Lebendige Erde 5/2004:

Hintergrund

Neue Organisationsmodelle für landwirtschaftliche Betriebe

Hofübergabe außerhalb der Erbfolge

von Cornelia Roeckl
Nicht jeder Landwirt findet Nachfolger in der Familie - was dann?

Ende der 60-er Jahre entstand im Gespräch zwischen der Gemeinnützigen Treuhandstelle in Bochum und einigen biologisch-dynamischen Höfen und Pionieren die Idee der gemeinnützigen Trägerschaft. Leitend waren sowohl pragmatische Ziele - Landwirtschaft für Quereinsteiger zugänglich zu machen oder Höfe zu entschulden - als auch grundsätzliche Überlegungen zum Eigentum an Grund und Boden. Die Kernidee ist, dass ein gemeinnütziger Träger Eigentümer eines Hofes wird und diesen einer Betriebsgemeinschaft oder Familie zur Pacht überlässt. Diese Idee wurde in verschiedenen Ausgestaltungen an mindestens 80 Orten umgesetzt und weiterentwickelt. Im folgenden Beitrag werden Erfolgsfaktoren und Grenzen beschrieben, u.a. vor dem Hintergrund eines wachsenden Bewusstseins dafür, dass Höfe auch außerhalb der Familie übergeben werden können und sollen. In Abgrenzung zu anderen, nicht gemeinnützigen Möglichkeiten der Hofübergabe außerhalb der Erbfolge werden die Charakteristika der gemeinnützigen Trägerschaft deutlich. Der Artikel fasst Beispiele und Erfahrungen aus der Finanzierungsberatung der Autorin zusammen. Er ersetzt in keiner Weise eine umfassende rechtliche und steuerliche Beratung von Betriebsgründungen und -übergaben durch die entsprechenden beratenden Berufe.

Übergabe außerhalb der Familie / Wahlverwandtschaften
Die landwirtschaftliche Fachpresse beklagt, dass bei vielen Höfen die Nachfolge nicht gesichert sei. Auch im Demeter-Verband sind Hofaufgaben zu verzeichnen. Dies hat eine Reihe von Gründen, nicht zuletzt betriebswirtschaftliche. Aber auch wirtschaftlich gesunde Höfe haben nicht immer eine Perspektive in der Familie, sei es, weil keine Kinder da sind, sei es, weil diese andere Berufe gewählt haben. Gleichzeitig gibt es junge Menschen, die ohne familiären Hintergrund eine landwirtschaftliche Ausbildung oder ein Studium ergreifen, mit dem Ziel, praktisch tätig zu werden. Sie kennen die wirtschaftlich engen Verhältnisse, sind aber davon begeistert, Landwirtschaft zu betreiben und suchen ihren Weg.

Das zunächst Naheliegende - die Übergabe von Höfen außerhalb der Familie - mutet exotisch an. Eher werden heruntergewirtschaftete (Rest-)Höfe von Quereinsteigern ganz neu aufgebaut, als florierende Betriebe außerhalb der Familie übergeben. Bereits in der Familie ist die Hofübergabe ein komplexer Prozess, der Zeit, Einfühlungsvermögen und gute Beratung benötigt. Noch schwieriger ist dies außerhalb der Familie, da nur wenige Beispiele existieren und das erforderliche Wissen nicht aufbereitet vorliegt. Doch mit Verkauf, (gemischter) Schenkung und Übergabevertrag bestehen mehrere Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Übergabevertrag z.B. kann ganz ähnlich gestaltet sein wie innerhalb der Familie - als Über-tragung gegen Rentenzahlung oder dauernde Last; es ist nicht erforderlich, einen Kaufpreis zu entrichten. Allerdings sollten die Erben einer solchen Übergabe zustimmen, nicht zuletzt, weil die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen die Übergabe des Hofes gefährden könnte. Zudem ist zu beachten, dass für Schenkungen unter Fremden Schenkungssteuern anfallen. Wenn der Wert des Hofes 225.000 € (Freibetrag anlässlich einer Betriebsübergabe) übersteigt und der übersteigende Wertansatz nicht durch die vereinbarte Rente kompensiert wird, fällt i.d.R. Schenkungssteuer an. Ob diese Steuerbelastung die Übergabe unmöglich macht, ist im Einzelfall zu prüfen. Für viele kleine und mittlere Betriebe wird der Freibetrag jedoch ausreichen, da eine Rente - oder Wohnrechte und Naturalleistungen - von z.B. 1.000 € pro Monat für ein Ehepaar im Alter von 65 einen Kapitalwert von 135.000 € haben.
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Im Übrigen sind alle Fragen zu beantworten, die auch die Übergabe in der Familie begleiten: Sollen die Altenteiler am Hof wohnen oder außerhalb? Wie hoch muss und kann die Rentenzahlung sein angesichts der unvollständigen landwirtschaftlichen Alterssicherung einerseits und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Hofes andererseits? Muss die Rente durch eine Grundschuld abgesichert werden? Was bedeutet das für künftige Darlehensfinanzierungen?

