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Lebendige Erde 5/2003:ForschungBiologisch-dynamische PflanzenbaugrundlagenEinige Elemente zum Verständnisvon Jürgen Fritz
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Wie kommt man von Rudolf Steiners Angaben zu wissenschaftlich geprüften Fakten? Der Autor zeigt eine Methode |
Aufbauend auf Vorträgen von Rudolf Steiner (1924) wurde die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise entwickelt. Bei dem Studium der Darstellungen Steiners entsteht das Problem, daß die dort getroffenen Aussagen zum Teil nicht unmittelbar nachprüfbar sind. Es ist z.B. schwierig, dargestellte Einfüsse von Planeten auf das Pflanzenwachstum nachzuvollziehen. Die hieraus entstehende Frage der vorliegenden Ausführungen ist: Wie können Fragestellungen entwickelt werden, die geeignet sind die Inhalte der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise zu prüfen? Ziel der Ausführungen ist es, eine Methode darzustellen, die stufenweise eine bessere Beurteilung der biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen ermöglicht.
Erwartungen, die an die Darstellungen Steiners
gestellt werden können
Steiner (1894) war der Ansicht, dass es den Menschen möglich ist, durch
gezielte Übung, Sensibilisierung und Entwicklung schlafender und schwach
entwickelter Fähigkeiten, die Wahrnehmungsmöglichkeiten qualitativ zu
erweitern. Er führte seine Darstellungen und Erkenntnisse auf einen
solchen erweiterten Wahrnehmungsbereich zurück. Diese erhöht nach Steiner
nicht nur die Vielfalt, sondern gibt auch den Blick frei für die Ursachenhintergründe
des normalen sinnlich sichtbaren Bereiches. Daraus kann die Erwartung
abgeleitet werden, dass die Darstellungen Steiners und die botanischen
Phänomene auf zwei qualitativ verschiedenen Ebenen den gleichen Sachverhalt
beschreiben. Die Aussagekraft eines solchen „Parallelbildes” wird wesentlich
von der umfangreichen Erarbeitung sowohl der biologisch-dynamischen
Darstellungen wie auch der botanischen Phänomene abhängen (zur Methode
des Parallelbildvergleiches siehe auch Kranich1983).
Beurteilung eines „Parallelbildvergleiches”
als Methode
In der naturwissenschaftlichen Forschung werden aus Vorstellungen Arbeitshypothesen
gebildet (Mohr & Schopfer1978). Zuerst wird geprüft, ob die Arbeitshypothesen
mit den bis dahin bekannten Phänomenen übereinstimmen (entspricht 1.Teil
der Prüfung, Abb. 1). Wenn keine Widerspüche vorliegen, werden Versuche
angelegt, die gezielt die Arbeitshypothesen prüfen (entspricht 2. Teil
der Prüfung, Abb. 1). Bei einem „Parallelbildvergleich” werden methodisch
genau die gleichen zwei Prüfungsschritte durchgeführt. Aussagen Steiners
werden zuerst als Arbeitshypothese erarbeitet (Abb. 1). Im ersten Teil
der Prüfung wird untersucht, ob Widerspüche zwischen den Darstellungen
Steiners und den botanischen Phänomenen auftreten oder Übereinstimmungen
auf qualitativ unterschiedlichen Ebenen im Sinne eines Parallelbildes
vorliegen. Wenn ein Parallelbild vorliegt, werden im zweiten Teil der
Prüfung Versuchsfragestellungen entwickelt, die gezielt das Parallelbild
und damit die Darstellungen Steiners prüfen.
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Erster Teil der Prüfung: „Parallelbild”? |
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Die biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen
und die Pflanzenhormone Wachstumsförderung im Parallelbild Auch Steiner (1924; A. und B. in Abb. 3) beschreibt zwei Wirkungen
der Sonne und der Planeten, die ein Pflanzenwachstum unterstützen, das
zum Wuchern neigt: die Sonne alleine und der Mond als Vollmond. Die
Sonne allein wirkt nach Steiner (1920) und Steiner & Wegman (1925, S.
