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Lebendige Erde 1/2000:PortraitQualität die trägt: Martin Rombach engagiert sich bei Lebensbaum für ein umfassendes QualitätskonzeptKarin HeinzeAuf Paletten liegen weiße Säcke mit kyrillischerSchrift, Meersalz aus Griechenland, Jutesäcke aus Ägypten türmen sich auf dem Rolli, Papiersäcke aus Brasilien, Matetee, Pfeffer aus Indien oder Fenchel aus Hilgermissen, hier in der Nähe. Im Hochregallager einer schmucklosen Industriehalle im Diepholzer Gewerbegebiet stapeln sich Tee, Kräuter und Gewürze aus aller Welt, Schätze, die die Sinne öffnen. In der Halle liegt eine schwer definierbare Düftemischung, die auch die Staubabsauganlage nicht wegfiltern kann. Seit fünf Jahren arbeitet Martin Rombach (44) als Qualitätsbeauftrager bei Lebensbaum, dem Tee- und Kräuterpionier der Naturkostszene. Die Möglichkeiten der Sensorik im Bereich Tee und Gewürze sowie die vielfältigen Facetten des Qualitätsbegriffes lockten den gebürtigen Pforzheimer aus dem Schwarzwald aufs niedersächsische "platte Land". Von seinem Arbeitsplatz am Carl-Gustav Carus-Institut in Öschelbronn, wo er zehn Jahre in der Mistelpräparat-Forschung, - Entwicklung und -Herstellung tätig war, bewarb er sich beim Naturkost-Markenartikler Lebensbaum für den Bereich Qualitätsmanagement. Die Brücke aus dem Heilmittellabor zum Bürostuhl in der Lebensbaum-Verwaltung baute ihm die Perspektive, auf verantwortungsvollem Posten an der Entwicklung eines umfassenden Qualitätskonzeptes mitwirken zu können. Vom Acker bis in die Tüte, die an den Verbraucher geht. "Ich arbeite bei Lebensbaum, weil ich mich mit den Produkten identifizieren kann", beschreibt Martin Rombach seine Überzeugung. "Mich fasziniert die Aufgabe, Produkte anzubieten, die viele Sinne ansprechen und die vomErzeuger bis zum Verbraucher alle zufrieden stellen sollen, - nein mehr", verbessert er sich, "die sogar alle ein bisschen froher machen sollen". Jeder soll auf jeder Stufe "ja" zum Produkt sagen können, so ist seine Zielvorstellung. |
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"Die ganzheitliche Sichtweise entspricht meinem Ansatz" Berührungspunkte mit der Anthroposophie und Kontakte nach Öschelbronn hatte es schon während der Studienzeit gegeben, das Interesse an der Natur und deren Beobachtung rührt aus der Kindheit. Nach dem Mathematik- und Chemie-Studium in Karlsruhe ging Martin Rombach nicht wie geplant in die Pädagogik, sondern ließ sich von seinem Semesterferien-Arbeitgeber - einem der großen Zulieferer für die Lebensmittelindustrie - für Produktentwicklung und Forschung von Geliermitteln anheuern. Nach drei Jahren bereits in die Laborleitung aufgestiegen, zeichnete sich für den Chemiker die neue Aufgabe in der Heilmittelforschung am Carl-Gustav Carus-Institut ab. Damit verbunden war die Einarbeitung in eine völlig andere Sicht- und Arbeitsweise. Aus der freien Marktwirtschaft wechselte er in ein Projekt, in dem der ganzheitliche Ansatz der Geisteswissenschaft im Vordergrund stand. Die "Lehrjahre" in Öschelbronn haben ihn nachhaltig geprägt. Als äußerst interessant und vielschichtig, wenn auch nicht immer einfach, empfand Martin Rombach die Zeit am Carl-Gustav Carus-Institut, wo die Qualitätssicherung schon zu seinen Arbeitsgebieten gehörte. Neben dem Handwerk im Labor waren die Erfahrungen durch das interdisziplinäre Arbeiten im internationalen wissenschaftlichen Team, die Aneignung der goetheanistischen Betrachtungsweise (Naturerkenntnis) und die Erweiterung der Sinneswahrnehmung besonders durch künstlerische Impulse wichtig. Die Kunst, vielmehr das künstlerische Tun habe er als Schlüssel zur Erweiterung der Sinneserfahrungen ausbilden können, erzählt der aktive Cellist. Die vielen Ober- und Untertöne machen die besondere Qualität eines Musikstückes aus, aber auch die Güte eines Produktes. Die Sinne sind das wichtigste Instrument. Die Wahrnehmung eines Produktes über die Sinne liefert Martin Rombach das durchgängige Motiv für seine Arbeit. Die