Lebendige Erde 5/2003:

Forschung

Biologisch-dynamische Pflanzenbaugrundlagen

Einige Elemente zum Verständnis

von Jürgen Fritz
Wie kommt man von Rudolf Steiners Angaben zu wissenschaftlich geprüften Fakten? Der Autor zeigt eine Methode

Aufbauend auf Vorträgen von Rudolf Steiner (1924) wurde die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise entwickelt. Bei dem Studium der Darstellungen Steiners entsteht das Problem, daß die dort getroffenen Aussagen zum Teil nicht unmittelbar nachprüfbar sind. Es ist z.B. schwierig, dargestellte Einfüsse von Planeten auf das Pflanzenwachstum nachzuvollziehen. Die hieraus entstehende Frage der vorliegenden Ausführungen ist: Wie können Fragestellungen entwickelt werden, die geeignet sind die Inhalte der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise zu prüfen? Ziel der Ausführungen ist es, eine Methode darzustellen, die stufenweise eine bessere Beurteilung der biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen ermöglicht.

Erwartungen, die an die Darstellungen Steiners gestellt werden können
Steiner (1894) war der Ansicht, dass es den Menschen möglich ist, durch gezielte Übung, Sensibilisierung und Entwicklung schlafender und schwach entwickelter Fähigkeiten, die Wahrnehmungsmöglichkeiten qualitativ zu erweitern. Er führte seine Darstellungen und Erkenntnisse auf einen solchen erweiterten Wahrnehmungsbereich zurück. Diese erhöht nach Steiner nicht nur die Vielfalt, sondern gibt auch den Blick frei für die Ursachenhintergründe des normalen sinnlich sichtbaren Bereiches. Daraus kann die Erwartung abgeleitet werden, dass die Darstellungen Steiners und die botanischen Phänomene auf zwei qualitativ verschiedenen Ebenen den gleichen Sachverhalt beschreiben. Die Aussagekraft eines solchen „Parallelbildes” wird wesentlich von der umfangreichen Erarbeitung sowohl der biologisch-dynamischen Darstellungen wie auch der botanischen Phänomene abhängen (zur Methode des Parallelbildvergleiches siehe auch Kranich1983).

Beurteilung eines „Parallelbildvergleiches” als Methode
In der naturwissenschaftlichen Forschung werden aus Vorstellungen Arbeitshypothesen gebildet (Mohr & Schopfer1978). Zuerst wird geprüft, ob die Arbeitshypothesen mit den bis dahin bekannten Phänomenen übereinstimmen (entspricht 1.Teil der Prüfung, Abb. 1). Wenn keine Widerspüche vorliegen, werden Versuche angelegt, die gezielt die Arbeitshypothesen prüfen (entspricht 2. Teil der Prüfung, Abb. 1). Bei einem „Parallelbildvergleich” werden methodisch genau die gleichen zwei Prüfungsschritte durchgeführt. Aussagen Steiners werden zuerst als Arbeitshypothese erarbeitet (Abb. 1). Im ersten Teil der Prüfung wird untersucht, ob Widerspüche zwischen den Darstellungen Steiners und den botanischen Phänomenen auftreten oder Übereinstimmungen auf qualitativ unterschiedlichen Ebenen im Sinne eines Parallelbildes vorliegen. Wenn ein Parallelbild vorliegt, werden im zweiten Teil der Prüfung Versuchsfragestellungen entwickelt, die gezielt das Parallelbild und damit die Darstellungen Steiners prüfen.
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Abb. 1: Prüfung biologisch-dynamischer Pflanzenbaugrundlagen mit einem Parallel-bildvergleich
 

Erster Teil der Prüfung: „Parallelbild”?
Von Fritz (1990) wurden in einem Literaturstudium Aussagen Steiners zum Thema Pflanzen gesammelt. Diese Einzelaussagen wurden in zwei Schritten zu einem zusammenhängenden Bild der Pflanze bei Steiner als Grundlage biologisch-dynamischen Pflanzenbaus verdichtet. Zur Prüfung der erarbeiteten biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen wurde untersucht, ob Übereinstimmungen zwischen den geisteswissenschaftlichen Darstellungen Steiners und botanischen Phänomenen auf qualitativ unterschiedlichen Ebenen auftreten (Parallelbild). Bei dem systematischen Sichten von botanischen Phänomenen erwiesen sich die Phytohormone für die Fragestellung als besonders interessant.