Die Hofübergabe ist eine Art Sterbeprozess. Immer wird der Hof in der nächsten Generation anders bewirtschaftet als in der Vergangenheit. Abschied zu nehmen, fällt vielen bäuerlichen Betriebsleiterehepaaren und Betriebsleitern schwer - umso weniger sollte es auf die lange Bank geschoben werden. Der Übergabeprozess braucht Zeit: selbst schnelle Übergaben dauern ein halbes bis ganzes Jahr, oft deutlich länger.

Im Vergleich zum gewerblichen Mittelstand ist die Landwirtschaft durch hohe Eigenkapitalquoten sowie niedrige Kapitalrentabilität geprägt. Beide Faktoren bedeuten, dass Hofkäufe nicht durch Bankdarlehen finanziert werden können. In einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb ist Kapital in Höhe von 638.470 € gebunden. Hinzu kommt i.d.R. ein Wohnhaus, das sich im Privatvermögen befindet, aber ebenfalls zum Hof gehört. Unter Berücksichtigung durchschnittlicher Verbindlichkeiten in Höhe von 103 T€ liegen über 500 T€ Eigenkapital vor. Diese erheblichen Vermögenswerte werden nur selten an Fremde übergeben - zumal der Hof in die uneingeschränkte Verfügungsgewalt der Übernehmenden gelangt. Ein Verkauf des Hofes zu einem späteren Zeitpunkt kann nicht sicher ausgeschlossen werden. Allenfalls können - für einen überschaubaren Zeitraum - Rücktrittsrechte oder Vorkaufsrechte vereinbart werden sowie Regelungen für Spekulationsgewinne.

Neben den hohen Kapitalwerten sind aber auch psychologische Hürden zu überwinden: Die eigenen Kinder zu "enterben" ist sicher nicht unproblematisch, obwohl bei einer Hofübergabe an eines der Kinder die weichenden Erben in der Regel ebenfalls nur relativ niedrige Abfindungen erhalten. Es fällt schwer, unbefangen und frühzeitig externe Nachfolger zu suchen, solange fehlende Hofnachfolger aus der Familie als "Versagen" empfunden werden. Dabei ist es angesichts der fortschreitenden Individualisierung unerlässlich, dass Berufs- und Lebensentscheidungen tatsächlich individuell getroffen und nicht durch die Familie vorgegeben werden.

