals mit einer Änderung der gesamten Lebensführung, sei es hinsichtlich Tagesgestaltung, Wohnumfeld und Hobbys, einher geht. Es handelt sich um Einzelbeschreibungen, die allgemeingültige Aussagen nicht zulassen. Auch bei einer schwedischen Studie, die zwar statistisch abgesichert ist, konnten die Ursachen für das geringere allergene Potential, das bei Waldorfschülern im Gegensatz zu Schülern klassischer Schulen auftritt, nicht eindeutig auf einzelne Faktoren der Lebensführung zurückgeführt werden (Alm et al. 1999). Vor diesem Hintergrund war es eine Herausforderung für den Forschungsring,
eine wissenschaftlich fundierte Studie durchzuführen, bei der gezielt
die Einflüsse nur des einen Faktors "Ernährung mit biologisch-dynamischen
Lebensmitteln" auf Körper, Geist und Seele untersucht werden sollten.
Die Schwierigkeit bestand darin, einerseits ein Studiendesign zu finden,
das gleichzeitig allgemeingültige als auch individuell geprägte Ergebnisse
liefern kann, andererseits messbare Parameter auszuwählen, die Veränderungen
in Körper, Geist und Seele beschreiben können. |
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Planung der Studie
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Fragestellung der Studie Studiendesign: wie prüft man Ernährungswirkungen
experimentell?
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Nur mit einem Kloster, dem Franziskanerinnenkloster Heiligenbronn im Schwarzwald, konnten wir uns auf ein für alle Seiten akzeptables Studiendesign einigen (Abb. 1). Die Studie dauerte insgesamt acht Wochen, in denen der Koch nach dem selben Speiseplan wie üblich kochte. Während vier Wochen verwendete er möglichst viele biologisch-dynamische Lebensmittel. Gemüse, Fleisch und einige Milchprodukte wurde von einem Demeterbetrieb (Fischermühle) bezogen, das Brot von einer Demeter-Bäckerei (Schmid in Bräunlingen). Ergänzendes wurde von einem Bio-Grossisten geliefert, in Naturkostläden gekauft, von Verarbeitern gesponsort oder direkt bei verschiedenen Erzeugern abgeholt. Die verwendeten Lebensmittel entsprechen folglich denen, die für jeden Verbraucher auf dem Markt verfügbar sind, wenn er sich mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernähren möchte. Da es zum Einen aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, manche Lebensmittel in biologisch-dynamischer Qualität zu bekommen, wie z.B. Fisch, Marmelade oder Magerquark, zum Anderen der Koch sich an den festgelegten Speiseplan halten musste, liegt der Anteil von biologisch-dynamischen Lebensmittel an der Gesamternährung in dieser Phase bei 85 Prozent. Je zwei Wochen vor und nach der biologisch-dynamischen Phase verwendete der Koch einen konventionellen, angepassten Speiseplan, bei dem er die Tiefkühlprodukte, die er normalerweise gebraucht, durch konventionelle, frische Lebensmittel ersetzte. Parallel zu allen Phasen fanden Fragebogenerhebungen, Blut- und Stuhlprobenanalysen statt. Um die Antworten der Fragebogenerhebungen nicht zu beeinflussen, wäre es am Besten gewesen, wenn die Teilnehmer nicht gewusst hätten, Lebensmittel welcher Herkunft sie aktuell verzehrten. Das Äußere der Lebensmittel machte diese Forderung jedoch unmöglich. So unterscheiden sich z.B. die biologisch-dynamischen Backwaren und Kekse eindeutig von den konventionellen. Die Durchführung der Studie schien uns nicht beeinträchtigt, da die vor der Studie geführten Gespräche ergeben hatten, dass die Teilnehmer den biologisch-dynamischen Lebensmitteln gegenüber unvoreingenommen waren, was sich während der Studie bestätigte. Die Teilnehmer äußerten deutlich, ob ihnen etwas schmeckte oder nicht. In der statistischen Auswertung der Analysenwerte gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Teilnehmern, die nur der Gemeinschaft zuliebe teilgenommen hatten (extern motivierte) und Teilnehmern, die sich persönlich etwas davon versprochen hatten (intern motivierte), mit Ausnahme des Blutdrucks. Von den 70 Schwestern, die im Kloster wohnen, waren 22 Schwestern bereit, an der Studie teilzunehmen. Weiterhin konnten fünf Frauen und vier Männer, die in der Nähe des Klosters arbeiten, gewonnen werden, an der Studie teilzunehmen. Durchführung: Was kam auf die Teilnehmer zu? Durchführung: Was kam auf Koch und Küchenpersonal