 

Die biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen und die Pflanzenhormone
Nachfolgend wird zum Teil vereinfachend von den einzelnen Pflanzenhormonen gesprochen. Damit ist jeweils das komplexe Steuerungssystem der einzelnen Pflanzenhormongruppen gemeint. Diese Steuerungssysteme können grob in drei wachstumsfördernde und zwei wachstumshemmende unterteilt werden (Pharis & Reid 1985; Abb. 2). Auch Steiner (1924) beschreibt drei wachstumsfördernde (Abb. 3: A, B, C) und zwei wachstumshemmende Einflüsse (Abb. 3: D, E) auf das System Boden-Pflanze. Diese werden im Zusammenhang mit der Sonne und den Planeten dargestellt.

Wachstumsförderung im Parallelbild
Von den wachstumsfördernden Hormonen bilden zwei die Grundlage für ein wucherndes Wachstum: Auxin und Cytokinin. Auxin und Cytokinin haben in vielem spiegelbildlich gegensätzliche Eigenschaften (Dörfling 1983). Auxin wird in den Sproßspitzen und Blättern – Cytokinin in den Wurzelspitzen gebildet. Auxin fördert die Seitenwurzelbildung und hemmt die Seitensproßbildung – Cytokinin fördert die Seitensproßbildung und hemmt die Seitenwurzelbildung. Bei Gewebekulturen fördert Auxin die Bildung der Wurzeln und Cytokinin die Bildung des Sprosses. Eine auffällige Eigenschaft des Auxin ist der vielfache Wirkungszusammenhang mit dem Licht. Auxin steuert das Wachstum der Pflanzen zum Licht. Es wird in den photosynthetisierenden Organen, also vor allem in den grünen Blättern, gebildet. Die Menge der Auxinbildung ist abhängig von der Lichtintensität und der Beleuchtungsdauer. Die auffälligste Eigenschaft des Cytokinins ist die Förderung der Zellteilung. Eine gute Wasser- und Stickstoffversorgung fördert die Cytokininbildung. Seine Bildung (mobile Form) erfolgt in den Wurzelspitzen (Letham et al. 1978).

Auch Steiner (1924; A. und B. in Abb. 3) beschreibt zwei Wirkungen der Sonne und der Planeten, die ein Pflanzenwachstum unterstützen, das zum Wuchern neigt: die Sonne alleine und der Mond als Vollmond. Die Sonne allein wirkt nach Steiner (1920) und Steiner & Wegman (1925, S. 28) im grünen Blattbereich und nur am Tag. Der Zusammenhang mit Licht und photosynthetisierenden Organen ist naheliegend. Der Vollmond reflektiert das Sonnenlicht. Der Vollmond als Rückstrahlung aus dem Boden bewirkt nach Steiner (1924, S. 36, 153) eine Verstärkung der Reproduktionskräfte, von der Vermehrung der Zellen bis hin zur Vermehrung der Pflanzen. Wasser und Kalk im Boden sind die Vermittler dieser Kräfte an die Pflanze. Durch die Vollmondkräfte werden die Wachstumskräfte der Erde verstärkt. Auch der Stickstoff hat nach Steiner aufgrund seines Heranleitens der Lebenskräfte an die Pflanze eine die Wachstumskräfte der Erde verstärkende Wirkung.
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Abb. 2: Das Steuerungssystem der Pflanzenhormone in Stichworten

Das dritte wachstumssteigernde Hormon ist Gibberellin. Im Sproß gebildetes Gibberellin wird vermutlich in die Wurzelspitzen transportiert, dort umgebaut und wieder in den Sproß transportiert. Es steigert vor allem das Längenwachstum der Sproßachse und die Fruchtausbildung. Eine Buschbohne kann z.B. durch Applikation von Gibberellin in eine windende Bohne verwandelt werden. Bei Rosettenpflanzen kann das Schossen ausgelöst werden, wodurch die Blühinduktion ersetzt wird. Samen sind starke Gibberellinproduzenten. Durch Gibberellineinsatz kann der Fruchtansatz und die Fruchtausbildung verbessert werden. Der Einfluß auf den Blattbereich ist gering, im Gegensatz zu dem Pflanzenhormon Cytokinin, das sehr stark im Blattbereich wirkt. Die Blattgröße und der Blattstoffwechsel mit Proteinsynthese und Chlorophyllaufbau werden von Cytokinin gesteuert.