28) im grünen Blattbereich und nur am Tag. Der Zusammenhang mit Licht
und photosynthetisierenden Organen ist naheliegend. Der Vollmond reflektiert
das Sonnenlicht. Der Vollmond als Rückstrahlung aus dem Boden bewirkt
nach Steiner (1924, S. 36, 153) eine Verstärkung der Reproduktionskräfte,
von der Vermehrung der Zellen bis hin zur Vermehrung der Pflanzen. Wasser
und Kalk im Boden sind die Vermittler dieser Kräfte an die Pflanze.
Durch die Vollmondkräfte werden die Wachstumskräfte der Erde verstärkt.
Auch der Stickstoff hat nach Steiner aufgrund seines Heranleitens der
Lebenskräfte an die Pflanze eine die Wachstumskräfte der Erde verstärkende
Wirkung. |
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Das dritte wachstumssteigernde Hormon ist Gibberellin. Im Sproß gebildetes Gibberellin wird vermutlich in die Wurzelspitzen transportiert, dort umgebaut und wieder in den Sproß transportiert. Es steigert vor allem das Längenwachstum der Sproßachse und die Fruchtausbildung. Eine Buschbohne kann z.B. durch Applikation von Gibberellin in eine windende Bohne verwandelt werden. Bei Rosettenpflanzen kann das Schossen ausgelöst werden, wodurch die Blühinduktion ersetzt wird. Samen sind starke Gibberellinproduzenten. Durch Gibberellineinsatz kann der Fruchtansatz und die Fruchtausbildung verbessert werden. Der Einfluß auf den Blattbereich ist gering, im Gegensatz zu dem Pflanzenhormon Cytokinin, das sehr stark im Blattbereich wirkt. Die Blattgröße und der Blattstoffwechsel mit Proteinsynthese und Chlorophyllaufbau werden von Cytokinin gesteuert. Die dritte wachstumsfördernde Wirkung im Zusammenhang mit der Sonne und den Planeten bei Steiner (1924, S. 36, 54, 57; 1922a; 1922b; C. in Abb. 3) ist die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn unterhalb der Erdoberfläche. Diese Kräfte wirken seiner Auffassung nach vor allem auf die Stengel- und Samenbildung. Auch die Ausbildung des Geschmackes bei den Früchten soll unter ihrem Einfluß stehen. Im Extrem würde die Bildung dünner, schlingpflanzenartiger Stengel gefördert. Die Kräfte wirken in Blatt und Blüte nur wenig hinein. Sie werden als „kosmische” Kräfte bezeichnet. Sie sind nur ein Teil der Wachstumskräfte, die aus dem Boden auf die Pflanze wirken. Die Wirkung des Vollmondes aus dem Boden auf die Pflanzen, die als „irdische” Kräfte beschrieben werden, müssen mit den kosmischen Kräften im Gleichgewicht sein. „...und es wirkt das Kosmische nur in dem Strom, der dann wiederum hinaufgeht bis zur Samenbildung. Dagegen wirkt das Irdische in der Blatt- und Blütenentfaltung und so weiter. In das alles strahlt nur das Kosmische seine Wirkungen herein” (Steiner 1924, S. 54). Wachstumshemmendes im Parallelbild Nach Steiner (1924a S. 37; 1922a; Abb. 3: D) wirkt die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von oberhalb der Erdoberfläche wachstumshemmend. Wärme vermittelt die Wirkung an die Pflanze. Die Kräfte bewirken eine Ausgestaltung der Pflanzen zu Nahrungsmitteln. Die Wärme soll, sobald sie von dem Bereich oberhalb der Erdoberfläche in die Erde eindringt, statt wachstumshemmend wachstumsfördernd wirken (Steiner 1922a). Die Wärme bzw. die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von unterhalb der Erdoberfläche, ist nach Steiner (1924 S. 54; Abb. 3: C) vor allem in der Stengel und Samenbildung wirksam. Das zweite wachstumshemmende Hormon ist die Abscisinsäure. Eine Wirkung
ist die reversible Hemmung des Wachstums z.B. bei der Samenruhe oder
der Knospenruhe, bedingt durch den Wechsel von Sommer und Winter. Des
Weiteren steuert sie den Wasserhaushalt des Blattes durch Kontrolle
der Kalium-Ionen in den Stomata (Sengbusch 1988). Der Geotropismus der
Wurzel wird durch Abscisinsäure gelenkt (Dörfling 1983). Der Fruchtfall
und die Seneszenz werden im allgemeinen gefördert. Bei Pflanzen wie
Getreide, bei denen generative Organe Speicherfunktion haben, bewirkt
eine Applikation von Abscisinsäure eine Ertragssenkung. Bei Kartoffeln
scheint die Abscisinsäure für das Knollenwachstum notwendig zu sein.
