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Die Familie trägt den Hof von Ulrike Behrendt
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Die Frau im Dorfkontext
Darauf ist Verlass - gegenseitige nachbarliche Hilfe ist im Dorf ein
ungeschriebenes Gesetz. Die Integration im dörflichen Leben sei dafür
außerordentlich wichtig. Für die gebürtige Norddeutsche ist die humorvolle,
gemütliche Art der Menschen hier eine regelrechte Freude. "Wir sind
von Anfang an sehr offen aufgenommen worden in Oldendorf und gehören
seither dazu", erzählt sie. Für die Familie sei es daher selbstverständlich,
sich rege an Vereinsaktivitäten und Bräuchen zu beteiligen. Die Kinder
engagieren sich in zwei Erntewagenclubs - eine Spezialität der Gegend.
Ulrike Behrendt ist passives Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr
und Leiterin des Landfrauenchores. Das Angenommenwerden resultiere wahrscheinlich
auch daraus, dass sie sich in erster Linie als Landwirtin unter Landwirten
verstehe und nicht als Bio-Bäuerin, vermutet die Oldendorferin. Der
Samenbau und die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise, sei für sie
so selbstverständlich, dass sie kein besonderes Aufheben daraus mache.
Von den Nachbarn werde es mit Interesse als Besonderheit wahrgenommen.
"Die Nachbarn bekommen Tomaten und Gurken aus der Züchtung zum Probieren,
außerdem wissen sie genau, dass sie bei Bedarf selber ernten können;
nur die mit Bändern markierten Pflanzen sind tabu."
Offene Rollenverteilung
Dass sie als Frau einen Betrieb leitet, findet sie nicht ausgefallen.
"Es ist nichts Ungewöhnliches oder Hervorhebenswertes für mich, dass
Frauen Arbeit tun, die traditionell mehr von Männern verrichtet wird",
betont sie. Sie arbeite auch gerne mit männlichen Kollegen zusammen
und habe kein Problem, Dinge abzugeben oder sich helfen zu lassen. Kein
Dogmatismus bitte. Allerdings hat sie sehr wohl den Anspruch, alle Arbeiten
auch alleine ausführen zu können. "Technik ist für mich kein Tabuthema,
aber auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung", stellt sie pragmatisch
fest. "Ich weiß mir zu helfen, denn vielfach arbeite ich einfach alleine
und muss damit zurecht kommen." In der Ausbildung musste sie sich noch
ziemlich vordrängeln zur Maschinenarbeit und entsprechender Unterweisung
für Pflege- und Reparaturarbeiten. Die weiblichen Lehrlinge seien heute
in dieser Beziehung einen Schritt weiter, ist ihre Einschätzung. Auf
dem Gärtnerhof Oldendorf stehen für alle Praktikanten und Lehrlinge,
unabhängig vom Geschlecht, sämtliche Arbeiten mit den zur Verfügung
stehenden Maschinen auf dem Programm. Frauen hätten meist mehr Gefühl
bei der Maschinenarbeit und würden vorsichtiger agieren, findet Ulrike
Behrendt und hält das für einen Vorteil, weil Material schonend.
Wissen flexibel weitergeben
Ausbildung ist ein wichtiges Anliegen für die Betriebsleiterin. Durch
ihre Mitgliedschaft in der biologisch-dynamischen Bäuerlichen Gesellschaft
hat sie nicht nur selbst ihren Arbeitsplatz gefunden, sondern über diese
Adresse kommen auch viele Anfragen nach Lehrstelle oder Praktikumsplatz.
"Der Betrieb ist so vielseitig und wird in seiner Kleinteiligkeit vielen
individuellen Bedürfnissen gerecht", ist Ulrike Behrendt überzeugt.
Alle Bereiche sind auf dem Gärtnerhof vertreten: der landwirtschaftliche
Part mit Tierhaltung, Ackerbau und Maschinenarbeit sowie gärtnerische
Techniken von Jungpflanzenanzucht, Feingemüsebau, bis zu den Spezialbereichen
Samenbau und Züchtung. Durch die vielen Bereiche, sei der Zuschnitt
auf persönliche Interessen und Stärken gut zu bewerkstelligen. Dabei
blieben die Arbeitsfelder noch übersichtlich und die Aufteilung sei
relativ flexibel zu handhaben. Schon zwei Jahre ist derzeit Agrar-Ingenieurin
Sandrine Kiesbuey auf dem Hof tätig. Im zweiten Lehrjahr der vierjährigen
Ausbildung der Bäuerlichen Gesellschaft arbeitet Jasmin Chirbatdji mit
und als fertiger Geselle packt Klaus Strüber seit zwei Jahren während
der Sommersaison mit an. Das Vorteilhafte an diesem System ist die Offenheit,
auch noch eigene Projekte einzubringen. So arbeitet Sandrine Kiesbuey
an einem Züchtungsprojekt für winterharte Futtererbsen, das über den
Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft finanziert wird. Klaus
Strüber hat die Pferdearbeit, die Ulrike Behrendt vor vier Jahren begonnen
hat, übernommen und weiterentwickelt. "Das ergänzt sich alles ganz prima",
freut sich die Betriebsleiterin. Sie kann sich auch gut vorstellen,
dass die eine oder der andere Mitarbeiter aus dem Angestelltenstatus
löst und einen selbstverantworteten Bereich in Eigenregie übernimmt.
Mit der Rolle als Betriebsleiterin kommt sie jedoch bislang gut klar.
Das allmähliche Hineinwachsen mit zunehmender Fläche und wachsender
Vielseitigkeit des Betriebes war hierbei hilfreich.
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