Die dritte wachstumsfördernde Wirkung im Zusammenhang mit der Sonne und den Planeten bei Steiner (1924, S. 36, 54, 57; 1922a; 1922b; C. in Abb. 3) ist die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn unterhalb der Erdoberfläche. Diese Kräfte wirken seiner Auffassung nach vor allem auf die Stengel- und Samenbildung. Auch die Ausbildung des Geschmackes bei den Früchten soll unter ihrem Einfluß stehen. Im Extrem würde die Bildung dünner, schlingpflanzenartiger Stengel gefördert. Die Kräfte wirken in Blatt und Blüte nur wenig hinein. Sie werden als „kosmische” Kräfte bezeichnet. Sie sind nur ein Teil der Wachstumskräfte, die aus dem Boden auf die Pflanze wirken. Die Wirkung des Vollmondes aus dem Boden auf die Pflanzen, die als „irdische” Kräfte beschrieben werden, müssen mit den kosmischen Kräften im Gleichgewicht sein. „...und es wirkt das Kosmische nur in dem Strom, der dann wiederum hinaufgeht bis zur Samenbildung. Dagegen wirkt das Irdische in der Blatt- und Blütenentfaltung und so weiter. In das alles strahlt nur das Kosmische seine Wirkungen herein” (Steiner 1924, S. 54).

Wachstumshemmendes im Parallelbild
Äthylen ist ein Hormon, das hemmend auf das Pflanzenwachstum einwirkt. Seine Bildung ist stark von Außenfaktoren abhängig; in den vegetativen Sprossorganen zum Einen von der Auxinkonzentration und damit vom Licht, in alternden Geweben und Früchten von der Wärme und auch von Stresssituationen. Äthylen bewirkt vor allem die Reifung von Früchten und die Beschleunigung der Seneszenz. Normalerweise führt Äthylen auch zu einer Hemmung des Längenwachstums. Eine Ausnahme ist die Applikation bei Wasserpflanzen unter der Wasseroberfläche. Hier wird ein Längenwachstum hervorgerufen. Äthylen löst hier eine Steigerung der Empfindlichkeit der Pflanze gegenüber Gibberellinen aus (Sengbusch 1988 S. 441).

Nach Steiner (1924a S. 37; 1922a; Abb. 3: D) wirkt die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von oberhalb der Erdoberfläche wachstumshemmend. Wärme vermittelt die Wirkung an die Pflanze. Die Kräfte bewirken eine Ausgestaltung der Pflanzen zu Nahrungsmitteln. Die Wärme soll, sobald sie von dem Bereich oberhalb der Erdoberfläche in die Erde eindringt, statt wachstumshemmend wachstumsfördernd wirken (Steiner 1922a). Die Wärme bzw. die Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von unterhalb der Erdoberfläche, ist nach Steiner (1924 S. 54; Abb. 3: C) vor allem in der Stengel und Samenbildung wirksam.

Das zweite wachstumshemmende Hormon ist die Abscisinsäure. Eine Wirkung ist die reversible Hemmung des Wachstums z.B. bei der Samenruhe oder der Knospenruhe, bedingt durch den Wechsel von Sommer und Winter. Des Weiteren steuert sie den Wasserhaushalt des Blattes durch Kontrolle der Kalium-Ionen in den Stomata (Sengbusch 1988). Der Geotropismus der Wurzel wird durch Abscisinsäure gelenkt (Dörfling 1983). Der Fruchtfall und die Seneszenz werden im allgemeinen gefördert. Bei Pflanzen wie Getreide, bei denen generative Organe Speicherfunktion haben, bewirkt eine Applikation von Abscisinsäure eine Ertragssenkung. Bei Kartoffeln scheint die Abscisinsäure für das Knollenwachstum notwendig zu sein. Eine Verringerung des Abscisinsäuregehaltes und eine Verschiebung des Verhältnisses Abscisinsäure/Gibberelline bewirkt eine Unterbrechung des Knollenwachstums und ein „Durchwachsen” der Kartoffel. Wird das Verhältnis wieder zugunsten der Abscisinsäure verändert, wachsen die Knollen weiter (Michael 1979).
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Abb. 3: Einfüsse von den Bereichen oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche auf das Pflanzenwachstum nach Steiner & Wegman ( 1 1925, S. 28; 2 1925, S. 13) und Steiner ( 3 1912, S. 129; 4 1920, S. 114; 5 1924, S. 153; 6 1924, S. 36; 7 1924, S. 45; 8 1924, S. 54, 58; 9 1924, S. 36, 57; 10 1922b; 11 1924, S. 37; 12 1922a; 13 1924, S. 47)

