Lebendige Erde 3/2002:

Portrait

Bauer mit Genuss:
Georg Stadler stellt um auf Demeter

Michael Olbrich-Majer

Die spritzen ja heimlich nachts. Den Satz musste schon Georg Stadlers Vater hören, als er den Hof vor gut zwanzig Jahren auf Ökolandbau umstellte und zum Biokreis -Verband ging. Für den Junior ist es doppelt pikant: er hat den Betrieb nochmal umgestellt, auf Demeter, und da gehört Spritzen dazu: biologisch-dynamische Präparate, um das Bodenleben anzuregen und die Pflanzen zu kräftigen. Die Vorurteile gegenüber Biobauern sind hier im tiefsten Bayern nach wie vor lebendig.Ob bei Nachbarn oder Verwandtschaft - für Georg Stadler war das Fahren mit der Spritze ein echtes Hindernis. Dabei haben seine Eltern als aktive und erfolgreiche Biobauern mit Milchvieh und Hofladen längst gezeigt, dass Biobetriebe Zukunft haben.
In Zukunft mit Ökolandbau: Georg Stadler und Bettina Asböck mit Tochter

Die Arbeit als Landwirt bietet für Georg Vielfalt in Feld, Stall, Wald, Werkstatt und mit Kunden, abseits der Geregeltheit eines 8-Stunden-Jobs: "Man hat jeden Tag seine Erfolgserlebnisse", und kann selbst etwas für seine Arbeits- und Lebensqualität tun. "Landwirtschaft macht solange Spaß, wie jemand von deinen Lebensmitteln begeistert ist" das ist für ihn ganz selbstverständlich. Qualität und Direktvermarktung sind für ihn die Schlüssel dazu. Bei Demeter haben ihn die Unverwechselbarkeit und das Qualitätsbewusstsein angesprochen: Bettina Asböck, mit der er eine zweieinhalb Jahre alte Tochter hat, ist ebenfalls überzeugt vom ganzheitlichen Ansatz des biologisch-dynamischen. Ihre Lehrzeit auf zwei Demeter- Höfen hat sie auch menschlich begeistert, trotz der Neckerei durch die anderen Berufsschüler: "Warst wieder Hörndl vergraben?"


Die beiden Hofnachfolger können sich der Unterstützung von Georgs Eltern sicher sein. Georg senoir schmeisst den Stall und Gertraud Stadler melkt morgens und abends. Georg junior besuchte bis März die Meisterschule in Schönbrunn - dort wird Ökolandbau gelehrt. Daher war er meist nur an den Wochenden oder den Abenden im Einsatz, vor allem auf dem Schlepper. Den Schritt zu Demeter tragen die Eltern mit, auch wenn die Mutter etwas Vorbehalte hatte, ob katholischer Glaube und biologisch-dynamische Weltschanschauung vereinbar wären. Georg senior war schon während seiner Ausbildung vom Durchhaltevermögen der wenigen Demeter Betriebe in der Gegend beeindruckt, "Die zeigten, es geht" - auch anders. Das hat ihm Mut gemacht, selbst umzustellen.

Tiere bauen den Menschen auf, sagt Stadler senior
 

Der Vater, leidenschaftlicher Pferdezüchter, ist verwundert über die nach wie vor großen psychologische Widerstände in der Landwirtschaft. Aber es bringe nichts, "öko" jemandem aufzuzwingen. Außerdem: infolge der hohen Maisprämie von 474€ /ha rechnet sich konventionelle Viehwirtschaft immer noch besser als Ökolandbau mit einer Förderung von 255€/ha Acker oder Grünland. Vorbildliche Maßnahmen wie in Österreich, z.B. Zuschüsse, um auf einigen Äckern mal Öko zu testen und ein besseres Ausbildungsangebot, würden seiner Ansicht nach vielen Landwirten den Schritt zur Umstellung erleichtern. Doch sieht er auch ein kulturelles Problem: "Der Landwirt muss mehr selber denken" sagt er, "und nicht jede Mode mitmachen". Viele Hofnachfolger wählten aber lieber einen normalen Job, als in die Landwirtschaft einzusteigen. Oft fehlt eine Alternative, die mehr als nur Arbeit bietet "Ich glaube nicht, dass es uns noch gäbe, wenn wir nicht umgestellt hätten - spätestens mein Sohn hätte aufgehört."


Statt aufzuhören haben die jungen Stadlers Pläne. Zum Wohnen haben sie gerade einen Teil der Scheune ausgebaut - das muss noch fertiggestellt werden. Die Meisterschule gibt Georg die Möglichkeit, mit etwas Abstand und ökonomischem Blick den Betrieb neu anzuschauen. Im Praxisversuch vergleicht er zur Zeit die Aufzucht von Trinkkälbern in Kälberhütten draußen mit Kälbern, die bei einer Ammenkuh bleiben. In seiner Hausarbeit für die Meisterprüfung wird er durchrechnen, ob es sich lohnt, im Stall mit Mastschweinen aufzustellen, wenn das Jungvieh im Sommer auf der Weide ist. Knackpunkt ist die Vermarktung - alle müssen gleichzeitig weg. Das nächste Bauprojekt ist ein Jungviehauslauf für den Winter.