Eine Verringerung des Abscisinsäuregehaltes und eine Verschiebung des
Verhältnisses Abscisinsäure/Gibberelline bewirkt eine Unterbrechung
des Knollenwachstums und ein „Durchwachsen” der Kartoffel. Wird das
Verhältnis wieder zugunsten der Abscisinsäure verändert, wachsen die
Knollen weiter (Michael 1979). |
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Als die zweite wachstumshemmende Wirkung im Zusammenhang mit der Sonne und den Planeten beschreibt Steiner (1924 S. 47; Abb. 3: E) die Sonne, modifiziert durch Mond, Venus, Merkur von oberhalb der Erdoberfläche. Er beschreibt, daß ihre Wirkung auf die Pflanzen in Verbindung mit dem Wechsel von Sommer und Winter stehen. Sie werden auch im Zusammenhang mit einer „Art äußerer Verdauung” beschrieben, womit vermutlich die Alterung und der Abbau der organischen Substanz bei den Pflanzen gemeint ist. Die Wirkungen sollen auch in Verbindung mit Kräften stehen, die durch Luft und Wasser, die über der Erde sind, erzeugt werden. Vermutlich ist damit der Aufbau von organischer Substanz im Blatt gemeint. Der Einflußbereich der Sonne, modifiziert durch Mond, Venus, Merkur von über der Erde wird von Steiner als „irdisch” beschrieben. Ihm steht polar gegenüber der als „kosmisch” beschriebene Einflußbereich von der Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von unterhalb der Erdoberfläche (Abb. 3: C). Bei Pflanzen, wie z.B. Äpfeln und Pflaumen soll für eine bessere Fruchtausbildung das Heraufwirken der kosmischen Kräfte in der Pflanze gefördert werden. Für eine gute Kartoffelentwicklung soll jedoch ein Heraufwirken der kosmischen Kräfte in der Pflanze ungünstig sein (Steiner 1924 S. 57). Schlußfolgerungen aus der Parallelbildbetrachtung
Zweiter Teil der Prüfung: Gezielte Versuchsfrage
Synodischer Mondrhythmus und Cytokinin |
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Hornkiesel und Gibberellin
Schlußfolgerungen aus den Versuchen Anwendung der biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen
– Ausblick In Gefäßversuchen mit Buschbohnen wurden unter anderem die Faktoren Hornkieselapplikation, mineralische Düngung und Pflanzentinkturen (Digitalis purpurea, Atropa belladonna und Chrysanthemum pyrethrum) und Bodenart variiert. In Abb. 4 ist ein Gefäßversuch mit den Faktoren Hornkieselapplikation (ohne / bzw. in den Stadien EC 59, 71, 73), Digitalis purpurea Bodenapplikation (ohne / 0,41 ml Urtinktur pro 10 l Topf), sechs organisch (nicht biologisch-dynamisch) und konventionell bewirtschafteten Böden sowie Temperatur bei der Hornkieselapplikation dargestellt. Bei der Auswertung lag keine Wechselwirkung von Digitalis und Hornkiesel mit den organisch und konventionell bewirtschafteten Böden oder der Temperatur bei der Hornkieselapplikation vor, deswegen wird die Wechselwirkung von Digitalis purpurea und Hornkiesel dargestellt. Die Einzelanwendungen von Digitalis oder Hornkiesel erhöhten den Chlorophyllgehalt der Blätter, den Prozentsatz grüner Hülsen bei der Abreife, die Anzahl geernteter Hülsen und den Samenertrag im Vergleich zur Kontrolle nicht oder nur geringfügig. Die Kombination von Hornkiesel und Digitalis erhöhte dagegen die Werte der vier Parameter signifikant. Die Versuchsergebnisse bestätigten die Hypothese (ausführlichere Darstellung in Fritz 2000).
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Literaturverzeichnis Dörffling, K. (1983):
Das Hormonsystem der Pflanzen.G. Stuttgart: Thieme Verlag. |
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Dr. Jürgen Fritz,
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