Wer seinen Hof außerhalb der Familie weitergibt, statt meistbietend zu verpachten oder verkaufen, entscheidet sich gegen das Erlösen von Verkehrswerten und für die Erhaltung des Hofes als Einheit. Diese in der Familie seit Jahrhunderten geübte Haltung kann auch auf "Wahlverwandte" ausgedehnt werden.
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Braucht ökologischer Landbau andere Eigentumsformen?
Die praktische Innovation des ökologischen Landbaus hatte vielfältige Konsequenzen für die Unternehmensorganisation: Die Vielfalt an Kulturen und Vermarktungswegen überfordert Familienbetriebe, wenn sie keine langjährigen Mitarbeiter haben. Gleichzeitig werden durch Verarbeitung und Vertrieb neue Arbeitsplätze geschaffen. Fehlende Absatzwege für Bioprodukte in der Pionierzeit oder bewusst gewählte Direktvermarktung schufen ein Kundenumfeld und damit ein Unterstützerpotential. Der Innovation im Anbau folgte Ende der 60er Jahre eine "soziale Innovation" - die Gemeinnützige Trägerschaft für Höfe.
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Struktur eines gemeinützig organiserten Betriebes

Gemeinnützige Trägerschaft - vier Bausteine
Das Grundgerüst besteht aus vier Gestaltungselementen, die ganz unterschiedlich ausgeformt werden.

  1. Ein gemeinnütziger Träger (Verein, gGmbH, Stiftung) wird Eigentümer von Grund und Boden sowie Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, z.T. erwirbt er auch das lebende und tote Inventar. Voraussetzung für dessen Anerkennung ist die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke (siehe Kasten).
  2. Die Bewirtschaftung erfolgt durch eine Familie, Hofgemeinschaft oder mehrere selbständige Pächter - rechtlich gesprochen Einzelunternehmen, BGB-Gesellschaft, Kommanditgesellschaft (KG) oder evtl. GmbH.
  3. Manchmal wird "um den Betrieb herum" eine Landwirtschaftsgemeinschaft (LWG) gegründet, die die Vorfinanzierung des laufenden Betriebes ermöglicht und Kunden am eigentlichen Betrieb teilhaben lässt. D
  4. Die Mitglieder der LWG werden stille Gesellschafter der GbR oder Kommanditisten der KG. Zwischen Eigentümer und Pächter/n wird ein Pachtvertrag abgeschlossen. Aus der ortsüblichen Pacht leistet der Träger Kapitaldienste sowie Gebäudeunterhalt und finanziert ggfs. gemeinnützige Projekte.

Vorteile bzw. Chancen: der Hof wird gemeinnützig

  • Die Existenz eines Hofes und seine ökologische Bewirtschaftung können unabhängig von der Erbfolge gesichert werden. Höfe werden leichter übertragbar.
  • Entsprechend kann die Bewirtschaftung eines Hofes durch Menschen erfolgen, die die erforderlichen Fähigkeiten haben und z.B. das Kapital für Inventar aufbringen, aber nicht genug für den Kauf von Land und Gebäuden. Sie bekommen eine Art "Eigentum auf Zeit".
  • Der Boden wird als eigentlich unverkäufliche Existenzgrundlage des Menschen behandelt, nicht als Spekulationsobjekt.
  • Zinsgünstige oder zinslose Mittel für den Kauf eines Hofes oder Investitionen können leichter aufgebracht werden.
  • Die Bildung eines sozialen Umfeldes bringt gegenseitige Wahrnehmung von Stadt und Land und wirkt der Marginalisierung von Landwirtschaft entgegen.
  • Gemeinnützige Träger bietet einen Rahmen für regionales Bürgerengagement für die Landwirtschaft, ihre vielfältigen ökologischen, kulturellen oder sozialen Aufgaben und Möglichkeiten.
 
Pädagogik - hier Kartoffelernte mit "Gästen" kann ein Zweck der gemeinnützigen Landwirtschaft sein

Beispiele
Anhand dreier Betriebe lässt sich erkennen, wie vielfältig und individuell die Gestaltungsmöglichkeiten sind.

