Lebendige Erde 2/2004:
Kurz & Aktuell
Wenn die Agrogentechnik kommt
Simulationsmodell zeigt flächendeckende Folgen auf
(aid)
Der kommerzielle Anbau von gentechnisch verändertem (GV-) Raps wird
in naher Zukunft möglicherweise großflächig stattfinden. In welchem
Ausmaß verbreiten sich dann Transgene in der Landschaft? Diese Fragestellung
hat eine Gruppe von WissenschaftlerInnen des Ökologie-Zentrums der Uni
Kiel für den Rapsanbau in Schleswig-Holstein untersucht. In einem Simulationsmodell
wurde eine detaillierte Erfassung der biologischen Grundlagen und Eingriffe
des Menschen für kleinräumig abgegrenzte Gebiete vorgenommen. In die
Berechnungen wurden Rapsanbaudichte, regionale Anbausysteme, Rapsdurchwuchs,
Wildraps und wild wachsende Kreuzungspartner einbezogen. Unter der Annahme
von 10% GV-Rapsanbau und bei einem Abstand von 5 km zu jedem GV-Rapsacker
verbliebe eine Restfläche von 17 % Schleswig-Holsteins, die als einigermaßen
unbeeinflusst eingestuft werden kann. In Fallstudien konnte die Betroffenheit
von GVO-freien Anbauern in unmittelbarer Nachbarschaft von GVO-Äckern
quantifiziert werden: Ab Flächengrößen von ca. 15 ha Größe bleibt der
GV-Rapsanteil unter 0,5%. Ungünstige räumliche Konstellationen sowie
natürlich auftretende, höhere Fremdbefruchtungsraten einiger Rapssorten
können dazu beitragen, dass auch bei Schlaggrößen bis ca. 15 ha der
Grenzwert von 0,9 % GV-Rapsanteil überschritten wird. Die Modellrechnungen
zeigen auch, dass der GV-Raps-Anbauer mit längerfristigen Wirkungen
rechnen muss: Nach einmaligem Anbau von GV-Raps wird bei nachfolgendem
GVO-freien Rapsanbau bis zu 15 Jahren der Grenzwert von 0,9 % GV-Rapsanteil
im Erntegut überschritten. Die Wissenschaftler betonten die besondere
Rolle, die künftig dem Monitoring zukommen werde. Dies ist im Rahmen
der Zulassung verbindlich vorgeschrieben, um unvorhergesehene Wirkungen
von GVO frühzeitig feststellen zu können. Um eine gesellschaftliche
Bewertung möglicher Probleme mit GVO wirklich vornehmen zu können, fehle
im Übrigen bisher eine vergleichende Analyse der Umweltwirkungen der
verschiedenen Anbausysteme. Nicht zuletzt sei die Machbarkeit von Koexistenz
vor allem eine Frage einer genauen Kosten-Nutzen-Analyse des GVO-Anbaus.
Auf der Nutzenseite müssten die Vorteile für den GVO-Anbauer identifiziert
und ökonomisch bewertet werden. Schwieriger dürfte sich die Quantifizierung
der externen Kosten des GVO-Anbaus gestalten. (nm)
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