Den Betrieb will eher eher optimieren, anstatt etwas ganz Neues machen. Dazu gehört auch, den Hofladen noch besser zu nutzen. Er erwartet, dass der Preisverfall in der allgemeinen Landwirtschaft auch die Preise auf dem Ökomarkt nach unten drückt. Daher setzt Georg weiterhin auf Direktvermarktung. Seine Mutter, Hauswirtschaftsmeisterin, sorgt freitags für frisches Brot aus dem Holzofen, Wurst und Fleisch kommen von den eigenen Tieren. Ein mobiler Heimkäser stellt aus einem Teil der Milch von Stadlerhof halbfesten Schnittkäse her. Bettina bäckt Kuchen für den Laden, berät und verkauft gerne und gut. Mit einem zweiten Öffnungstag und einem Angebot für junge Familien wie Spielgeräte, Streichelzoo könnte der Hof noch mehr Menschen zum Einkauf einladen. Burghausen mit seinen fünfzehntausend Einwohnern liegt nur zwei Kilometer weg. Auch in anderen Bereichen könnte der Absatz verbessert werden, die Verbände seien da oft zu verzettelt: bei Fleisch könnten sich Stadlers eine Vermarktungsinitiative vom Verband aus an Großverbraucher vorstellen. Auf ein zugekauftes Trockensortiment verzichten die Stadlers bisher, Rücksicht auf die "Konkurrenz", den örtlichen Naturkostladen. Konkurrenz sind allerdings die konventionellem Trittbrettfahrer, die das entwickelte Verbraucherbewusstsein mit dem Etikett "kontrollierter Anbau" oder ähnlich unzulässiger Werbung nutzen, ohne ökologisch zu sein und so Verwirrung stiften. Stadler senior meint, daran ändere auch das Biozeichen wenig.
   


Jeden Tag Erfolgserlebnisse: Georg Stadler macht
Landwirtschaft Spaß

 

Dennoch sieht der Junior die zukünftige Entwicklung im Ökolandbau gelassen. Zwar nähmen auch in der Ökobranche die zu, bei denen das Geschäft im Vordergrund stehe: Dem Stil von Betriebswirtschaftlern sind auch Standards des Ökolandbau nicht mehr heilig, Qualität würde so nach und nach aufgeweicht. Doch "Unsere Kunden wollen Wohlgeschmack und Lebensqualität. Ein tolles Lebensmittel hat Zukunft und kann nur handwerklich sein." Der Kundentyp, der aus Umweltbewusststein kauft, sterbe aus. Aber Georg findet auch Ökosupermärkte wie den Münchener basic gut, zumal Bauern direkt dorthin liefern: Sie erschlössen neue Kunden, die auf Lifestyle Wert legen.

Was dem Städter der Lifestyle, ist dem Landwirt die Kultur. Für Georg junior ein weiterer Grund, der für Demeter spricht: Auf den regionalen Treffen der biodynamischen Landwirte geht es nicht nur um Acker und Markt, hier hat auch kulturelle Qualität ihren Platz. Musik und Kunst machen die Atmosphäre ansprechender, ein Wohlfühlfaktor. Und bei Demeter geht es für Georg auch um eine Realität, die man zwar erfahren, aber noch nicht erklären oder messen kann: die Natur hat noch ihre Geheimnisse, auch für den Landwirt. Der kann immerhin die biologisch-dynamischen Präparate selbst herstellen und zur Selbstheilung und gesunden Entwicklung des Bodens einsetzen: Kultur und Gewinn für den Betrieb in einem. Denn Georgs Credo ist: "Man muss als Bauer auch genießen können, damit man Produktqualität erzeugt und anderen vermitteln kann" .

 


 Betriebsspiegel

  • seit 1906 Familieneigentum,1985 Biokreis Anerkennung, Demeter seit 2001;
  • 51 ha LN, 20ha Grünland, plus 20ha Wald, Obsthecken 40-60 Bodenpunkte, Kiesuntergrund, 900mm Niederschlag, 8 Grad im Jahresdurchschnitt;
  • Fruchtfolge: 1jähr.Kleegras (pfluglos, Stoppelsaat), Winterweizen, Winterroggen, Erbsen-Hafer-Gemenge, Dinkel; eine Teilfruchtfolge (1/3) statt Winterweizen Mais, Dinkel, Ackerbohnen, Winterweizen;
  • 41 Fleckvieh-Kühe plus Nachzucht und 2 Ammenkühe, Milchleistung 4200l;
  • ein 2. Betrieb 20 km entfernt (Erbe der Mutter) mit 34 ha, davon11ha Acker, wird mit 15 Mutterkühen und als Jungviehweide genutzt. Ausbau als Ferienwohnung und mögl. Altenteil Eltern geplant;
  • Vermarktung: früher verbandsübergreifender Bauernmarkt auf dem Hof; heute Hofladen mit Brot, Fleisch und Wurst (2 externe Metzger) sowie Apfelsaft und einem Käse vom Hof, Zukauf von Gemüse und Käsesortiment im GH, Milch an Biomolkerei in Piding; Getreide über die Demeter-Erzeugergemeinschaft.