Birkenhof - Landwirtschaftliche Gemeinschaft Siegerland :1992 gründeten 30 Mitglieder die Landwirtschaftliche Gemeinschaft Siegerland e.V. mit dem Ziel, einen biologisch-dynamischen Hof aufzubauen. Bis zum Kauf des Birkenhofes zwei Jahre später war der Verein auf 80 Mitglieder angewachsen und konnte den Kaufpreis in Höhe von 500.000,- € durch Darlehen, private Leihgelder, Spenden, ideelle Beteiligungen und Mittel aus dem Landwirtschaftsfonds der Gemeinnützigen Treuhandstelle e.V. finanzieren. Der Hof wird durch eine Betriebsgemeinschaft aus zwei Familien bewirtschaftet. Deren Pacht deckt die Zinslast des Vereins, die Tilgung erfolgt aus anderen Einnahmen wie Spenden und Veranstaltungserlösen. Erfolgsfaktoren sind die enge Kundenbindung infolge Direktvermarktung mit vielen hofeigenen Produkten sowie die unermüdlichen Aktivitäten des Vereins: Hof- und Jahreszeitenfeste, Vorträge, kulturelle Veranstaltungen, Lernangebote für Kinder und Jugendliche, aber auch die Betreuung der Direktdarlehen und Beteiligungen.

Hof Dannwisch: Während die Gründung des Birkenhofes maßgeblich von Verbrauchern aus der Region ausging, wurde Hof Dannwisch bei Elmshorn - eine Zisterzienser-Gründung aus dem 12. Jahrhundert - nach einer Bewirtschaftung durch viele Generationen in der Familie 1986 auf einen gemeinnützigen Verein übertragen. Margret und Dieter Scharmer hatten das Vertrauen gefasst, dass eine gemeinnützige Trägerschaft die Zukunft des Hofes besser gewährleisten könne als Privateigentum. "Gefährdungen wie Überschuldung, Landverkauf, Erbteilung, fehlende Nachfolger und fehlende innovative Ideen" sollen so vermieden werden. Heute wird der Hof von einer Betriebsgemeinschaft aus fünf Familien - sowohl Scharmer-Nachfahren als auch "Externen" - bewirtschaftet. Neben Landwirtschaft, Gärtnerei, Milchverarbeitung und Vermarktung prägen die Ausbildung, die Integration einiger seelenpflegebedürftiger Menschen, pädagogische Arbeit mit Waldorfschulen und Kindergärten und kulturelle Veranstaltungen den Hof (s. www.hofdannwisch.de).

Stiftung Weingutmuseum Hoflößnitz: Das Weingut Hoflößnitz war im 17. Jahrhundert Zentrum des kurfürstlich-sächsischen Weinbergbesitzes, 1915 kam es in kommunalen Besitz. 1998 wurde es von der Stadt Radebeul in eine Stiftung übertragen, um sowohl der herausragenden denkmalpflegerischen und kulturlandschaftlichen Bedeutung als auch dem Anwachsen der wirtschaftlichen Betriebe (Gastronomie, Weinerzeugung) Rechnung zu tragen. Die Stiftung ist verantwortlich für die Erhaltung des Gesamtkomplexes und betreibt u.a. ein Weingutmuseum. Der ökologische Weinbau sowie die Gastronomie sind an eine GmbH verpachtet. Besonders interessant ist, dass zwei Sitze im Kuratorium der Stiftung für Vertreter/innen des Vereins "Kulturlandschaft Hoflößnitz e.V." reserviert sind. Auf diese Weise wird das Kuratorium für Bürgerengagement geöffnet und eine Transparenz geschaffen, die für Stiftungen nicht selbstverständlich ist.
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Zwischenbilanz: Erfahrungen mit Gemeinnützigen Trägern
In der Vergangenheit wurden z.T. Grundsatzdebatten darüber geführt, ob Landwirtschaft ihrem Wesen nach gemeinnützig sei; dies erscheint heute zweitrangig. Gemeinnützigkeit ist ein Begriff des Steuerrechts, der nicht im Hinblick auf die Landwirtschaft entwickelt wurde. Aber das Instrumentarium eignet sich unter bestimmten Voraussetzungen für die Gestaltung von Hoforganismen. Die biologisch-dynamische Landwirtschaft selbst hat eine (im Wortsinn und im steuerlichen Sinn) gemeinnützige und eine gewerbliche Seite: Lebensmittel werden für den Markt erzeugt und hier ist jeder Landwirt Unternehmer. Gleichzeitig gestaltet Landwirtschaft Kulturlandschaft und bietet eine Grundlage für kulturelle und pädagogische Arbeit, hier ist sie gemeinnützig. Für die Zukunft ist es notwendig, die Erfahrungen mit gemeinnützigen Trägern auszuwerten und zu diskutieren - dazu einige Beobachtungen und Gedanken:

