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Lebendige Erde 4/2005:ForschungKomposterden zwischen Gartenbaukunst und Handelswarevon U. J. König
Ein weiterer Bericht, den ich erhielt, handelte von einer differenzierten Herstellung von Laubkomposten unterschiedlicher Baumarten, Erfahrung eines alten Gärtners, die dem Sohn heute nicht mehr präsent ist. Man kann sich denken, dass unterschiedliche Laubarten eine spezifische Wirkung auf das Pflanzenwachstum haben können. |
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Von der Erde zum Substrat Wenn man heute, dreißig, vierzig Jahre später Gärtnereien besucht, wie sieht es da mit der Kompostwirtschaft aus? Oft findet man nur noch einen "Abfallhaufen", der irgendwann wiederum zu Erde werden soll. Da landet dann so manches, was früher nicht wert war, kompostiert zu werden: Bäume, Gartenpfosten, Möbelreste... Natürlich findet man daneben die perfekten standardisierten "Substrate", fertig gemischt und aufgedüngt, für jeden Bedarf das passende. Was ist aber in diesen Substraten enthalten? Der Phantasie ist da keine Grenze gesetzt: etwas für die Struktur, etwas als Nährstoffspeicher, etwas als Wasserspeicher usw. Wurde der üblicherweise verwendete Torf ersetzt, so ist das Substrat oft gefärbt, z.B. mit Kohle. Grünschnittkompost, Torf, Holzfaser, Reisspelzen, Kokosfaser, geblähte Mineralstoffe, granulierter Ton, alles wird zusammengemischt und ist in Sekundenschnelle ein fertiges Substrat. Der eine oder andere Gärtner mag da noch eigene Komposte dazumischen. Natürlicherweise bleibt da keine Zeit mehr für eine Nachreife, oft ist das Substrat biologisch wenig aktiv. Das Bodenleben tritt zugunsten technischer Perfektion des Substrates zurück.
Wenn man die Gärtner fragt, warum sie keine eigenen Erden mehr machen, erhält man zwei Antworten: die eine ist, dass sie nicht mehr in der Lage sind, eine hochwertige Erde zu produzieren. Die andere Antwort ist, dass es sich finanziell nicht mehr rentiere, eine eigene Kompostwirtschaft zu betreiben. Mit anderen Worten, das alte Wissen ist verloren gegangen und damit auch die Fähigkeit einer qualitativ hochwertigen Komposterdbereitung im eigenen Betrieb. |
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Kompostierung als Organbildung im Betrieb
Diese Aufgabe des Kompostes muss heute vielfach neu erkannt und ergriffen werden. Das gilt einerseits für den "kleinen" Bereich der gärtnerischen Betriebe und auch vieler Hobbygärtner, andererseits auch für die großtechnische Substratherstellung für die Jungpflanzenproduktion der Spezialbetriebe. Die Erforschung der Kompostierungsprozesse gehörte von Anfang an zu den Forschungsschwerpunkten des IBDF. Seit einigen Jahren wendet sich das Augenmerk auch auf die Substratproduktion der Spezialbetriebe, die üblicherweise eine Mischung aus Torf und wenig Grünschnittkompost als Bio-Substrat anbieten. Das Ziel ist, ein hochwertiges und torfreduziertes Substrat zu erhalten, dass eine weitest mögliche Reifequalität aufweist (König 2002 und 2004). Leitbild bei dieser Entwicklungsarbeit ist der organbildende Kompostierungsprozess.Im Folgenden sollen einige Erfahrungen und Forschungsergebnisse dargestellt werden. |
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Ziel: Reifequalität
Natürlich muss der Kompost ausgereift, das heißt, vollständig umgesetzt sein. Aber auch verschiedene "reife" Einzelkomponenten können, wenn sie zusammengemischt werden, anschließend wieder einen "unreifen" Zustand ergeben. Das hängt in erster Linie davon ab, ob einzelne Komponenten sich noch weiter umsetzen können. Ein Grünschnittkompost mit einem hohen Holzanteil z. B. wird bei Stickstoffzufuhr in einen weiteren Umsetzungsprozess eintreten. Wird ein leicht verfügbarer organischer N-Dünger wie Hornmehl einer Erde zugemischt, so findet auch hier eine explosionsartige Umsetzung der N-Quelle statt mit zum Teil erheblichen Ammonium-Gehalten, die für das Pflanzenwachstum oft schädigende Wirkungen zeigen.
