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Lebendige Erde 2/2004:PortraitDas kriegt man nur bei unsHeinz und Monika Weichardt betreiben ihre Bäckerei mit Leib und Seelevon Karin Heinze
Donnerstagmorgen kurz vor zehn Uhr. Die Tür mit dem Messinghandgriff
in Form eines Croissant steht nicht still. Manchmal bildet sich eine
Schlange an der Verkaufstheke, obwohl die beiden Verkäuferinnen flott
arbeiten. Die meisten Kunden verlassen das kleine Geschäft in der Mehlitzstraße,
Berlin-Wilmersdorf, mit einer ganzen Tasche voll Ware von Weichardt-Brot.
Bei einem Brot allein bleibt es selten, zu einladend ist das Angebot,
zu einnehmend das Ladengeschäft. Die große Auswahl an Brot- und Brötchensorten
in den Regalen hinter dem Tresen besticht, dazu die appetitlichen Blechkuchen
und Stückchen, die traumhaften Torten. Es mag am verführerischen Brotduft
liegen, der aus der Backstube dringt, die gleich hinter dem Verkaufsraum
beginnt. Und am ganz eigenen Flair dieses Geschäftes, das im Laufe eines
Vierteljahrhunderts zum Geheimtipp für außergewöhnliche Backwaren geworden
ist. Backen life: Den Kunden zeigen wie Brot entsteht
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Den Bäckern in die Schüssel
schaun: Hand Werk wirkt |
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Brotbacken als Auftrag In Berlin war der Betrieb Vorreiter in Sachen Demeter. Mittlerweile
haben einige Mitbewerber nachgezogen. Doch das ist ganz in Ordnung für
Monika Weichardt: „Wir kämpfen jeder für die eine Sache, Demeter in
aller Munde zu bringen”. Das wird nicht nur mit Hilfe der Produktqualität
verfolgt, sondern auch nach außen in Form des Demeterzeichens am Laden,
auf Lieferfahrzeugen, auf Tüten, auf den Brotaufklebern kommuniziert.
„Die Marke Demeter ist mit dem Namen Weichardt aufs Engste verbunden”,
versichert Monika Weichardt. Das Paar engagiert sich auch in der Berliner
anthroposophischen Szene, hat beispielsweise den Johannis-Zweig mitbegründet
und ist in der anthroposophischen Klinik Havelhöhe aktiv. Auch die regelmäßige
Auffrischung und Weiterverfolgung des geisteswissenschaftlichen Hintergrundes
der biologisch-dynamischen Ideen gehört dazu. |
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Liebe vermitteln: zum Handwerk, zu
den Mitarbeitern, zum Kunden „Immer wieder positive Gedanken hineingeben, durchhalten, auch wenn es manchmal Enttäuschungen gibt, das findet doch Nachahmer”, ist Heinz Weichardt überzeugt. „Und nicht mit Liebe sparen”, fügt er bekräftigend hinzu. Die lange Dauer der Arbeitsverhältnisse eines Großteils der 38 Mitarbeiter ist ein Beweis für die gute Arbeitsatmosphäre, die im Betrieb herrscht. Familiär geht es zu, vom „kleinsten Büro eines mittelständischen Betriebes”, wie Monika Weichardt sagt, das im Hinterhaus liegt, bis zum Verkaufsraum, wo drei Bistrotische und eine kleine Kinderspielecke eine gewisse Wohnlichkeit ausstrahlen. Fröhlichkeit hat hier genauso Platz wie Kummer. Nach Feierabend, wenn eine der drei Schichten zu Ende ist, gehen die meisten nicht sofort nach Hause. Die Kolleginnen und Kollegen drücken sich noch ein bisschen in den Arbeitsräumen herum, halten noch ein Schwätzchen, bevor man sich bis zum nächsten Tag verabschiedet. „Wir wollen unsere Mitarbeiter nicht zu Anthroposophen machen”, erklärt Monika Weichardt. „Doch bringen wir ihnen die Hintergründe nahe und stehen als Ansprechpartner immer zur Verfügung.” Die Themen Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise, Demeter-Qualität und Anthroposophie sind präsent: in den Kursen, die die Dozentin beim Forum Berufsbildung Simone Weyer betriebsintern vier bis fünf Mal im Jahr für Mitarbeiter hält und im Angebot für einen Malkurs. Oder in den mehrtägigen „Betriebsausflügen”, in denen es schon einmal bis nach Russland ging sowie nach Dänemark, wo ein befreundeter Demeter-Müller und andere anthroposophische Projekte besucht wurden. „Handwerk hat nicht nur mit den Händen zu tun, das Herz muss auch dabei sein, die liebevolle Art, wie man etwas zubereitet”, sagt Weichardt. Das lebt er seinen Auszubildenden, seinen Mitarbeitern täglich vor. Gleichzeitig fordert er dazu auf, das Beste aus dem Rohstoff Getreide zu machen und weist die Angestellten in die Kunst des Brotbackens und Tortenmachens ein. Die Vielseitigkeit bei den Erzeugnissen rührt nicht allein daher, dass das in der heutigen Handelslandschaft erforderlich erscheint. Bei Weichardts spielen noch ganz andere Erwägungen eine Rolle. So wurde beispielsweise ein Arbeitsplatz für einen langjährigen Mitarbeiter geschaffen, der aufgrund einer Mehlallergie seinen Dienst in der Backstube nicht mehr leisten konnte. Jetzt kreiert er feinste Pralinen, Schokoladen, Oster- und Weihnachtsfiguren.
Wirtschaftlichkeit spielt nicht die erste Geige
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Firmenstenogramm Gegründet: 1976 in Zehlendorf, 1981 Umzug nach Wilmersdorf Weichardt Brot, Mehlitzstraße 7, 10715 Berlin-Wilmersdorf, www.weichardt.de
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