  • Die Organisationsform der gemeinnützigen Trägerschaft sollte nur gewählt werden, wenn die Initiative tatsächlich gemeinnützige Zwecke verfolgen will. Andernfalls wird sich im Träger keine kräftige Initiative entwickeln. Dies führt zu Schwierigkeiten bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit und zu dem Phänomen, dass die landwirtschaftlichen Pächter keinen Ansprechpartner haben. Wer nur den Hof "übergebbar" machen möchte, sollte dies eher durch Hofübergabe außerhalb der Familie oder durch eine Verbreiterung der Kapitalbasis tun.
  • Ökologische Landwirtschaft bietet vielen Menschen Raum zum Lernen und Leben, ob gemeinnützig oder als Familienbetrieb organisiert (Max und Elisabeth Bogenschütz mit Mitarbeiten und Praktikanten)  
    Dreh- und Angelpunkt der Hofentwicklung bleibt auch bei gemeinnützigen Trägern i.d.R. die Betriebsleiterfamilie oder Betriebsgemeinschaft. Sie muss neben den landwirtschaftlichen Aufgaben dafür sorgen, dass die Kommunikation mit dem Umfeld sowie dem Träger funktioniert und häufig in diesem aktiv mitwirken.
  • Die gemeinnützigen Träger werden in der Regel ehrenamtlich geführt. Für die Zukunft sind Arbeitsweisen zu entwickeln, die die Dauerhaftigkeit und Lebendigkeit der Vereine sicherstellen. Eine Möglichkeit könnte die Kooperation mit potenten Verbänden in der Region sein, z.B. Umwelt- und Landschaftspflegeverbänden, Schulen oder therapeutischen Einrichtungen, die Interesse an der Zusammenarbeit mit einem konkreten Hof haben. Bei guter Verfügbarkeit von Bioprodukten muss man sich um die Pflege des Umfelds aktiv bemühen. Auch "Nachwuchsarbeit" zur Gewinnung junger Unterstützer ist notwendig.
  • Wer einen gering verschuldeten Betrieb in gutem Zustand und mit guten Marktchancen in eine Stiftung überträgt, kann damit rechnen, dass aus der Pacht tatsächlich gemeinnützige Projekte - am Hof oder unabhängig davon - gefördert werden. In anderen Fällen ist für die gemeinnützigen Aktivitäten eine ergänzende Finanzierung erforderlich.
  • Der Verein als Gründung von vielen Menschen eignet sich vor allem für Neugründungen von Höfen gemeinsam mit Verbrauchern. Eine intensive Direktvermarktung ist hierfür i.d.R. Voraussetzung. Die Stiftung eignet sich eher für die Übertragung von Vorbesitzern, die ihren Intentionen eine gewisse Dauer geben und den Betrieb erhalten wollen. Im Verein stellt sich regelmäßig die Frage nach langfristiger Verantwortungsübernahme. Die Stiftung hat dagegen die Tendenz, dass Zwecke und Struktur - einmal festgelegt - kaum verändert werden können und langsam erstarren. Durch sorgfältige Satzungsgestaltung können diese Einseitigkeiten aufgelöst werden.
