Lebendige Erde 4/2005:

Kurz & Aktuell

 

Nach Höhn und Künast

Kai Kreuzer - www.bio-markt.info
Kai Kreuzer - www.bio-markt.info
Ob der 22. Mai 2005 ein Schicksalstag war? Der Wahlausgang in NRW und die Folgen für die Bundespolitik könnten zu einem herben Schlag für die Bio-Branche werden. Im Herbst ginge mit einer Wahlniederlage von SPD und Grünen eine Ära zu Ende, die der Branche Aufschwung und Anerkennung gebracht hat. Mit einer Vielzahl größerer und kleinerer Maßnahmen haben Höhn und Künast versucht, Bio zu mehr Gewicht in der Öffentlichkeit zu verhelfen. Zwar ist die Bio-Bewegung im wesentlichen aus sich selbst heraus groß geworden, durch die Unterstützung kritischer und gesundheitsbewusster Kunden, sie konnte jedoch den Rückenwind gut gebrauchen.

Renate Künast hat in ihrer Amtszeit einiges zugunsten der Bio-Branche und einer nachhaltigen Landwirtschaft bewegt. Kein Landwirtschaftsminister in Deutschland hatte sich jemals so vorbehaltlos vor die Bio-Bewegung gestellt. Eines der größten Verdienste ist das Gentechnikgesetz mit der "verschuldensunabhängigen Haftung" Seit dem Inkrafttreten im April 2004 verhindert es die Einführung der grünen Gentechnik auf breiter Front. Auch die Abschaffung der Batterie-Hühnerhaltung nahm sie in Angriff. Ihr vielseitiges Engagement brachte ihr vor kurzem einen europäischen Tierschutzpreis. Wer die Bun­desministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Amt beerben könnte, ist derzeit nicht absehbar, ebensowenig, ob das Ministerium wieder zur reinen Land­wirtschaftsvertretung wird.

Auch Bärbel Höhn hat sich immer wieder zu Bio bekannt: Sie war auf der BioFach, kochte auf der Grünen Woche und besuchte Bioläden in ihrem Bundesland. In NRW initiierte sie Aktionen wie "Natur auf dem Teller" , die den Einsatz von Bio-Produkten in den Großküchen des Landes erfolgreich popularisierte, . oder eine Broschüre über den Bio-Markt in NRW.

Bekanntlich unterstützen CDU und FDP die grüne Gentechnik vorbehaltlos. Auch auf anderen Feldern der Verbraucher- und Landwirtschaftspolitik dürfte es im Falle eines Regierungswechsels dramatische Einschnitte geben, z.B. beim Bundesprogramm Ökologischer Landbau, derzeit mit 20 Mio. Euro pro Jahr ausgestattet. Zwar wird die Förderung des Ökolandbaus wohl nicht auf Null gefahren, doch sicher deutlich reduziert, wie der Regierungswechsel in Hessen vor einigen Jahren von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb gezeigt hat und es Äußerungen aus der CDU nahelegen. Anderes, wie z.B. die erfolgreiche Einführung des Bio-Siegels wird Bestand haben. Auf jeden Fall aber wird die Politik zur Stärkung der Bio-Branche beendet, der Ökolandbau nicht mehr Leitbild sein.

BÖLW und BNN sind besorgt in Sachen Gentechnikgesetz, zumal Teile des Gesetzes gerade im Ver­mitt­lungs­ausschuß stehen. Dr. Alexander Gerber, Geschäftsführer des BÖLW, glaubt aber, dass auch eine schwarz-gelbe Regierung es sich nicht leisten kann, den Ökolandbau ins zweite Glied zurückzustellen. Kein anderer Wirt­schafts­sektor wächst so stark wie die Bio-Branche. Sie schafft Arbeitsplätze und noch dazu in einem umweltfreundlichen Bereich.