Bio-Lebensmittel in der Bürokratiefalle?
 Dr. Alexander Gerber ist Geschäftsführer des Bundes Ökologische LebensmittelWirtschaft, BÖLW |
Die Zahl der Neuumstellungen auf Ökologischen Landbau stagnierte 2004 zum ersten Mal. Einer der Gründe liegt darin, dass der zunehmende bürokratische Aufwand, dem sich Landwirte bei der Kontrolle nach der EU-Öko-Verordnung ausgesetzt sehen, abschreckend wirkt. Die EU-Öko-Verordnung dient dem Verbraucherschutz und bietet einen verlässlichen Rahmen für die Marktteilnehmer. Im Grundsatz hat sie sich dafür als äußerst brauchbares Instrument erwiesen. In ihrer Ausgestaltung muss sich die Verordnung zwischen Machbarkeit und Risikoorientierung bewegen. Die Tendenz, jede Eventualität regeln zu wollen, führt dazu, dass dieses Verhältnis nicht mehr ausgewogen ist und an Stellen hoher Aufwand betrieben wird, wo keinerlei Risiko für den Verbraucher besteht, wie beispielsweise bei der Genehmigung von Saatgutmischungen mit konventionellen Saatgutanteilen, weil diese in Ökoqualität nicht verfügbar sind. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Verordnung Ländersache ist. Die Länder aber interpretieren Teile der Verordnung unterschiedlich. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen und hohem Aufwand für die Kontrollstellen, die für jedes Land andere Vorschriften führen und umsetzen müssen. Schließlich entsteht hoher Aufwand dort, wo Genehmigungen eingeholt werden müssen, die grundsätzlich positiv beschieden werden müssen, z.B. der Einsatz von Vitaminen in der Tierfütterung.
Eine Frage, die sich aufdrängt: Wäre eine vollständige Reform der EU-Öko-Verordnung angezeigt? Ich meine nein! An einer solchen Aufgabe würden sich alle Beteiligten überheben - bei ungewissem Ausgang! Deshalb wird es darum gehen die EU-Verordnung unter zwei Gesichtspunkten weiterzuentwickeln: Erstens: Entschlackung und Augenmaß dort, wo aus Sicht des Verbraucherschutzes kaum etwas erreicht werden kann, und gleichzeitig hoher Aufwand für Erzeuger, Verarbeiter oder Händler, bzw. schlichtweg überflüssige Regelungen bestehen. Zweitens: Umsetzung eines Konzepts der Risikoorientierung mit entsprechenden Sicherungssystemen, die die Verantwortung möglichst bei den Unternehmern lassen.
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