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Lebendige Erde 3/2002:PortraitVon A(ldi) nach B(io)
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Mit den ersten Lebensmittelskandalen jedoch kamen Claudia Kalla auch
die ersten "diffus-negativen Gefühle" beim Einkauf von Fleisch. "In
dem Moment, wo ich vor der Kühltheke stand, fiel mir immer irgend etwas
Ekliges zu Fleisch ein", erinnert sich die junge Frau. Mit dem ersten
BSE-Fall in Deutschland im Dezember 2000 fiel dann die Entscheidung:
"Rindfleisch wird vom Speisezettel gestrichen." Mit der Maul-und-Klauen-Seuche
ein paar Monate später verging ihr endgültig die Lust auf Fleisch. Aufgerüttelt
und verunsichert durch die Ereignisse drehten sich im Bekanntenkreis
die Gespräche zunehmend um die Frage, wie man seine Ernährung angesichts
der Lebensmittelskandale verändern sollte. Nun wurde Claudia Kalla zum
ersten Mal auf "Bio" aufmerksam. Eine Bekannte brachte sie dazu, die
Abo-Kiste eines Bio-Gemüseerzeugers auszuprobieren. Und es schreckte
sie nicht einmal das "Preisproblem", wie sie die Preisdifferenz zwischen
konventionell und ökologisch erzeugten Waren nennt, das sie zugegebenermaßen
nur vom Hörensagen kannte. Die Abo-Kiste vertrug sich gut mit ihrem
Tagesablauf, denn sie musste nur per Internet bestellen, die Kiste kam
alle 14 Tage ins Haus - Zubereitungstipps inklusive - , bezahlt wurde
per Lastschrift. Einkauf ohne großen zeitlichen Aufwand. |
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Teurere Lebensmittel genießen in der Regel eine höhere Wertschätzung.
So war es auch bei Claudia Kalla. Die Biologin und ihr Sohn mampften
Biomöhre und -brot nicht mehr einfach in sich hinein, sondern bereiteten
ihre Öko-Lebensmittel mit viel Liebe zu. Die Mahlzeiten wurden in Ruhe
verspeist und schmeckten prima . "Ein Fest der Sinne" schwärmt Frau
Kalla. Essen verband sie ab sofort mit Genuss und einem guten Gewissen,
ein komplett neues Lebensgefühl. "Dieses Erlebnis wollten wir uns öfter
gönnen." Deswegen ergänzt sie die Abo-Kiste seit Sommer 2001 durch einen
wöchentlichen Einkauf auf einem Biohof in ihrer Nähe. Dort bekommt sie
nicht nur alles, was sie für das tägliche Leben benötigt, sondern das
Einkaufen macht inzwischen sogar Spaß. Und David begleitet seine Mama
gern, denn er kann Schafe, Schweinchen und Katzen bestaunen. Nur einige
Produkte, die es im Hofladen nicht gibt oder ihr dort zu teuer sind,
wie beispielsweise Bio-Butter oder H-Milch, kauft die junge Frau bei
einem Supermarkt mit Bio-Ecke ein. Zu ihrer großen Freude weitet sich
auch dessen "Grünes Sortiment" immer weiter aus. |
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Die höheren Preise der Bio-Produkte fängt Claudia Kalla vor allem durch
den stark eingeschränkten Fleischkonsum wieder auf. "Auch wenn ich mich
an das höhere Preisniveau gewöhnt habe, bleibt meine Schmerzgrenze bei
einem Preis von 100% über dem für die konventionelle Ware." Die guten
Erfahrungen mit den ersten Öko-Lebensmitteln haben dazu geführt, dass
sie gern neue Produkte ausprobiert. Auf diese Weise tastet sie sich
neugierig immer weiter in das Naturkost- und Naturwarenangebot hinein.
Was ihr allerdings sowohl in dem kleinen Hofladen wie auch in der Bio-Ecke
des Supermarktes fehlt, ist eine größere Auswahl an Convenience-Produkten.
Obwohl sie diese Lebensmittel nur noch selten benötigt, hält sie den
kompletten Verzicht auf vorgefertigte Produkte aus familiären Gründen
für unrealistisch. Die größeren Bioläden im rund 15 Kilometer entfernten
Osnabrück, die dieses Angebot hätten, gehören bisher nicht zu ihren
Einkaufsstätten.
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Die Erfahrungen in ihrem ersten "Bio-Jahr" beurteilt die Norddeutsche
überaus positiv. Die hohe Qualität der Bioprodukte ist für sie durch
den eindeutig besseren Geschmack direkt erlebbar. Ihr Vertrauen in Bioprodukte
ist groß, wobei sie sehr genau auf den Aufdruck der Ökokontrollstellennummer
auf der Verpackung achtet. Für die Label der einzelnen Anbauverbände
interessiert sie sich jedoch wenig. Das neue offizielle Biosiegel, das
im Rahmen der Agrarwende aufkam, findet sie sehr hilfreich. Am meisten
freut sich Claudia Kalla über die radikal veränderten Gewohnheiten im
Hinblick auf die Essenszubereitung und den -verzehr. Inzwischen lädt
sie sich sehr gern Freundinnen ein, mit denen gemeinsam gekocht und
später auch geschlemmt wird. Das macht allen Spaß und hat zur Folge,
dass inzwischen auch schon einige ihrer Freunde mit "Bio" infiziert
sind. |
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