  • Voraussetzung für ein einträchtiges Verhältnis zwischen Bewirtschafter und Eigentümer ist eine tragfähige Finanzierung beider Seiten. Wenn der Träger stark verschuldet ist und geringe Einnahmen hat, kauft faktisch der Pächter in Form der Pacht den Hof "frei", während ihm selbst das Geld für eine eigenständige Alterssicherung fehlt.
  • Pächter werden durch gemeinnützige Träger nicht vom wirtschaftlichen Druck infolge sinkender Erzeugerpreise befreit- sie müssen auch hier wirtschaftlich arbeiten. Finanziell betrachtet kann die gemeinnützige Trägerschaft bestenfalls eine Situation schaffen, die gering verschuldeten Familienbetrieben entspricht.
  • Gemeinnützige Landwirtschaft ermöglicht Vielfalt bei der Verantwortung: als Einmannbetrieb oder als Hofgemeinschaft (im Bild: die Hofgemeinschaft Heggelbach)  
    Teilweise wurden gemeinnützige Träger mit dem Ziel gegründet, Bodenspekulation auszuschließen. Wenn jedoch ein Träger aufgelöst wird oder keinen Pächter findet, muss er u.U. sein Grundeigentum verkaufen. Die Verkäuflichkeit des Bodens kann in der bestehenden Eigentumsordnung nicht ausgeschlossen werden. Tatsächlich kommen lediglich evtl. Spekulationsgewinne gemeinnützigen Zwecken zu. Wenn der Träger Grund und Boden nicht beleiht, kann er zudem den Druck in dieser Hinsicht reduzieren, wird aber bei der Finanzierung von Gebäudeinvestitionen vor großen Herausforderungen stehen.
  • Bei der Bewertung bisheriger Erfahrungen ist einschränkend zu berücksichtigen, dass erst wenige Höfe einen Generationswechsel unter gemeinnütziger Trägerschaft hinter sich haben. Die erste Pächter-Generation hat häufig eine eigentumsähnliche Bindung an den Betrieb. Erst die Zukunft wird zeigen, wie ein mehrmaliger Generationswechsel in dieser Rechtsform gelingt.
  • Auch wenn der Hof nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt auf einen gemeinnützigen Träger übertragen wird, kann der Aufbau eines gemeinnützigen Fördervereins sinnvoll sein. Die Hofgemeinschaft Röllingsen bei Soest z.B. hat mit Aktiven aus ihrem Umfeld einen Förderverein gegründet, der die Ausbildung auf dem Hof fördert, kulturelle und pädagogische Angebote entwickelt und die Hofentwicklung ideell unterstützt
 