Als die zweite wachstumshemmende Wirkung im Zusammenhang mit der Sonne und den Planeten beschreibt Steiner (1924 S. 47; Abb. 3: E) die Sonne, modifiziert durch Mond, Venus, Merkur von oberhalb der Erdoberfläche. Er beschreibt, daß ihre Wirkung auf die Pflanzen in Verbindung mit dem Wechsel von Sommer und Winter stehen. Sie werden auch im Zusammenhang mit einer „Art äußerer Verdauung” beschrieben, womit vermutlich die Alterung und der Abbau der organischen Substanz bei den Pflanzen gemeint ist. Die Wirkungen sollen auch in Verbindung mit Kräften stehen, die durch Luft und Wasser, die über der Erde sind, erzeugt werden. Vermutlich ist damit der Aufbau von organischer Substanz im Blatt gemeint. Der Einflußbereich der Sonne, modifiziert durch Mond, Venus, Merkur von über der Erde wird von Steiner als „irdisch” beschrieben. Ihm steht polar gegenüber der als „kosmisch” beschriebene Einflußbereich von der Sonne, modifiziert durch Mars, Jupiter, Saturn von unterhalb der Erdoberfläche (Abb. 3: C). Bei Pflanzen, wie z.B. Äpfeln und Pflaumen soll für eine bessere Fruchtausbildung das Heraufwirken der kosmischen Kräfte in der Pflanze gefördert werden. Für eine gute Kartoffelentwicklung soll jedoch ein Heraufwirken der kosmischen Kräfte in der Pflanze ungünstig sein (Steiner 1924 S. 57).

Schlußfolgerungen aus der Parallelbildbetrachtung
Vielfältige Übereinstimmungen zwischen den Phänomenen der Pflanzenhormone und den biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen wurden festgestellt. Die Schlussfolgerung und die Grundlage für die weiteren Versuche ist die Hypothese: Ein Parallelbild im Sinne des erstenTeils der Prüfung in Abb. 1 liegt vor. Die Phänomene der Pflanzenhormone und die biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen beschreiben auf qualitativ unterschiedlichen Ebenen den gleichen Sachverhalt.

Zweiter Teil der Prüfung: Gezielte Versuchsfrage
Bei dem Erarbeiten von Parallelbildern besteht immer die Gefahr, dass durch Wunschdenken die Phänomene einseitig interpretiert werden. Um das erarbeitete Parallelbild zu prüfen wurden die dargestellten Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Pflanzenhormonen und den biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen mit Versuchen gezielt geprüft.

Synodischer Mondrhythmus und Cytokinin
Zur Prüfung der Übereinstimmungen zwischen den Phänomenen der Pflanzenhormone und den biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen wurde aus dem Parallelbild die weitere Hypothese abgeleitet: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem synodischen Mondrhythmus (Vollmond – Neumond) und dem Steuerungssystem der Cytokinine in den Pflanzen. Vermutlich wird durch den Vollmond die Cytokininproduktion in den Pflanzen stimuliert. In eigenen Versuchen hatte der synodische Mondrhythmus bei Rettich (Raphanus sativus) und Efeuaralie (Fatshedera lizei) einen signifikanten Einfluß auf die Cytokininparameter Blattfläche und Blattneubildung (Fritz 1994). Hofman et al. (1986) beobachtete ein Variieren der Cytokiningehalte in Seetang in Abhängigkeit vom synodischen Mondrhythmus. Die Versuchsergebnisse bestätigen die aus dem Parallelbild abgeleitete Hypothese.
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Abb. 4: Pflanzenreaktionen auf Hornkieselbehandlung in Abhängigkeit von Digitalisapplikationen (senkrechte Striche – Grenzdifferenz a = 0,05; n = 48)

Hornkiesel und Gibberellin
Im biologisch-dynamischen Landbau wird das Präparat Hornkiesel eingesetzt. Aus dem Herstellungsprozess des Präparates kann abgeleitet werden, dass Hornkiesel den Kräftestrom „C” in Abb. 3 verstärkt. Im Zusammenhang mit dem erarbeiteten Parallelbild ergibt sich daraus die Hypothese: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Pflanzenreaktionen nach Hornkieselapplikation und der Wachstumssteuerung durch Gibberelline. Vermutlich wirkt Hornkiesel über das Regulationssystem der Gibberelline auf das Pflanzenwachstum. In den Jahren 1994bis 1996 wurden mehrfaktorielle Feldversuche mit Salat und Buschbohnen durchgeführt. Die Faktoren waren Licht (Beschattung), Mistdüngung und Hornkieselanwendung. In den Jahren 1996 und 1997 wurden in drei mehrfaktoriellen Gefäßversuchen zu Hornkiesel mit Buschbohnen folgende Ergebnisse erzielt (Fritz 2000):