Möglichkeiten der Sensorik sieht er bei weitem nicht ausgeschöpft und möchte sie, zusätzlich zu Laboranalysen, der sich selbstverständlich alle Produkte unterziehen, gerne mehr in den Vordergrund stellen. Tasten, Riechen, Schmecken, Sehen hält er für ein umfassendes, jedem zur Verfügung stehendes und einfaches Instrumentarium für die Bewertung von Qualität. "Natürlich werden wir mit dieser Philosophie nicht jeden Fast-Food-Esser erreichen", konstatiert Rombach, "wir arbeiten vor allem für die anderen, die einfallsreich kochen wollen und neue Geschmackserlebnisse suchen". World taste open: Gewürze, Kräuter und Tees können Geschichten erzählen, wenn man sich dafür öffnet. Und es gibt immer mehr Menschen, die dieser Anschauung zugeneigt sind. Ja, ganze Bewegungen, wie etwa die Eurotoques und Slow-Food wollen Geschmacksqualität und Genuss wieder entdecken. Auch andere Demeter-Hersteller stellen die Anregung durch Sinnesqualitäten bei vielen ihrer Produkte in den Vordergrund. |
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Das "gläserne Gedächtnis" Tradition verpflichtet, Qualität auch. Bei Lebensbaum trifft beides zu. Schon in den Anfängen wurde viel für die Hochwertigkeit der Produkte getan. Ein verwinkelter, fensterloser Raum mit zimmerhohen Metallregalen an allen Stellflächen birgt das "gläserne Gedächtnis" der Firma Lebensbaum. In über 5000 großen Schraubverschlussgläsern lagern die Rückstellmuster der Rohstoffe, die bei Lebensbaum in den letzten 4 Jahren verarbeitet wurden. Zusätzlich werden von jeder abgepackten Charge drei Tüten aufbewahrt. Bei Arzneikräutern ist dieses Verfahren vorgeschrieben, um die Rohstoffqualität über Jahre konstant zu halten und bei Reklamationen überprüfen zu können. "Bei uns gehört das zur guten Herstellerpraxis", erklärt Martin Rombach "wir haben den Standard dem der Arzneimittel angepasst, obwohl die Heilkräuter, die unter der Marke Donum Naturae vertrieben werden, nur einen kleinen Teil bei Lebensbaum ausmachen, - hier drückt sich unser hoher Qualitätsanspruch aus".
Es gibt letztlich keine homogene Ware aus landwirtschaftlicher Erzeugung und selbst strenge und mehrfache Kontrollen schützten nicht vor unliebsamen Entdeckungen im fertigen Produkt. So wurden z.B. bei einer Stichprobe von Öko-Test im September '99 im Baby-Tee Spuren von DDT gefunden. Lebensbaum konnte durch eine lückenlose Dokumentation und die DDT-freie Rückstellprobe beweisen, dass höchsten Qualitätsansprüchen auf jeder Stufe der Produktion Genüge getan worden war. Vor den Altlasten der konventionellen landwirtschaftlichen Praxis und allgemeiner Umweltverschmutzung ist auch der ökologische Landbau nicht geschützt. "Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, aber wir können es besser machen", ist der Qualitätsbeauftragte überzeugt. "Unsere Arbeit ist auf die Zukunft ausgerichtet, wir fügen der Natur keine neuen Schäden zu und versuchen sogar zu heilen, wo es möglich ist". |
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Qualitätsmanagement - sich freiwillig Normen auferlegen Wer sich nur an den allgemein geltenden Bestimmungen für Tee- und Kräuterhandel orientiert, hat große Spielräume. Einige Bereiche, wie z.B. die Rückstandshöchstmengen, sind eindeutig geregelt. Vielfach gibt es nur Empfehlungen, wie für die Mikrobiologie, die Handhabung ist in die individuelle Verantwortung der Firmen gelegt. Im konventionellen Tee- und Gewürzhandel kann auch so manches durch Methoden behoben werden, die in der ökologischen Praxis nicht erlaubt sind. Bei Lebensbaum werden alle Produkte in betriebsinternen Spezifikationen exakt definiert und so die Qualität gesichert. Das Unternehmen unterwirft sich als Demeter-Vertragshändler schon seit vielen Jahren bei der Auswahl der Rohstoffe und in der Verarbeitung den Verbandsrichtlinien. Lebensbaum ist außerdem IFOAM-Mitglied (Internationale Dachorganisation der ökologischen Anbauverbände) sowie BNN-Mitglied (Bundesverband Naturkost Naturwaren) und verarbeitet ausschließlich Ware