Daraus folgt aber, dass auch die aus reifen Komponenten fertig gemischte Erde nochmals nachreifen muss. So erst erreicht sie eine für ein gesundes Pflanzenwachstum notwendige innere Ruhe. Diesen Reifezustand kann man mit einem einfachen Praxistest überprüfen: dem geschlossenen Kressetest. Hierfür wird die angefeuchtete Erde z. B. in ein Wurstglas gefüllt und auf die Erde Kresse ausgesät. Diese wird mit einer dünnen Sandschicht abgedeckt. Das Glas wird mit einem zweiten Glas bedeckt und mittels Tesafilm luftdicht verschlossen (s. Abb. 1). In einem warmen, hellen Raum aufgestellt, keimt die Kresse innerhalb ca. einer Woche und spiegelt die Bodenqualität deutlich wider. In Abbildung 2 ist ein Vergleich verschiedener Handelserden (Gläserreihen 1-5) mit eigenen Erden aus den Torfersatz-Versuchsreihen (Reihen 6-8) zu sehen. Die Unterschiede sind deutlich. Sie lassen die große Variabilität in der Qualität auch der Handelssubstrate erkennen. |
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Auf die Mischung kommt es an
In einer Vielzahl von Versuchen wurde in den vergangenen Jahren nach einem Ersatz für den Torf gesucht (s. a. Artikel in LE 2/2002). Die Wahl fiel auf Holzfaser, die zu diesem Zweck fermentiert wurde. Wichtig dabei ist, dass der Kompostierungsprozess soweit vorangetrieben wird, dass die Faser brüchig und geschmeidig wird, ähnlich der Eigenschaft von Torf, dass sie jedoch ihre Struktur noch beibehält. Das gelingt am besten, wenn der frischen Holzfaser reifer Kompost zugesetzt wird. Auf diese Weise lässt sich der Torfanteil in den Erden weitestgehend reduzieren, auch in den sogenannten Presserden (Abb. 3). Die Entwicklungsarbeit ist für letztere an dem Punkt angekommen, dass ein 50-prozentiger Torfersatz auf der Basis eines Holzfaser-Kompostgemisches im großtechnischen Praxisversuch verglichen mit den üblichen Substraten zu einem gleichwertigen Ergebnis geführt hat. Ab der nächsten Wintersaison wird dieses Substrat auf dem Markt erhältlich sein. Auch für die Betriebe, die den Torfersatz selbst herstellen wollen, wird an einer Möglichkeit des Bezuges von Holzfaser in Bioqualität gearbeitet. Der Vorteil für diese Betriebe ist, dass sie ihre eigenen hochwertigen Komposte zum Einsatz bringen können. Als sehr günstig erwies sich in unseren Versuchen der Einsatz von Stallmistkompost oder eines Kompost aus einem Stroh-Klee-Gemisch. Ebenfalls eine sehr gute Fermentation der Holzfaser konnte durch den Einsatz von Molke erreicht werden. (Die Idee stammte vom Dottenfelderhof, wo Wolfgang Schaumann Versuche zur Rotte von Holzhäcksel mittels der überschüssigen Molke aus der Käserei anregte.)
Bei genügendem Qualitätsbewusstsein kann auch mit der eigenen Erde aus Komposten ein hochwertiges Ergebnis in der Jungpflanzenaufzucht erzielt werden (Abb. 4). Die Schwankungen in den Ergebnissen können auch bei kommerziellen Substraten groß sein, je nach den verwendeten Rohstoffen. Die Variante K3 ist ein solcher negativer "Ausreißer", gekennzeichnet durch extreme N-Festlegung. Auch im Kressetest schloss diese Variante negativ ab, was auf negative Bodenprozesse hinweist. Dem anderen Ausreißer (P6) liegt ein eindeutiger handwerklicher Fehler zugrunde: diese Erde wurde nur ungenau gemischt, so dass ein zu geringer N-Gehalt resultierte. Die Variante P3 wurde bewusst etwas magerer angemischt, was jedoch für die Kohlpflanzen zu einem unzureichenden Wachstum führte. |
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Die Präparate nicht vergessen!
Eine Reihe von Mischungen verschiedener Holzfaserherkünfte wurden jeweils mit bzw. ohne biologisch-dynamische Kompostpräparate zur Fermentation mit Grünschnittkompost angesetzt. In den fertigen Substratmischungen mit unterschiedlichen Anteilen an Torf wurde dann Eissalat ausgesät und einheitlich auf unserem Versuchsfeld ausgepflanzt. Zu den Wachstumsbedingungen muss angemerkt werden, dass der Salat während einer extremen feucht-warmen Periode wuchs, bei gleichzeitig hoher Rottemist-Düngung. Durch alle Varianten hindurch zeigte nun der Salat, der auf der präparierten Anzuchterde gewachsen war, einen deutlich höheren Ertrag, bezogen auf das Einzelkopfgewicht (s. Abbildung 5).
Es ist sicher nicht Sinn und Zweck der Präparate, nur einen höheren Ertrag zu erzielen, doch wird an diesem Beispiel wieder einmal deutlich, dass die Präparate unter extremen Bedingungen eine regulierende Wirkung haben (s. a. König 1999), die über gesündere Pflanzen dann auch zu einem besseren Ertrag führen kann. |
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Ausblick Gewiss sind wir heute noch weit entfernt von dem eingangs geschilderten persönlichen Verhältnis des Gärtners zu seinen verschiedenen Komposten. Aber es ist sicher verständlich, dass zwischen der Pflege des Kompostes bzw. der Erden und dem Erzeugen einer hohen Nahrungsqualität ein enger Zusammenhang besteht. Daher kann man sich fragen: Welche Erden sind die notwendige Voraussetzung z. B. für unsere biologisch-dynamisch gezüchteten Samen, damit diese sich richtig entfalten können? Können die unterschiedlichen lokalen Bildekräfte der verschiedenen Standorte überhaupt zu einem harmonischen Pflanzenwachstum führen, wenn ich als Gärtner oder Landwirt Samen, Substrate und Dünger über weite Strecken in meinen Betrieb importiere?
Die Wirtschaftlichkeit allein wird nicht zu einem Umdenken in dieser Sache führen. Aber vielleicht lenkt die Beschäftigung mit der Bedeutung der Kompostierung unser Augenmerk wieder auf die Betriebsindividualität lenken. Vielleicht auch, weil man ahnt, dass der Kompostierungsprozess als Urbild einer Organbildung innerhalb des Betriebes erlebt werden kann. |
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Quellen
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