Statt gemeinnützige Form: Verbreiterung der Kapitalbasis von Höfen
Was ist erforderlich, um einen Hof übergebbar zu gestalten, wenn keine gemeinnützigen Zwecke verfolgt werden sollen? Im Prinzip ist dafür Kapital erforderlich, das dem Hof langfristig zur Verfügung steht, nur geringe Verzinsung verlangt und nicht notwendigerweise dem Bewirtschafter gehört. So überraschend es sein mag: die Aktiengesellschaft bietet diese Kapitalqualität. Aktionäre stellen dauerhaft Unternehmenskapital zur Verfügung und partizipieren am Unternehmensergebnis. Die Anteile können nicht gekündigt, sondern nur weitergegeben oder verkauft werden. Weder Dividende noch steigende Aktienkurse müssen im Mittelpunkt einer AG stehen. Z.B. kann der Börsenhandel der Aktien ausgeschlossen werden.

Der Hof am Weiher ist hierfür ein interessantes Beispiel. Der Bioland-Hof wurde 1987 von Komelius und Annette Burgdörfer-Bensel auf einer Althofstelle neu gegründet: Sie wandelten 2001 ihr Kapital in Aktien um, die erste Sachgründung eines Biohofes als "Kleine Aktiengesellschaft". 90 Aktionäre, überwiegend aus dem Kundenkreis, haben in zwei Schritten für knapp 190.000 € Aktien gezeichnet und damit wichtige Investitionen ermöglicht. Sie nehmen über monatliche Kundenbriefe, Hoffeste und die jährliche Hauptversammlung am Betriebsgeschehen teil. Wenn Kornelius Burgdörfer-Bensel "Biobauer und Vorstand der Hof am Weiher AG" das Rentenalter erreicht, kann die AG einen neuen Bauern-Vorstand anstellen. Motiv für die Wahl der Rechtsform war, den Hof langfristig auf tragfähige Füsse zu stellen und ein Profil zu entwickeln, das nicht nur auf die Person des Bauer zugeschnitten ist. Die Aktionäre sind sozial und ökologisch engagiert und kommen aus allen Altersstufen. BurgdörferBensel hofft, dass sich aus diesem Kreis immer wieder Menschen finden, die z.B. als Aufsichtsrat Verantwortung übernehmen. Nach drei Jahren ist seine Bilanz positiv: "Die Strukturvorgaben zwingen dazu, gemeinsame Lösungen zu finden. Natürlich gibt es auch kontroverse Diskussionen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand, aber als Menschen kommen wir ja nicht weiter, wenn wir uns nicht auseinandersetzen." Einziger Nachteil sind aus seiner Sicht die relativ hohen Gründungskosten der AG. Auch auf dem Weg zu einer Aktiengesellschaft gibt es Zwischenschritte: Durch Hereinnahme von Privatdarlehen, von stillen Beteiligungen oder von Kommanditisten in eine KG werden Kundinnen und Kunden sowie Unterstützer des Hofes in die Finanzierung eingebunden.

Ausblick: neue Rechtsformen werden zunehmen
Vieles spricht dafür, dass neue Rechts- und Organisationsformen für Höfe zunehmend gebraucht werden. Sowohl wirtschaftliche Zwänge als auch individuellere Biographien sprechen dafür. Hofübergabe außerhalb der Familie wird häufiger werden und hoffentlich durch geeignete Beratungsangebote unterstützt. Gemeinnützige Trägerschaft hat ein großes Potenzial - weit über den biologisch-dynamischen Landbau hinaus. Wenn z.B. Stadtgüter und Staatsdomänen privatisiert werden sollen, um öffentliche Haushalte zu entlasten, sind regionale Initiativen gefordert, Alternativen zu entwickeln. Mit gemeinnützigen Trägern oder durch die Vergabe von Erbbaurechten an landwirtschaftliche Pächter kann das Eigentum an Grund und Boden, auch an Hofstellen, in öffentlicher Hand verbleiben, ohne sie mit dem Gebäudeunterhalt oder Unternehmensrisiken zu belasten.
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Gemeinnützige Zwecke

Landwirtschaft selbst ist nicht gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts. Aber viele gemeinnützige Zwecke können mit und durch Landwirtschaft erreicht werden, z.B.:

  • Jugendpflege und Jugendhilfe
  • Therapie, Behindertenarbeit
  • Umweltschutz, Pflege der Kulturlandschaft
  • Ausbildung, Volksbildung
  • Betreuung alter Menschen
  • Forschung
  • Denkmalschutz
  • Förderung der Artenvielfalt

Die gemeinnützigen Zwecke können sowohl direkt durch die Aktivitäten des Trägers als auch indirekt durch Projektförderung aus den (Pacht-) Erträgen des Vereins oder der Stiftung verfolgt werden. Die Landwirtschaft selbst kann jedoch nicht durch den gemeinnützigen Träger betrieben werden - außer der Betrieb dient ganz überwiegend z.B. der Therapie oder Forschung.
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Dieser Beitrag hätte nicht geschrieben werden können ohne die portraitierten Höfe und zahlreiche nicht dargestellte Beispiele, die Kolleginnen und Kollegen in Bochum sowie die Steuerberater und Notare Christian Czesla, Axel Janitzki und Lothar Keye. Ihnen allen herzlichen Dank.

Cornelia Roeckl ist Geschäftsführerin der Zukunftsstiftung Landwirtschaft,
Oskar Hoffmann Str. 25, 44789 Bochum