aus ökologischem Anbau. Die Rohstoffe sind Ausgangspunkt und damit wichtigstes Element in der Produktionskette, aber nicht alles, was die Qualität ausmacht. Sie muss auch in der Verpackung, im ganzen Produktionsablauf bis hin zur Kundenbetreuung Ausdruck finden. Erst wenn alle Bereiche durchdrungen, bewusst durchdacht sind und jeder an seiner Stelle das bestmögliche leistet, ist Qualität im umfassenden Sinne gewährleistet. Dann kann man von einem Qualitätsmanagement sprechen. Die ISO- 9001 Norm liefert dabei nur die Systematik, sozusagen das Gerüst für den Betrieb. Sie muss durch genaue Dokumentation des Herstellungsgangs ausgefüllt werden. Dadurch kann in der Qualität Kontinuität sowie im Wirtschaften Nachhaltigkeit erreicht werden, die jederzeit, an jeder Stelle transparent und nachprüfbar ist. Als eine der ersten Firmen der Naturkostbranche ließ die Ulrich Walter GmbH im Februar 1997 ihr Qualitätsmanagement nach ISO 9001 zertifizieren. "Unser Qualitätsmanagement ist in einem schlanken Handbuch zusammengefasst, das deshalb auch benutzt wird", erklärt Martin Rombach. Die formulierten Qualitätsziele wurden durch Schulungen und Befragungen den Mitarbeitern nahegebracht und umgesetzt. "Ab einer bestimmten Firmengröße kann hohe Qualität nicht mehr auf Zuruf produziert werden", erläutert der 44-Jährige, "eine detaillierte, für jeden nachvollziehbare Beschreibung der Vorgänge schafft Übersicht, ermöglicht Kontinuität oder sogar eine Steigerung des Standards". Als nächste Stufe zur Qualitätssicherung ging Martin Rombach zusammen mit Ulrich Walter den Aufbau und die Zertifizierung eines Umweltmanagements nach der EU-Öko-Audit-Verordnung für den Betrieb an - Abschluss 1997. Die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln und den daraus resultierenden Wirkungen schafft Transparenz und die Firma kann dadurch dem eigenen Anspruch als ökologisches Unternehmen nach innen und außen Rechnung tragen. |
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Qualität kommunizieren Dem Vertrauen, das der Konsument den Produkten entgegen bringt, muss eine Firma gerecht werden. Dass die Ansprüche und Wünsche der Kunden in hohem Maße berücksichtigt werden, beweist unter anderem der erste Platz des Unternehmens für das Kriterium Verbraucherinteressen bei einem bundesweiten Unternehmenstest. 75 Firmen der Lebensmittelindustrie wurden von Verbraucherverbänden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft e.V. in Hannover unter die Lupe genommen. Martin Rombach freut sich natürlich über den Erfolg der Firma, denn für ihn beweist die Anerkennung der Qualitätsbemühungen, dass der eingeschlagene Weg auf positive Resonanz stößt. ![]()
Abb.: Gestern hergestellt, heute eine Frage? Rückstellproben geben auch im Nachhinein Auskunft über die Qualität |
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Lebensaufgabe bei Lebensbaum Das Thema Qualität zeichnet sich dadurch aus, dass immer neue Ansatzpunkte entwickelt werden können. Martin Rombach ist in verschiedenen Arbeitskreisen zur Qualitätssicherung und im Vorstand des Prüfvereins (EU-Kontrollstelle für Verarbeiter und Kontrolleure) vertreten, um erreichte Standards zu festigen und den Begriff stetig zu entwickeln. Seine Arbeit in Diepholz sieht Rombach deshalb nach wie vor als Herausforderung und Entwicklungsmöglichkeit. Die Frage, ob er seinen Auftrag als Lebensaufgabe empfindet, bejaht er eindeutig. Anschaulich wird sein Engagement in vielen Bereichen von Lebensbaum. Das Wirkungsfeld ist weit: als rechte Hand von Ulrich Walter beteiligt er sich an der Betreuung der Anbauer und befasst sich als Umweltbeauftrager mit den entsprechenden Fragen für den Betrieb. Sein Einsatz geht bis dahin, dass er durch den Auftritt des Kammerorchesters, in dem er als Cellist mitwirkt, in der Lagerhalle von Lebensbaum, einen künstlerischen Beitrag für die Mitarbeiter der Firma leistet. "Kunst ist ein Teil von Qualität".
Lebensbaum Ulrich Walter GmbH
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