  • Mit später Hornkieselbehandlung der Mutterpflanzen (EC 59-73, ca. Blüte) wurde der Aufgang der Keimlinge im einheitlichen Nachbau bei der gemeinsamen Auswertung der drei Feldversuchsjahre und bei zwei von drei Gefäßversuchen signifikant verbessert. Frühe und späte Hornkieselbehandlungen der Mutterpflanzen steigerten in drei Feldversuchsjahren und in zwei Gefäßversuchen die Länge des Hypokotyls. Verbesserte Keimung und die Verlängerung der Hypokotyls können in Bionachweistests spezifische Pflanzenreaktionen auf Gibberellinapplikation sein.
  • Bei einem Teil der Parameter (Salatertrag, 2. Hülsenernte der Bohnen u. a.) hemmte frühe Hornkieselbehandlung (EC 12, erste Laubblätter) die Bohnenentwicklung, späte Hornkieselbehandlung (EC 59-73) zögerte die Alterung der Pflanzen hinaus. Die entgegengesetzten Pflanzenreaktionen nach früher und später Hornkieselbehandlung stehen in Übereinstimmung mit Pflanzenreaktionen nach Gibberellinbehandlung im Obstbau (Winter et al. 1981).
  • Bei 45 von 48 Parametern mit signifikanten Pflanzenreaktionen nach Hornkieselbehandlung handelte es sich um Parameter, die durch Gibberelline prägnant beeinflußt werden. Die Reaktionen der Pflanzen auf Hornkiesel entsprachen zum Teil einer Steigerung und zum Teil einer Senkung der durch Gibberellin beeinflussten Wirkungen an Pflanzen.

Schlußfolgerungen aus den Versuchen
Die Versuchsergebnisse unterstützen die Hypothesen eines Zusammenhanges von synodischem Mondrhythmus und Cytokinin sowie eines Zusammenhanges von Hornkiesel und Gibberellin. Beide Hypothesen wurden als zweiter Teil der Prüfung der biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen aus dem Parallelbild „biologisch-dynamische Pflanzenbaugrundlagen – Pflanzenhormone” abgeleitet. Die Versuchsergebnisse unterstützen dadurch die Annahme, dass mit den erarbeiteten biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen eine fruchtbare Arbeitsgrundlage für ein erweitertes Verständnis des Pflanzenwachstums vorliegen. Aufbauend auf dieses grundlegende Verständnis könnten biologisch-dynamische Maßnahmen im Pflanzenbau bewusster und gezielter eingesetzt werden.

Anwendung der biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen – Ausblick
Abschließend wird kurz an einem Beispiel dargestellt, welchen Nutzen die erarbeiteten und geprüften biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen für die landwirtschaftliche Praxis haben können. Aus engen Übereinstimmungen zwischen den biologisch-dynamischen Pflanzenbaugrundlagen und Darstellungen von Steiner (1923) für den Menschen in der Medizin wurde die Hypothese erarbeitet: Mineralische Düngung und Wachstumsbedingungen, die zu einer betont vegetativen Pflanzenentwicklung führen, verringern die Sensitivität der Pflanzen gegenüber Hornkiesel. Pflanzenextrakte können die Sensitivität wieder herstellen.

In Gefäßversuchen mit Buschbohnen wurden unter anderem die Faktoren Hornkieselapplikation, mineralische Düngung und Pflanzentinkturen (Digitalis purpurea, Atropa belladonna und Chrysanthemum pyrethrum) und Bodenart variiert. In Abb. 4 ist ein Gefäßversuch mit den Faktoren Hornkieselapplikation (ohne / bzw. in den Stadien EC 59, 71, 73), Digitalis purpurea Bodenapplikation (ohne / 0,41 ml Urtinktur pro 10 l Topf), sechs organisch (nicht biologisch-dynamisch) und konventionell bewirtschafteten Böden sowie Temperatur bei der Hornkieselapplikation dargestellt. Bei der Auswertung lag keine Wechselwirkung von Digitalis und Hornkiesel mit den organisch und konventionell bewirtschafteten Böden oder der Temperatur bei der Hornkieselapplikation vor, deswegen wird die Wechselwirkung von Digitalis purpurea und Hornkiesel dargestellt.