zu ? Was kam auf die Projektverantwortliche zu? |
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Erste Ergebnisse Psychologischer Bereich
Kritisch könnte gefragt werden, ob das verbesserte Wohlbefinden der Teilnehmer weniger mit der Umstellung der Ernährung zusammenhängt als vielleicht mit der Präsenz der Projektverantwortlichen im Kloster und das dadurch veränderte Alltagsleben der Schwestern. Dem gegenüber steht, dass die Projektverantwortliche die ganzen acht Wochen im Kloster verbracht hat, also in allen unterschiedlichen Phasen anwesend war, und dass die Ergebnisse der aushäusigen Teilnehmer der Studie sich statistisch nicht unterscheiden. Dass manch besonders gute biologisch-dynamische Mahlzeit die Stimmung der Teilnehmer verbesserte, konnte von ihr direkt miterlebt werden, ebenso wie die Rückumstellung auf konventionelle Lebensmittel eine Enttäuschung hervorrief. In wieweit z.B. eine von einer Teilnehmerin beobachtete "bessere Ausgeglichenheit" auf die bessere Stimmung zurückgeführt oder direkt mit Aspekten der Ernährung in Verbindung gebracht wird, ist eine weitere Forschungsfrage. Ein anderer Grund, der dafür spricht, dass die Ernährung mit den biologisch-dynamischen Lebensmittel der ausschlaggebende Punkt für die Änderungen im Wohlbefinden waren, ist, dass die teilnehmenden Schwestern sich auch weiterhin mit biologisch-dynamischen Lebensmitteln ernähren wollen. Regsamkeit und Denksport Bei der Interpretation ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass manche Teilnehmer bestimmte Rätselarten noch nie gelöst hatten und erst zur zweiten Messung wussten, wie sie die zu lösen hatten. Auch sollten die Fragebögen immer zum selben Zeitpunkt ausgefüllt werden, jeweils nach dem Mittagessen. Jedoch konnte der einheitliche Zeitplan hier nicht eingehalten werden. In dieser Hinsicht kann der Versuch, die Veränderungen in der geistigen Regsamkeit zu ermitteln, sicherlich noch verbessert werden. Parallel ist aber auch anzunehmen, dass sich eine Veränderung in der geistigen Regsamkeit nicht nur in der unterschiedlichen Bearbeitung von Denksportaufgaben bemerkbar macht, sondern sich ganz individuell bei den Teilnehmern äußert. Bei einem nächsten Versuch wäre parallel gezielt zu fragen, ob die Teilnehmer qualitativen Veränderungen in ihren alltäglichen Beschäftigungen beobachten können.
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Erste
Ergebnisse: analytischer Bereich
Tab.2: Anworten (Auswahl) auf die Frage: "Sind Ihnen im
Zusammenhang mit der Ernährungsumstellung Veränderungen im
körperlichen, seelischen oder geistigen Bereich aufgefallen",
gestellt nach 14 tägigem und 28 tägigem Verzehr von biologisch-dynamischen
Lebensmitteln. |
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Fazit
Dabei sind die einzelnen Parameter für sich genommen interessant. Aber erst die Auswertung, wie sich die geistige Regsamkeit, die körperliche und seelische Befindlichkeit, die immunologischen Parameter und die Darmflora in Abhängigkeit von der Ernährung gegenseitig beeinflussen, wird eine abschließende Aussage hinsichtlich der Ernährungswirksamkeit ermöglichen. Bei der durchgeführten Studie handelt es sich um eine Pilotstudie. Zu den aufgeworfenen Fragen mussten erst die passenden Parameter ausgewählt werden, von denen man annehmen konnte, dass sie ein "Maß" zur Beschreibung der geistigen Regsamkeit und für die Veränderungen in Seele und Körper sind. So stellt auch das Studiendesign einen ersten Versuch dar, der sicherlich noch verbessert werden kann. Dennoch, mit dieser Studie konnte eindeutig gezeigt werden, dass durch eine qualitative Ernährungsumstellung auf Lebensmittel aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft sich Veränderungen sowohl im subjektiven als auch im analytischen Bereich einstellen.
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Dr. Karin Huber Nikolai Fuchs |
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