Die Einzelanwendungen von Digitalis oder Hornkiesel erhöhten den Chlorophyllgehalt der Blätter, den Prozentsatz grüner Hülsen bei der Abreife, die Anzahl geernteter Hülsen und den Samenertrag im Vergleich zur Kontrolle nicht oder nur geringfügig. Die Kombination von Hornkiesel und Digitalis erhöhte dagegen die Werte der vier Parameter signifikant. Die Versuchsergebnisse bestätigten die Hypothese (ausführlichere Darstellung in Fritz 2000).

 

 

Literaturverzeichnis

Dörffling, K. (1983): Das Hormonsystem der Pflanzen.G. Stuttgart: Thieme Verlag.
Fritz, J. (1990): Grundlagen zum Verständnis botanischer Aspekte im biologisch-dynamischen Pflanzenbau. Witzenhausen (Dipl.-Arbeit)
Fritz, J. (1994): Untersuchungen zum Einfluß des synodischen Mondrhythmus auf das Pflanzenwachstum von Rettich (Raphanus sativus) und Efeuaralie (Fatshedera lizei). Witzenhausen (Dipl.-Arbeit)
Fritz, J. (2000): Reaktionen von Pflücksalat (Lactuca sativa L. var. crispa) und Buschbohnen (Phaseolus vulgaris L. var. nanus) auf das Spritzpräparat Hornkiesel. Berlin: Verlag Dr. Köster. Diss. agr. Bonn.
Hofman, P. J., Featonby-Smith, C. B., van Staden, J. (1986): The Development of ELISA and IPA for Cytokinin Estimation and their Application to a Study of Lunar Periodicity in Ecklonia maxima (Osbeck) Papenf. J. Plant Physiol., 122, 455-466
Kranich, M. (1983): Die Formensprache der Pflanzen. Grundlinien einer kosmologischen Botanik. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag
Letham, D. S., P. B. Goodwin & T. J. V. Higgins (1978): Phytohormones and related Compounds - A Comprehensive Treatise. Volume I. Elsevier/North-Holland: Biomedical Press.
Michael, G. (1979): Stickstoffernährung, Phytohormonaktivität und Stoffbildung bei Kulturpflanzen. Landw. Forsch. 32, 110-118.
Mohr, H., Schopfer, P. (1978): Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, 3. Aufl. Berlin-Heidelberg-New York: Springer Verlag
Pharis, R. P. & D. M. Reid (1985): Hormone Regulation of Plant Development III. Encyclop. Plant Physiol. 11. Berlin: Springer.
Sengbusch, P. v. (1988): Botanik. Hamburg: Mc Graw-Hill.
Steiner, R. (1894): Die Philosophie der Freiheit. GA-Nr. 4. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 15. Aufl. 1987
Steiner, R. (1912): Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen. GA-Nr. 136. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 25. Aufl. 1984
Steiner, R. (1920): Geisteswissenschaft und Medizin. GA-Nr. 312, Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 6. Aufl. 1985
Steiner, R. (1922a): Die Erkenntnis des Menschenwesen nach Leib, Seele und Geist. Über frühe Erdzustände. Vortrag vom 27.09.1922. GA-Nr. 347. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 2. Aufl. 1985
Steiner, R. (1922b): Menschenfragen und Weltenantworten. Vortrag vom 02.07.1922. GA-Nr. 213. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 2. Aufl. 1987
Steiner, R. (1923): Erdenwissen und Himmelserkenntnis. GA-Nr. 221. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 2. Aufl. 1981
Steiner, R. (1924): Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. GA-Nr. 327. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 6. Aufl. 1979
Steiner, R., Wegmann, I. (1925): Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst. GA-Nr. 27. Dornach/Schweiz: Rudolf Steiner Verlag, 6. Aufl. 1984
Winter, F., Janssen, H., Kennel, W., Link, H., Silbereisen, R.(1981): Lucas‘ Anleitung zum Obstbau. Stuttgart: Eugen Ulmer Verlag.

 

 

Dr. Jürgen Fritz,
Gastwissenschaftler am Institut für Organischen Landbau,
Wiesengut, Versuchsbetrieb der Uni Bonn,
Siegaue 16,
53773 Hennef/Sieg,
eMail: j.fritz@uni-bonn.de